Russisch-orthodoxe Kirche St. Peter und Paul in Karlovy Vary (Karlsbad), Tschechische Republik

Russisch-orthodoxe Kirche Warum eine tschechische Kirche in ungarischer Hand ist

Stand: 14.04.2025 10:37 Uhr

Die russisch-orthodoxe Kirche unterstützt Putin und wird deshalb von einigen EU-Staaten sanktioniert. In Tschechien hat die Kirche ihr Eigentum überschrieben - es gehört nun dem ungarischen Zweig.

Die Kirche der heiligen Apostel Petrus und Paulus ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten im tschechischen Karlsbad. Ihre goldenen Kuppeln sind selbst zwischen den ausgefallenen Jugendstilvillen nicht zu übersehen. Der Innenraum ist reich geschmückt. Hier feiert die russisch-orthodoxe Kirche in Tschechien auch öffentlich Gottesdienste.

Einen kleinen Ableger hat die Kirche in der russischen Botschaft in Prag. Hauptsitz ist jedoch der bei Russen beliebte Kurort. Die Gebäude dort haben seit kurzem offenbar einen neuen Eigentümer: Recherchen des Investigativjournalisten Jiri Hynek haben ergeben, dass die Karlsbader Kirche unter dem Moskauer Patriarchat seit Beginn des Jahres begonnen hat, ihr Eigentum nach Ungarn zu übertragen. Es heißt, sie handle aus Angst vor drohenden Sanktionen.

Im Grundbuch ist nachzulesen, wem die Kirche samt Pfarrhaus und wertvoller Villa nun gehört: Der ungarischen Eparchie. In Ungarn hat die russisch-orthodoxe Kirche von der russlandfreundlichen Regierung nichts zu befürchten.

Unterstützung aus Ungarn

Anders als in Tschechien. Medien berichten, dass die Prager Regierung überlegt, das Eigentum der Moskau-treuen Kirche einzufrieren. Das Amt für Finanzanalysen ist in Tschechien für Sanktionen zuständig. Es hat die Transaktion in der Tat überprüft, aber letztlich nicht eingegriffen. Öffentlich begründen darf sie das nicht.

Ein Skandal, finden Beobachter wie der Reporter Hynek. Er hat sich bestätigen lassen, dass nun auch der langjährige Metropolit von Budapest, Hilarion, nach Karlsbad geschickt wurde. Gottesdienste feiert Hilarion in Tschechien auch. Der orthodoxe Priester war im Dezember in Ungarn in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und eines ausschweifenden Lebensstils.

Er galt lange als die Nummer Zwei in der gesamten russisch-orthodoxen Kirche. Nun ersetzt er den obersten Vertreter in Tschechien, Nikolaj Lischtschenyuk. Den hat die Regierung inzwischen ausgewiesen.

Die offizielle Begründung bleibt kryptisch

Der Chef des tschechischen Inlandsgeheimdienstes, Michal Koudelka, begründet dies etwas kryptisch damit, dass Lischtchenyuk und damit ein Vertreter der orthodoxen Kirche in Tschechien, Dinge getan habe, die nicht mit der Sicherheit des Landes vereinbar waren.

Offiziell wird dem orthodoxen Erzpriester vorgeworfen, mit Unterstützung russischer Behörden separatistische Tendenzen in der EU zu befördern. Was genau das heißt, bleibt geheim.

Geheimdienstaktivitäten in der Kirche?

Der Sicherheitsexperte Jan Padourek aus dem tschechischen Innenministerium wird konkreter: "Die Kirche in Karlsbad wird benutzt, um Aktivitäten der Geheimdienste zu decken. Die Zusammenarbeit zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und den Geheimdiensten der Russischen Föderation besteht seit sowjetischen Zeiten in großer Kontinuität - die Verbindung ist erwiesen und offensichtlich."

Das Pfarrhaus in Karlsbad ist gut vor neugierigen Blicken abgeschirmt. Hier seien russische Spione ein- und ausgegangen, berichten tschechische Medien unter Berufung auf Sicherheitskräfte. Sie sollen die Unterstützung von Separatisten in anderen EU-Ländern geplant haben. Die katalanische Autonomiebewegung könnte ein Ziel gewesen sein, vermuten Journalisten. Für russische Agenten bietet Karlsbad jedenfalls eine perfekte Tarnung. Die Kurstadt ist seit Langem bei Russen beliebt.

Anwalt bestreitet Vorwürfe

Der Anwalt von Lischtschenyuk, Michal Pacovsky, bestreitet alle Vorwürfe gegen die Kirche. "Da haben sich einfach Leute getroffen mit ausländischen Autokennzeichen. Das ist nichts, was die Sicherheit dieses Landes gefährden könnte."

Der orthodoxe Priester klagte gegen den Entzug seiner Aufenthaltserlaubnis - und verlor in mehreren Instanzen - sogar vor dem tschechischen Verfassungsgericht. Mit Medienvertretern will niemand von der russisch-orthodoxen Kirche reden. Dabei war sie noch bis vor kurzem in Karlsbad sehr präsent. Lischtschenyuk engagierte sich für den Wiederaufbau der Kirche und erhielt dafür die Ehrenbürgerschaft der Stadt. Im Januar wurde sie ihm wieder entzogen - auf Initiative des Stadtrats Adam Klsak.

Lischtschenyuk sei ein loyaler Mitarbeiter der Russischen Föderation. Er habe deren Propaganda verbreitet - die kriegsorientierte Propaganda gegen die Ukraine und gegen den Westen, so die Begründung.

Russische Narrative werden verbreitet

Einfluss hatte Lischtschenyuk und mit ihm das Putin-nahe Moskauer Patriarchat auch auf die eigentlich eigenständige tschechisch-orthodoxe Kirche. Die ist mittlerweile die zweitgrößte Konfession im Land. Sie hat mehr als 40.000 Mitglieder.

Der russische Krieg gegen die Ukraine hat die Gläubigen gespalten, erzählt der tschechische Geistliche Rafael Moravsky. Für ihn ist die russisch-orthodoxe Kirche der verlängerte Arm des Kreml und des gesamten russischen Regimes.

Sie jage allen orthodoxen Gläubigen Angst ein - mit der Idee, dass man pro-russisch sein müsse, dass man gegen die westliche Zivilisation sein müsse. Sonst werde man nicht erlöst und stehe automatisch auf der Seite Satans, des Teufels. Das Kirchenoberhaupt Kyrill, der Moskauer Patriarch, glorifiziert den Angriff auf die Ukraine. Gefallene Soldaten preist er als "Märtyrer".

"Intensive Aktivitäten für den russischen Staat"

Tschechien setzte Kyrill vor zwei Jahren auf seine Sanktionsliste - als erste Person überhaupt - auf Antrag von Außenminister Jan Lipavsky. "Mehr als kirchlichen Aktivitäten widmet sich die russische Orthodoxie intensiven Aktivitäten für den russischen Staat", so Lipavsky. Sie sei keine Kirche und ihre Führer keine Geistlichen, sondern Teil des Repressionsapparats des Kreml.

Auch Kanada und Großbritannien sowie Litauen und Estland haben Kyrill mit Sanktionen belegt. Nach Tschechien darf er nicht einreisen oder hier Geschäfte ausüben. Sein Vermögen ist eingefroren - allerdings nur sein Privateigentum. Die Kirche in Karlsbad gehörte nicht dazu.