
Veruntreuung von EU-Geldern Französische Rechtspopulistin Le Pen verurteilt
In Paris hat ein Gericht die Rechtspopulistin Marine Le Pen wegen der Veruntreuung von EU-Geldern schuldig gesprochen. Le Pen gilt als aussichtsreiche Bewerberin für das französische Präsidentenamt.
Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen ist in der Affäre um die mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen worden. Das hat ein Strafgericht in Paris entschieden.
Nach Überzeugung der Richter machte sich die heutige Fraktionschefin des Rassemblement National (RN) schuldig, indem sie in ihrer Zeit als EU-Abgeordnete vier EU-Parlamentsassistenten widerrechtlich für Aufgaben einsetzte, die nicht ihrer Funktion entsprachen, unter anderem als Personenschützer und persönliche Assistenten. Ein solches Vorgehen verstößt gegen EU-Vorschriften.
Die Angeklagten hätten "fiktive Verträge" unterzeichnet, sagte die Vorsitzende Richterin Bénédicte de Perthuis. Sämtliche Parlamentsassistenten "arbeiteten tatsächlich für die Partei", sagte sie. "Damit das klar ist: Niemand wird hier verurteilt, weil er Politik gemacht hat, darum geht es nicht", betonte die Richterin.
Mögliche Auswirkungen auf Le Pens politische Karriere
Neben Le Pen wurden acht weitere frühere EU-Abgeordnete ihrer Partei verurteilt, darunter auch der Vizechef der Partei, Louis Aliot. Zudem wurden zwölf damalige EU-Parlamentsassistenten vom Gericht für schuldig befunden. Le Pen und ihre Mitangeklagten hatten ein Fehlverhalten stets bestritten. "Ich habe nicht das Gefühl, die geringste Regelwidrigkeit, die geringste Rechtswidrigkeit begangen zu haben", sagte Le Pen im Prozess. Das Strafmaß will das Gericht im Anschluss bekanntgegeben.
Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor fünf Jahre Haft für Le Pen gefordert, sowie ein sofort geltendes Verbot, bei Wahlen anzutreten. Dies könnte Le Pens Pläne zunichte machen, bei der Präsidentschaftswahl 2027 anzutreten - selbst, wenn sie Berufung einlegt. Le Pen hatte ein solches Szenario zuvor heftig kritisiert. "Es ist mein politischer Tod, der gefordert wird mit vorläufiger Vollstreckung, und das ist, glaube ich, von Anfang an das Ziel dieser Operation", hatte Le Pen auf die Forderung der Anklage reagiert.
Partei nicht vorbereitet auf Le Pens Weggang
Sollten die Richter der Forderung nach einem ab sofort geltenden Entzug des passiven Wahlrechts entsprechen, hätte das gravierende Folgen für ihre Partei. Der Rassemblement National müsste für die Wahlen 2027 strategisch und personell komplett umplanen.
Die Partei ist darauf aber anscheinend nicht vorbereitet - oder will sich nicht darauf vorbereiten. Parteivize Sébastien Chenu jedenfalls spielte die möglichen Konsequenzen herunter: "Unsere Ideen sind größer als wir Menschen, die sie vertreten", sagte Chenu im Sender France Info. "Unsere Präsidentschaftskandidatin heißt Marine Le Pen. Sie ist dazu bereit, sie ist vorbereitet, sie hat das Format. So haben wir uns organisiert - und wenn wir umdisponieren müssen, dann werden wir uns an eine neue Situation anpassen."
Le Pen wird Urteil wohl anfechten
Es wird erwartet, dass Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegen wird. Es dürfte ein langer Weg durch die gerichtlichen Instanzen folgen. Ungeachtet des noch zu verkündenden Strafmaßes kann Le Pen bis zum Ende der Wahlperiode in jedem Fall weiter als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.