
Vier Milliarden Dollar pro Jahr US-Regierung kürzt Zuschüsse in der Forschung
US-Universitäten müssen künftig mit deutlich weniger staatlichen Zuschüssen auskommen. Die Regierung will vier Milliarden US-Dollar pro Jahr einsparen. Viele Wissenschaftler zieht es nun ins Ausland - auch nach Deutschland.
US-Präsident Donald Trump will massive Kürzungen im Staatshaushalt vornehmen. Nun trifft es auch Universitäten und andere Forschungseinrichtungen. Die der US-Regierung unterstehenden Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) haben eine deutliche Kürzung ihrer Zuschüsse angekündigt. Die NIH teilten im Onlinedienst X mit, dass ihre Beiträge zu den sogenannten indirekten Kosten von Forschungseinrichtungen um mehr als vier Milliarden US-Dollar (etwa 3,9 Milliarden Euro) jährlich gekürzt würden.
Zu den "indirekten" Kosten zählen unter anderem die Finanzierung von Ausrüstung, Wartung von Geräten und die Verwaltung. Die NIH deckeln nach eigenen Angaben künftig ihre Beiträge für diese Kosten auf einen Anteil von 15 Prozent. Bisher habe der NIH-Anteil in der Regel bei 30 Prozent gelegen, eine Institutionen erhielten bis zu 60 Prozent. Es müsse sichergestellt werden, dass "so viele Zuschüsse wie möglich in direkte Kosten der wissenschaftlichen Forschung fließen", hieß es in der Mitteilung.
Wissenschaftler verurteilen Schritt
Wissenschaftler sind alarmiert. Sie warnen vor den verheerenden Folgen der Kürzungen - etwa für die Forschungen zu Krebs-Erkrankungen, Alzheimer und Parkinson. Der frühere Dekan der Medizinischen Fakultät an der Harvard-Universität, Jeffrey Flier, schrieb auf X, das Vorgehen der Regierung von Präsident Trump sei darauf angelegt, "Institutionen, Forschern und der biomedizinischen Forschung zu schaden".
Der Vorsitzende des Interessenverbandes der US-Forschungseinrichtungen (COGR), Matt Owens, geht davon aus, dass durch die Kürzungen "lebensrettende Forschung und Innovation" gelähmt wird. In einer der Nachrichtenagentur AFP übermittelten Erklärung appellierte Owens an die NIH, die Maßnahme zurückzunehmen, "bevor die Amerikaner ihre schädlichen Folgen zu spüren bekommen".
Anusha Kalbasi, ein leitender Strahlenonkologe an der Stanford University, die die Zuschüsse erhält, bezeichnete den Schritt gegenüber der britischen BBC als "unvorstellbare Katastrophe". "Einige Orte verfügen über private Mittel, mit denen sie den Betrieb eine Zeit lang aufrechterhalten können", sagte Kalbasi. Bei vielen Einrichtungen sei unklar, wie sie nun für Strom, Miete, Wasser und das Verwaltungspersonal aufkommen könnten.
"USA sind ein neuer Talentpool für uns"
Auch in Deutschland wird Trumps Vorgehen genau beobachtet. Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Patrick Cramer, sagte dem Spiegel, Trump sende "Signale der Einschüchterung" in die wissenschaftlichen Institute seines Landes. "Viele amerikanische Kolleginnen und Kollegen sind verunsichert. Sie befürchten, dass vor allem die von Trump gewünschte Forschung gefördert werden soll und unliebsame Wissenschaftler, deren Arbeit nicht in sein Weltbild passt, mit Kürzungen rechnen müssen." Besonders unter Druck geraten seien die Klima- und Erdsystemforschung, die Geschlechterforschung und die Forschung zu Infektionskrankheiten, sagte Cramer.
An den NIH würden neue Förderanträge derzeit gar nicht erst begutachtet, schon genehmigte Mittel lasse Trump einfrieren und auf ihre Themen hin überprüfen. "Das ist ein klarer Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit, denn die Themenwahl obliegt den Forschenden und nicht dem Weißen Haus", sagte der MPG-Präsident.
Cramer erwartet, dass es als Folge des Kurses der Trump-Regierung einen Zustrom von Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern aus den USA nach Deutschland geben wird: "Die USA sind ein neuer Talentpool für uns." Auf die jüngste Ausschreibung für die Leitung von Forschungsgruppen habe die MPG doppelt so viele Bewerbungen aus den USA erhalten wie im Jahr zuvor.