
Prekäre Sicherheitslage Dominikanische Republik verlängert Mauer zu Haiti
Während im Nachbarland Haiti Chaos und Bandengewalt herrschen, zieht die Dominikanische Republik jedes Jahr Millionen Touristen an. Aus Sorge vor einer Destabilisierung soll der Grenzschutz verstärkt werden.
Die Dominikanische Republik will wegen der grassierenden Gewalt in Haiti die Grenze zum Nachbarstaat verstärkt sichern. Mehr Soldaten würden an die rund 400 Kilometer lange Grenze zwischen beiden Ländern entsandt, erklärte Präsident Luis Abinader. Derzeit bewachen etwa 9.500 Soldaten das Grenzgebiet - künftig sollen es 11.000 sein.
Zudem kündigte Abinader an, er werde die Grenzmauer um mehrere Kilometer verlängern und irreguläre Migration aus dem Nachbarland härter bekämpfen lassen. Die internationale Gemeinschaft habe Haiti im Stich gelassen, kritisierte er. "Wir wissen, dass Haiti die dunkelste Stunde seiner Geschichte durchlebt." Er werde nicht zulassen, dass die Gewalt auf die Dominikanische Republik übergreife.
Seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli 2021 hat Haiti kein Staatsoberhaupt mehr, die schon zuvor prekäre Sicherheitslage ist außer Kontrolle geraten. Gewalttätige Banden kontrollieren große Teile der Hauptstadt Port-au-Prince. Sie terrorisieren immer mehr Gemeinden, vergewaltigen Frauen und rekrutieren Kinder. Eine internationale Sicherheitsmission unter kenianischer Führung, die etwa 2.500 Beamte umfassen sollte, ist mit bisher nur 1.000 Einsatzkräften unterbesetzt.

Betonmauer und Rückführungen
Am Grenzwall wird seit drei Jahren gebaut, bisher sind 54 Kilometer fertiggestellt. Die vier Meter hohe Betonmauer soll etwa die Hälfte der 392 Kilometer langen Grenze zwischen den beiden Staaten auf der Karibikinsel Hispaniola absichern.
Abinader kündigte auch an, dass Rückführungen von Haitianern ohne Aufenthaltsgenehmigung schneller erfolgen sollen. Laut den Migrationsbehörden wurden allein im ersten Quartal des Jahres 86.406 Haitianer ausgewiesen. Rund eine halbe Million Menschen aus Haiti leben und arbeiten im Nachbarland.
Kritik an Abschottung
Die Abschottungspolitik der dominikanischen Regierung stößt bei Menschenrechtsorganisationen auf Kritik. So bezeichnete die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation Open Society den Grenzwall als "eine neue Mauer der Schande", welche die Fremdenfeindlichkeit schüre.
Haiti und die Dominikanische Republik teilen sich die südöstlich von Kuba gelegene Insel Hispaniola und haben jeweils gut elf Millionen Einwohner. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Wirtschaftszweige der Dominikanischen Republik. 2024 besuchten mehr als elf Millionen Urlauber die Strände und die Kulturstätten des Landes, während Haiti in der Krise versank.