Benjamin Netanjahu, gefolgt von Itamar Ben-Gvir, betritt das israelische Parlament, die Knesset, in Jerusalem.

Machtkampf in Israel Knesset verabschiedet umstrittenes Richtergesetz

Stand: 27.03.2025 12:36 Uhr

Hunderttausende hatten in Israel gegen gegen die geplante Justizreform protestiert. Dann kam der Gaza-Krieg und das Vorhaben trat in der Hintergrund. Doch nun hat das Parlament ein umstrittenes Richtergesetz beschlossen.

Nach monatelangen Beratungen hat das israelische Parlament ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das gewählten politischen Amtsträgern mehr Macht bei der Ernennung von Richtern einräumt. Das Gesetz wurde mit 67 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme von der insgesamt 120 Abgeordnete zählenden Knesset angenommen.

Mit dem neuen Gesetz wird der scharf kritisierte Justizreformplan von Regierungschef Benjamin Netanjahu weiter vorangetrieben. Laut Justizminister Jariv Levin, der den Gesetzesentwurf eingebracht hatte, soll dieser "Gleichgewicht" zwischen Legislative und Judikative wiederherstellen. 

Boykott der Opposition

Das neue Gesetz sieht unter anderem vor, dass in einem neunköpfigen Ausschuss zur Ernennung von Richtern künftig statt zwei Vertretern der Anwaltskammer jeweils ein von der Regierung und ein von der Opposition gewählter Anwalt sitzen sollen. Außerdem sind Vetorechte von Vertretern der Exekutive bei der Richterauswahl vorgesehen. 

Die Opposition boykottierte die Abstimmung und kündigte an, sie werde das Gesetz wieder aufheben, sollte sie die nächste Regierung bilden. Oppositionsführer Jair Lapid erklärte im Onlinedienst X, dass er nur wenige Minuten nach der Abstimmung im Parlament beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Gesetz eingelegt habe. Bereits vor der Abstimmung hatten Tausende Menschen gegen das Gesetz protestiert.

Machtkampf zwischen Regierung und Justiz

Netanjahu und seine Verbündeten werfen dem Justizsystem in Israel seit längerem vor, es sei zu mächtig und mische sich zu stark in die Entscheidungen der Exekutive ein.

Netanjahus Vorhaben in Bezug auf die Justiz des Landes hatte 2023 eine der größten Protestbewegungen in der Geschichte Israels ausgelöst. Mit dem Beginn des Gaza-Kriegs wurden die Pläne vorerst auf Eis gelegt. Rechtsexperten haben immer wieder gewarnt, der von der rechtsreligiösen Regierung vorangetriebene Justizumbau gefährde die Demokratie im Land. 

Das Reformvorhaben wurde nun wieder aufgenommen, da sich die Regierung nach der von ihr angeordneten Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs Ronen Bar in einem Machtkampf mit dem Obersten Gerichtshof befindet.

Zudem hat die Regierung ein Amtsenthebungsverfahren gegen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara eingeleitet, die als vehemente Verfechterin der Unabhängigkeit der Justiz und als scharfe Kritikerin Netanjahus gilt. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. März 2025 um 12:00 Uhr.