
Kommunikation mit Pfizer-Chef Von der Leyen hätte SMS herausgeben müssen
Was stand in den SMS, die sich EU-Kommissionschefin von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla kurz vor einem milliardenschweren Impfstoff-Deal schrieben? Die Kommission hält das geheim. Zu Unrecht, sagt das EU-Gericht.
Das Impfen gegen das Coronavirus hatte 2021 gerade erst begonnen, da geriet es auch schon wieder ins Stocken. Der Impfstoff-Hersteller Astra Zeneca hatte Lieferprobleme. In dieser Lage handelte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Deal mit dem Pharmakonzern Pfizer aus: Bis zu 1,8 Milliarden Dosen des gemeinsam mit BioNTech entwickelten Impfstoffs sollten an die EU gehen - bezahlt mit Milliarden Euro an Steuergeldern.
Eine wichtige Rolle bei dem Deal spielten mehrere SMS, die von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla ausgetauscht hatten. Alexander Fanta ist Investigativ-Journalist aus Österreich und möchte gerne wissen, was in diesen SMS kommuniziert wurde. Denn von der Leyens Impfstoff-Deal wirft Fragen auf: "Berichten zufolge wurde ein wesentlich höherer Preis pro Dosis gezahlt als bei einem vorherigen Kauf. Es wäre interessant zu verstehen, warum das so ist", sagt Fanta.
Die SMS könnten ein Schlüssel dazu sein, den Impfstoff-Deal besser nachzuvollziehen. Doch die EU-Kommission lehnte bislang die Herausgabe der SMS ab.
SMS laut Kommission "kurzlebig und irrelevant"
Nach der EU-Transparenz-Verordnung hat jeder Unionsbürger den Anspruch auf Zugang zu Dokumenten der EU-Institutionen. Laut Fanta begründet die Kommission ihre Weigerung damit, dass SMS-Nachrichten nicht unter diese Verordnung fallen: "Die Kommission sagt, dass diese Nachrichten kurzlebig seien und im konkreten Fall auch nicht inhaltlich relevant."
Fanta befürchtet, dass die Kommission hier versucht, eine Art Generalausnahme für alle Arten von SMS und Instant-Nachrichten zu etablieren.
Niederlage für EU-Kommission
So wie Fanta sehen es auch Journalisten der US-amerikanischen Zeitung The New York Times. Sie hatten auf Herausgabe der SMS geklagt. Vor dem Gericht der Europäischen Union hatten sie damit nun in erster Instanz Erfolg.
Mit deutlichen Worten erklären die Richterinnen und Richter, dass die EU-Kommission sich nicht hätte weigern dürfen, die SMS herauszugeben. In der Regel habe die Öffentlichkeit ein Recht auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz der EU befänden.
Die Kommission habe in der mündlichen Verhandlung vor Gericht nicht schlüssig darlegen können, wieso sie die SMS nicht herausgeben könne. Angaben der Kommission dazu hätten entweder auf Hypothesen oder auf wechselnden oder ungenauen Informationen beruht. Auch dass der Inhalt der Nachrichten nicht relevant sein solle, hat die Richterinnen und Richter nicht überzeugt.
Journalist sieht positives Signal
Die EU-Kommission äußerte sich in einer Pressemitteilung nach dem Urteil: Man wolle die Entscheidung nun prüfen und werde erneut mit einer ausführlicheren Begründung über den Antrag der New York Times entscheiden.
Für Alexander Fanta ist das Urteil ein positives Signal: "Es geht nicht nur um die SMS, sondern darum, wie viel Spielraum die Kommission und andere EU-Institutionen bei der Aufbewahrung von Dokumenten haben."
Gegen das Urteil kann die EU-Kommission allerdings noch vorgehen und Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof einlegen.