Screenshot der Internetseite des russischen Messenger Dienstes Max.

Kurznachrichtendienst MAX Ein Messenger mit maximaler Nähe zum Kreml

Stand: 21.06.2025 15:24 Uhr

Russland soll einen nationalen Kurznachrichtendienst bekommen - das hat das russische Parlament entschieden. Für einen anderen Messenger ist das eine schlechte Nachricht - und auch für Regierungskritiker.

Von Lilia Becker, WDR

Russlands neuer Messenger-Dienst MAX verspricht maximale Möglichkeiten für Geschäftliches und das Privatleben. Und MAX verspricht maximale Nähe zum Staat. Nicht nur wegen VK, der Firma, die dahinter steht.

VK, eine Art russisches Facebook, wird seit 2021 von Wladimir Kirijenko geleitet. Er ist der Sohn des Putin-Vertrauten und stellvertretenden Leiters der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko.

VK arbeite seit Jahren eng mit dem russischen Staat zusammen, sagt der russische IT-Experte Michail Klimarew: "95 Prozent aller Strafverfahren, die in Russland im Zusammenhang mit Äußerungen im Netz eröffnet werden, sind mit VK verbunden", erläutert er. "Mit anderen Worten: Sie geben Informationen nicht nur weiter, sondern sind auch aktiv an der Suche kritischer Äußerungen beteiligt und bringen damit Leute ins Gefängnis."

Die Regierung lobt MAX schon

Russlands Staatsduma hat am 10. Juni in zweiter und dritter Lesung für ein Gesetz zur Einführung eines nationalen Kurznachrichtendienstes gestimmt. Es ist noch nicht klar, ob der Staat den neuen Messenger selbst betreiben wird.

Laut Gesetz soll die Regierung eine Organisation bestimmen, die für die "Einrichtung und den Betrieb" der Plattform verantwortlich ist. In der Praxis könnte diese Aufgabe also auch an ein privatwirtschaftliches Unternehmen übertragen werden. Zum Beispiel an die Betreiber von MAX - VK.

Zwar wird MAX im Gesetzesentwurf nicht konkret erwähnt, aber der russische Minister für digitale Entwicklungen, Kommunikation und Massenmedien, Maksut Schadejew, lobte bereits Anfang Juni MAX ausdrücklich in einer Regierungssitzung mit Präsident Wladimir Putin.

Schadejew wies darauf hin, dass VK "einen komplett russischen Messenger" auf den Markt gebracht habe, der in seiner "Grundfunktionalität mit ausländischen Konkurrenten vergleichbar ist und ihnen in nichts nachsteht". Die App basiere auf einer "neuen digitalen Architektur" und verfüge über eine integrierte Technologie für maschinelles Lernen.

Bald auf allen Smartphones und Tablets im Land

Die BETA-Version der App wurde im März veröffentlicht und steht seitdem für den Download in gängigen App-Stores bereit. Die Testphase soll im Sommer abgeschlossen werden. In den Datenschutzbestimmungen des Messengers steht, dass die Daten mit "jeder staatlichen oder kommunalen Behörde", die eine entsprechende Anfrage nach geltendem Recht stelle, geteilt werden.

Für den russischen Datenschutzexperten Michail Klimarew, der im Exil lebt, nichts Ungewöhnliches: "Jedes russische Unternehmen wird seine Nutzer bei den russischen Behörden verpfeifen. Das ist einfach ihre Form der Existenz."

Wer MAX nutzen möchte, muss sich entweder mit einer russischen oder einer belarussischen SIM-Karte registrieren. Seit Anfang des Jahres werden neue russische SIM-Karten an Ausländer nur gegen die Preisgabe biometrischer Daten vergeben - Foto und Stimmprobe. MAX soll auf allen neuen Smartphones und Tablets, die in Russland ab September verkauft werden, vorinstalliert sein.

Läuft die Zeit für Telegram ab?

Das Interface der App erinnert stark an Telegram - einer der beliebtesten Messenger-Dienste in Russland. Noch haben Telegram-Nutzer die Möglichkeit, regierungskritische Kanäle zu abonnieren. Denn nicht nur Kreml-nahe Propagandisten, sondern auch Oppositionelle und russische Exil-Medien nutzen den Messenger. Experten gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Telegram verboten wird und MAX an seine Stelle tritt.

Auch soll die App mit staatlichen Behörden verbunden sein - für digitale Behördengänge wie es heißt. Und MAX soll auch Bankgeschäfte erleichtern. Die BETA-Version enthält jetzt schon Finanztools ausgewählter Banken.

"Ein personalisierter Spitzel"

Für IT-Experten Klimarew ist MAX allerdings nichts weiter als der verlängerte Arm der Regierung. "Es ist buchstäblich ein Spitzel, ein personalisierter Spitzel, der sagt, wo du gewesen bist." Denn die App werde nicht nur in der Lage sein, private Nachrichten mitzulesen und Einsicht auf alle Kontakte und Fotos zu haben, sondern ihr werde es auch möglich sein, den Nutzer auf Schritt und Tritt zu lokalisieren.

"Tatsächlich überwacht das Telefon dies ständig und zeichnet auf die Minute genau auf, kann auf zehn Meter genau bestimmen, wo man gerade war", sagt der Experte. "Das wird alles aufgezeichnet und bei Bedarf übermittelt.

MAX wird wohl in erster Linie der russischen Regierung die maximale Möglichkeit geben, über das Leben ihrer Bürger zu wachen. Und in zweiter Linie wird es dem finanziell gebeuteltem Unternehmen VK Geld in die Kassen spülen.