
Nach Anschlag auf Touristen Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen in Kaschmir
Indien verstärkt nach einem Anschlag auf Touristen in Kaschmir die Präsenz von Polizei und Militär - die Suche nach den Tätern geht weiter. Am Dienstag waren mindestens 26 Menschen von mutmaßlichen Extremisten getötet worden.
Zehntausende indische Polizisten und Soldaten sollen nach dem Anschlag auf Touristen in der Himalaya-Region Kaschmir die Sicherheit wiederherstellen. Sie errichteten zusätzliche Kontrollpunkte und patrouillieren in den Straßen.
Laut Angaben der Polizei handelt es sich bei 24 der 26 Todesopfer um Inder, die in der Region Urlaub machten. Ferner sei ein Tourist aus Nepal getötet worden sowie ein lokaler Fremdenführer. Mindestens 17 weitere Menschen wurden verletzt. Sie besuchten die sogenannte Baisaran-Wiese, eine Naturfläche etwa fünf Kilometer vom beliebten Urlaubsort Pahalgam entfernt, als es dort zu der Attacke kam. Die Regierung stufte die Tat als Terrorakt ein, als gezielten Angriff auf Touristen.
Jahrzehntelange Spannungen
Die islamistische Gruppe "The Resistance Force" (TRF), die gegen die indische Vorherrschaft in Kaschmir kämpft, reklamierte nach Berichten lokaler Medien den Anschlag für sich. Behörden haben dies bislang nicht bestätigt. Die TRF ist eine Splittergruppe der verbotenen Organisation Lashkar-e-Taiba (LeT), die unter anderem für eine Anschlagsserie in der indischen Wirtschaftsmetropole Mumbai im November 2008 verantwortlich gemacht wird. Damals wurden 175 Menschen getötet.
Die überwiegend muslimisch geprägte Region Kaschmir wird seit der Unabhängigkeit und Teilung Indiens sowohl von Indien als auch von Pakistan beansprucht. Bewaffnete Konflikte führten in der Folge zu Zehntausenden Toten. 2019 hatte der indische Premierminister Narendra Modi der Region die Teilautonomie aberkannt, um stärkere Sicherheitsmaßnahmen durchsetzen zu können.
Gegen diese Politik scheint sich nun erneut gewaltsamer Widerstand zu formieren. Eine Touristin, deren Mann bei dem Anschlag ums Leben kam, berichtete, die Angreifer hätten gezielt nach der Religion der Opfer gefragt, berichtet ARD-Korrespondentin Lena Bodewein. Eine andere Frau, deren Mann erschossen wurde, erzählte einem Fernsehsender, nach der Tat habe der Angreifer zu ihr gesagt: "Geh und sag Modi, was hier passiert ist."
Dieser beendete vorzeitig einen zweitägigen Besuch in Saudi-Arabien und kehrte am Mittwochmorgen nach Neu-Delhi zurück. Die Täter sind unterdessen weiterhin auf der Flucht. Die Polizei in Kaschmir veröffentlichte Phantombilder von drei mutmaßlichen Angreifern.
Die Ermittlungen haben begonnen
Ein Team der Nationalen Ermittlungsbehörde NIA, die für Terrorismusbekämpfung zuständig ist, traf Berichten einheimischer Medien zufolge in Pahalgam ein, um Untersuchungen aufzunehmen. Die Einsatzkräfte durchsuchten Autos und luden ehemalige Mitglieder bewaffneter Gruppen zu Verhören vor.
Viele Geschäfte und Unternehmen in der Region blieben nach einem entsprechenden Aufruf religiöser und politischer Gruppen aus Protest gegen den Angriff geschlossen - die Erschütterung ist groß. In einer Mahnwache forderten Menschen am Dienstagabend die Bestrafung der Attentäter. Der Anschlag ist der schwerste in der Region seit 2019. Es bleibt abzuwarten, welche politischen Konsequenzen Indien aus dem Vorfall ziehen wird.
Mit Informationen von Lena Bodewein, ARD-Studio Neu-Delhi
