Macron, Carney, Trump und Starmer beim Gruppenbild des G7-Treffen in Kananaskis (Kanada).

Die NATO, G7 und Trump Prinzip maximale Vorsicht

Stand: 22.06.2025 17:17 Uhr

Beim Umgang mit US-Präsident Trump lassen die westlichen Partner inzwischen maximale Vorsicht walten. Die Treffen sind eher kurz, manch kritisches Thema wird ausgespart. Der G7-Gipfel hat gezeigt: Dass das funktioniert, ist nicht gesagt.

Ein höflicher Gastgeber und ein ungnädiger Gast: Der G7-Gipfel in Kanada hat anschaulich vorgeführt, welche Dynamik Donald Trump auf internationalen Gipfeln erzeugen kann. Kanadas Ministerpräsident Mark Carney holte sich eine Abfuhr ein, als er Trump zum Auftakt in der Luxuslodge in den Rocky Mountains freundlich willkommen hieß, ihm nachträglich zum Geburtstag gratulierte und seine Führungskraft lobte.

Trump nörgelte, der Glückwunsch komme ein bisschen spät und außerdem sei Russlands Rauswurf aus der damaligen G8 ein Fehler gewesen, ohne den es den Ukrainekrieg nicht geben würde. Der US-Präsident machte dafür seinen Vorgänger Barack Obama und Kanadas Ex-Premier Justin Trudeau verantwortlich.

Damit nahm Trump weder auf den Gastgeber noch auf die Fakten Rücksicht: Er erwähnte nicht, dass Putin im März 2014 wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim ausgeschlossen wurde. Damals war außerdem nicht Trudeau Premier, sondern der Konservative Stephen Harper. Gastgeber Carney bedankte sich trotzdem, ohne zu widersprechen.  

An der Grenze zur Selbstverleugnung

Der Ablauf des Gipfels im kanadischen Kananaskis steht sinnbildlich für den Umgang der US-Verbündeten mit Trump und für ihr Dilemma: Man kommt dem wichtigen Partner aus Washington weitmöglichst entgegen, teilweise bis hart an die Grenze der Selbstverleugnung. In Kanada versuchten die übrigen Sechs, tunlichst alles zu vermeiden, was Trump hätte reizen und das ersehnte Signal der Geschlossenheit hätte gefährden können.

Das geht auf Kosten der Inhalte: Auf eine umfassende Abschlusserklärung hatten die Gastgeber von vornherein verzichtet, um Streit darüber zu vermeiden. Anstelle von langwierigen Gruppentreffen gab es kürzere Sitzungen, die mehr Zeit für Einzelgespräche ließen, die Trump bevorzugt.

Washington bleibt unverzichtbar

Ob G7 oder NATO: Die übrigen Partner wissen, dass sie ohne die Vereinigten Staaten nicht vorankommen. Die USA sind zusammen mit der EU der wichtigste Geldgeber für die von Russland angegriffene Ukraine, sie spielen als Schutzmacht Israels eine zentrale Rolle im Nahen Osten und sind wichtigster Handelspartner Europas und der restlichen G7-Staaten. Ohne die USA sind die drängenden Konflikte der Welt nicht zu lösen.

Aber eine enge Abstimmung, wie sie in der G7 mit Trumps Vorgänger Joe Biden etabliert wurde, um die Reaktion der westlichen Welt auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine zu koordinieren, läuft mit Trump nicht mehr. Während die EU, Großbritannien und Kanada die Strafmaßnahmen gegen Moskau verschärfen, bleibt er zögerlich. 

Grundsätzlich anderes Verständnis

Dabei steht am Ende dieser Woche die Erkenntnis, dass man mit Trump einerseits durchaus reden kann. In Kanada beschrieben mehrere Teilnehmer die Atmosphäre bei den Diskussionen als offen und konstruktiv - auch, als der US-Präsident dabei war.

Andererseits offenbart sich immer wieder: Trump versteht internationale Bündnisse und Zusammenschlüsse wie die G7 grundsätzlich anders als seine Partner. Er hätte nichts gegen eine Teilnahme Chinas in diesem Club, sagte er beiläufig und dass er sich indirekt auch Putin zurückwünscht, hatte er bei seiner Begrüßung durchscheinen lassen.

Eine abfällige Bemerkung über Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf dem Rückflug nach Washington war ein weiterer Hinweis darauf, dass Trump nicht der Ansicht ist, dass die Mitglieder einer durch gemeinsame Werte verbundene Gemeinschaft zusammen stärker sind als alleine. Moskau und Peking dürften es aufmerksam registriert haben.

Keine guten Aussichten

Das verheißt nichts Gutes für den Umgang des Westens mit aktuellen Kriegen und Konflikten, für weiteren Druck auf Russland und die Unterstützung der Ukraine - und auch für den Klimaschutz, der in Kanada gar kein Thema war.

Die Sechs wussten, dass man mit diesem US-Präsidenten, der zum zweiten Mal aus der Klimaschutzvereinbarung von Paris aussteigen will, bei diesem Thema nicht vorankommt. Trump misstraut internationalen Foren zur Konsenssuche. Er sieht darin eher ein Hindernis für die USA als ein Instrument, um Macht und Einfluss seines Landes auszuweiten.

Darauf stellt man sich auch in der NATO ein, die kommende Woche zum Gipfel in Den Haag zusammenkommt, um das größte Aufrüstungsprogramm seit Ende des Kalten Krieges zu beschließen. Das Programm wurde deutlich gestrafft. Auch hier scheint die Devise zu sein, Trump möglichst nicht durch ausgedehnte große Runden zu langweilen.

Beim G7-Gipfel in Kanada ist die Taktik des vorsichtigen Einbindens aufgegangen. Ein Eklat wie vor sieben Jahren in Quebec wurde vermieden. Die eigentliche Nagelprobe blieb wegen Trumps vorzeitiger Abreise aber aus. Sie steht den Sieben im kommenden Jahr beim Treffen in Frankreich bevor. Jetzt konzentrieren sich die US-Verbündeten erstmal auf den nächsten Gipfel mit Trump in Den Haag.