Steve Witkoff
Porträt

Steve Witkoff Ohne Erfahrung - aber Trumps Beauftragter für alles

Stand: 19.04.2025 13:30 Uhr

Als US-Sondergesandter ist Steve Witkoff für die Krisen der Welt zuständig: Russlands Krieg gegen die Ukraine, den Konflikt in Nahost - und nun die Atomgespräche mit dem Iran. Dabei hat der Mann keinerlei diplomatische Erfahrung.

Es begann mit einem simplen Sandwich. Mitte der 1980er-Jahre kreuzten sich die Wege zweier Männer in einem New Yorker Delikatessengeschäft: Donald Trump, damals ein ehrgeiziger Immobilienunternehmer, und Steve Witkoff, ein junger Anwalt. Beide hatten kurz zuvor zum ersten Mal bei einem Geschäft zusammengearbeitet.

Als Trump bemerkte, dass er kein Geld dabei hatte, sprang Witkoff ein und bezahlte seinen Schinken-Schweizer-Käse-Sandwich. Erst Jahre später trafen sie sich wieder, und überraschenderweise hatte Trump die kleine Geste nicht vergessen. Diese beiläufige Begegnung legte den Grundstein für eine tiefe Freundschaft, die heute die amerikanische Außenpolitik prägt.

Plötzlich eine zentrale Figur

Der mittlerweile 68-jährige Witkoff hat in Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Als loyaler Vertrauter ohne diplomatische Erfahrung ist er zum mächtigsten außenpolitischen Akteur der Administration aufgestiegen.

Während Außenminister Marco Rubio und der in Ungnade gefallene Sicherheitsberater Mike Waltz keinen großen Einfluss haben, kümmert sich Witkoff um die kritischsten diplomatischen Missionen: um Russlands Krieg gegen die Ukraine, um Gefangenendeals mit Moskau, den Gaza-Konflikt und die Atomverhandlungen mit dem Iran.

Mit seiner Gulfstream G650ER, einem Flugzeug, das knapp 14.000 Kilometer ohne Auftanken zurücklegen kann, jettet der Milliardär zu vertraulichen Treffen rund um den Globus. Das ist praktisch und bequem. Das eigene Flugzeug zu nutzen, gibt ihm Flexibilität, ohne von staatlichen Ressourcen abhängig zu sein.

Die Kushner-Connection

Doch was treibt einen erfolgreichen Immobilienunternehmer dazu, sich in die komplizierte Welt der internationalen Diplomatie zu stürzen? Trumps Schwiegersohn Jared Kushner - der in Trumps erster Amtszeit ebenfalls ohne jede politische Vorerfahrungen mit heiklen diplomatischen Aufgaben beauftragt worden war - spielte dabei offenbar eine entscheidende Rolle. Er übte nach Witkoffs eigenen Worten "heimtückisch wirksamen Druck" aus, um ihn für die Regierung zu gewinnen.

Hinzu kommen die geschäftlichen Verbindungen zwischen den Trump-Söhnen und Witkoffs Sohn Zach im Krypto-Projekt World Liberty Financial - einem Unternehmen, das mittlerweile von den Trumps kontrolliert wird. Vertreter der US-Demokraten erkennen hier mindestens einen massiven Interessenkonflikt, wenn nicht sogar Korruption und Amtsmissbrauch. Trump weist das indes zurück.

Als langjähriger Unterstützer und großzügiger Spender für Trumps Wahlkämpfe zeichnet sich Witkoff durch bedingungslose Loyalität aus. Er verteidigte Trump sogar nach den Ereignissen vom 6. Januar 2021. Seine Weltsicht ähnelt der des Präsidenten, inklusive einer tiefen Skepsis gegenüber etablierten Regierungsinstitutionen. Ein Ideologe ist Witkoff aber nicht.

Screenshot eines vom Kreml verbreiteten Videos über die Begegnung von Witkoff und Putin in St. Petersburg (Russland) am 11. April 2025.

Als Witkoff am 11. April Putin in St. Petersburg traf, stand ihm die Freude ins Gesicht geschrieben. Der Kreml verbreitete anschließend ein Video von der sehr herzlichen Begrüßung.

Sympathie für Putin

Witkoff beschreibt sich selbst als Pragmatiker mit einem unverblümten, direkten "New Yorker" Verhandlungsstil. "No-nonsense" und aggressiv - so charakterisieren ihn Beobachter. Was ihm jedoch völlig fehlt, sind diplomatische Erfahrung und außenpolitische Expertise. Dass ausgerechnet er komplexe Verhandlungen über das iranische Atom- und Raketenprogramm führt, lässt Experten erschaudern.

In seiner pragmatischen Herangehensweise hat Witkoff jahrzehntelange Grundsätze der US-amerikanischen Außenpolitik über Bord geworfen und übernimmt teilweise sogar Kreml-Narrative. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin halte er nicht für einen "schlechten Kerl", sagte Witkoff im März, sondern er möge ihn. Selbst einige Republikaner im Kongress waren alarmiert.

In Sachen Ukraine liegen die wichtigsten Akteure der Administration längst über Kreuz. Die Vision, die Witkoff und Trump teilen, ist simpel: Selbst historisch tief verwurzelte Konflikte lassen sich mit dem richtigen Deal lösen. Kritiker halten das für hoffnungslos naiv.

Der Druck auf Witkoffs Schultern wächst täglich. Trump träumt von außenpolitischen Durchbrüchen, besonders in der Ukraine und im Iran. Als Friedensstifter will der Präsident in die Geschichte eingehen - und der Mann, der ihm einst einen Sandwich spendierte, soll diesen Traum verwirklichen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. April 2025 um 08:38 Uhr.