
Skepsis in der Ukraine "Ich glaube Putin kein Wort"
Die Ukrainer blicken skeptisch auf die Waffenruhe-Gespräche: Die Mehrheit will die Feuerpause - aber viele zweifeln, ob der russische Präsident Putin jemals Wort halten wird. Denn vor ihren Haustüren tobt der Krieg weiter.
Die Hände der Anwohnerin aus Kupjansk zittern, als sie ein paar Tüten mit ihrem letzten Hab und Gut zusammenpackt. Sie flieht vor den russischen Truppen im Osten der Ukraine. Freiwillige Helfer nehmen die ältere Dame mit in einem kleinen Minibus und bringen sie in Sicherheit, wie Bilder des französischen Fernsehens zeigen.
Gespräche über eine mögliche Waffenruhe scheinen hier - an der Front in der Region Charkiw - weit weg: "Ich glaube nicht daran. Als Putin zugestimmt hat, die Energieinfrastruktur zu verschonen, haben sie hier den Stromtransformator angegriffen", sagt die Anwohnerin.
Leben unter Besatzung
Nur noch wenige Kilometer sind die russischen Truppen von Kupjansk entfernt. Schon einmal hatten sie die Stadt monatelang unter Besatzung. Seitdem leben die Menschen mit dem Krieg. Die allermeisten von ihnen sind bereits vor langer Zeit geflohen. Aber jetzt wird der Beschuss auch für die Letzten unerträglich.
"Es ist der pure Stress. Vorgestern sind hier 31 Bomben eingeschlagen. Ich glaube Putin kein Wort", schildert die Frau die Lage vor Ort. Dem russischen Machthaber müsste man eine Atombombe in den Kreml schicken, sagt sie. "Dann hätten wir Frieden."
77 Prozent der Ukrainer will laut Umfragen Feuerpause
Die Wut auf Russland ist groß. Das Vertrauen in Machthaber Putin dafür umso kleiner.
Eine Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer aber wünscht sich ein Ende des Krieges, 77 Prozent der Bevölkerung befürworten laut einer aktuellen Umfrage eine 30-tägige Feuerpause. Doch einen entsprechenden Vorschlag hatte Moskau bisher abgelehnt.
Auch Kiew skeptisch nach jüngsten Gesprächen
Nach den jüngsten Gesprächen in Saudi Arabien zeigte sich in Kiew auch der ukrainische Präsident skeptisch: "Es ist zu früh, um zu sagen, dass es funktionieren wird, aber es waren die richtigen Treffen, die richtigen Entscheidungen, die richtigen Schritte." Niemand könne der Ukraine vorwerfen, dass sie sich nicht in Richtung eines nachhaltigen Friedens bewege, so Selenskyj.
Er sei der amerikanischen Seite dankbar für die Verhandlungen in Saudi Arabien, betonte Selenskyj. Die Teil-Waffenruhe für Angriffe im Schwarzen Meer und auf Objekte der Energieinfrastruktur sollten unverzüglich in Kraft treten.
Moskau will weniger Sanktionen vor Waffenruhe
Widerspruch kommt hingegen aus Moskau. Bevor die Angriffe eingestellt werden könnten, fordert Russland die Aufhebung von Sanktionen im Lebensmittelbereich.
In der Ukraine geht der Krieg unverändert weiter. Noch am Abend wird in vielen Landesteilen wieder Luftalarm ausgelöst.