Die Figuren eines Mannes und einer Frau sitzen auf Stapeln aus Geldmünzen. (Illustration) © picture alliance / dpa Themendienst Foto: Andrea Warnecke

Gender Pay Gap: Frauen in MV verdienen immer noch weniger

Stand: 07.03.2025 10:20 Uhr

In Mecklenburg-Vorpommern betrug der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen 2024 “nur” sieben Prozent. Bundesweit waren es 16 Prozent. Woran liegt das?

von Wiebke Drescher, Maya Rollberg, Vinetta Richter

Frauen verdienen noch immer weniger als Männer: In Mecklenburg-Vorpommern waren es 2024 durchschnittlich sieben Prozent, so wie auch in 2023. Damit lagen Frauen unter dem bundesweiten Durchschnitt, wo der Lohnabstand zu Männern 16 Prozent betrug. In Brandenburg war er mit zwei Prozent am geringsten.

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Gleicher Job – gleiches Gehalt?

Unter den ostdeutschen Ländern hat Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit Sachsen den höchsten geschlechtsbedingten Verdienstunterschied. Das heißt konkret: Während Männer in MV durchschnittlich 21,04 Euro Stundenlohn bekommen, verdienen Frauen 19,67 Euro pro Stunde. Das sind 1,37 Euro weniger. Pro Woche bedeutet das für Frauen 54,80 Euro weniger Einkommen. Hochgerechnet auf 40 Jahre Berufsleben kommen dadurch mehr als 100.000 Euo weniger Einkommen zusammen.  

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Gehaltslücke im Alter größer

Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen heißt international “Gender Pay Gap”. Mit steigendem Alter und höherer Qualifikation erweitert sich diese Gehaltslücke in der Regel. So gibt es laut dem Statistischem Amt Mecklenburg-Vorpommern mit 3,96 Euro den größten Lohnabstand zwischen Frauen und Männern bei den 50- bis 54-Jährigen, während Frauen unter 25 Jahren durchschnittlich 0,49 Euro mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen.

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Große Branchenunterschiede 

Auch zwischen den Branchen gibt es deutliche Unterschiede in Mecklenburg-Vorpommern. In traditionellen “Männerberufen”, wie zum Beispiel im Bergbau, verdienten Frauen im vergangenen Jahr durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. Auch im Gesundheits- und Sozialwesen waren es 21 beziehungsweise 22 Prozent weniger Lohn für Frauen, wie das Statistische Amt mitteilte.   

Unterschiede zwischen Ost und West 

Dennoch sind die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern in den ostdeutschen Bundesländern deutlich geringer als in westdeutschen. Oft wird dies damit begründet, dass eine flächendeckendere Kinderbetreuung Frauen mit Kindern in Ostdeutschland eine fairere Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Dadurch sei es in Ostdeutschland seit langem selbstverständlicher, neben dem Mutter-Job erwerbstätig zu sein, so die Mikroökonomin Miriam Beblo von der Universität Hamburg. Antje Weyh vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fügt hinzu, dass es unterschiedliche betriebliche Strukturen vor Ort und insgesamt niedrigere Löhne in Ostdeutschland insbesondere für Männer sind, die auch den geringeren Lohnunterschied in Mecklenburg-Vorpommern prägen. Bei einem insgesamt niedrigeren Lohnniveau bliebe weniger Raum für große Unterschiede zwischen den Gehältern von Männern und Frauen.  

“Es gibt keinen großen Unterschied zwischen dem, was Frauen in Ost und West verdienen, aber einen großen Unterschied zwischen dem, was Männer in Ost und West verdienen. Und das ist vor allem eine schlechte Nachricht für die Männer in Ostdeutschland.” Miriam Beblo, Universität Hamburg 

Besser ausgebildet – trotzdem weniger Frauen in Führungspositionen 

Auch in wichtigen Positionen sind Frauen vielfach unterrepräsentiert. Dabei haben Frauen in Ostdeutschland vielfach höhere Bildungsabschlüsse und sind besser qualifiziert, so Antje Weyh. In Mecklenburg-Vorpommern sind laut Statistischem Amt 36,7 Prozent der Landtagsabgeordneten Frauen. Damit liegt der Frauenanteil über dem des im Februar neu gewählten Bundestages von voraussichtlich 32,4 Prozent.

“Wenn man sich die messbaren Eigenschaften von Männern und Frauen anschaut, sind Frauen in Ostdeutschland in Bezug auf lohnbestimmende Faktoren, also beispielsweise Qualifikationsniveau, besser ausgestattet als Männer und müssten sozusagen mehr verdienen.” Antje Weyh, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 

Gründe: Geringere Löhne und mehr Tarifverträge

Da vor allem in Mecklenburg-Vorpommern nur wenige große Industrien angesiedelt seien, gebe es außerdem weniger hohe Gehälter, die in Westdeutschland vor allem Männern zugutekommen und zu den großen Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen führen, so Antje Weyh. In ostdeutschen Bundesländern arbeiteten außerdem mehr Menschen im öffentlichen Sektor, wo Tarifverträge mit gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit gelten. Laut Antje Weyh haben solche betrieblichen Strukturen und Tarifverträge einen großen Einfluss auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. 

Unterschiedliche Qualifikationen als messbarer Faktor 

Die Wissenschaft unterscheidet zwischen “unbereinigtem” und “bereinigtem” Gender Pay Gap. Der unbereinigte Gender Pay Gap zeigt den generellen Lohunterschied – unabhängig von Beruf, Qualifikation und Arbeitszeit. Der bereinigte Wert rechnet strukturelle Unterschiede wie beispielsweise Berufserfahrung, Branche und Arbeitszeit heraus. Der bereinigte Wert zeigt, wie unterschiedlich Männer und Frauen bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit bezahlt werden. Das ist sozusagen der "unerklärte Rest" des Lohnunterschieds, der nicht durch unterschiedliche Voraussetzungen erklärt werden kann. Das Statistische Bundesamt hat errechnet, dass dieser Wert in Deutschland 2024 bei sechs Prozent lag.

Was macht die Löhne fairer?  

Wenn die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen kleiner werden sollen, ist es laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wichtig, mit regional zugeschnittenen Maßnahmen zu arbeiten. Neben Tarifverträgen sei eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Geschlechter zentral für bessere Chancen auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Denn Mütter müssten deutschlandweit vielfach mehr in Teilzeit gehen oder Kompromisse bei der Stellenauswahl eingehen, um die Kinderbetreuung und zunehmend auch die Pflege Angehöriger zu meistern, als Väter. Gleichzeitig würden Väter finanziell mehr bestraft, wenn sie in Eltern- oder Teilzeit gehen. Was deshalb laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern insgesamt helfen würde, wären mehr Möglichkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen - sowohl für Frauen, als auch für Männer.  

 

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