
Russlands Unterhändler Diplomat und Geheimdienstler mit vielsagender Vergangenheit
In Saudi-Arabien verhandeln Russland und die USA weiter über die Ukraine. Bei den als "technisch" beschriebenen Gesprächen fallen zwei Unterhändler Russlands auf: ein Geheimdienstoberst und ein Diplomat.
Nachdem hochrangige Regierungsvertreter der USA, Russlands und der Ukraine grundsätzlich über ein Ende des Krieges Russlands gegen die Ukraine gesprochen haben, konzentriert sich die neue Runde in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad auf technische Fragen. Beraten wird über Details eines möglichen begrenzten Waffenstillstands, der den Verzicht auf Angriffe auf Energieanlagen und weitere kritische Infrastruktur beinhalten soll. Russland will zudem über den Schutz der Schifffahrt im Schwarzen Meer verhandeln.
Beteiligt sind Diplomaten und Regierungsberater mit Fachwissen zu den konkreten Themen. Zur US-Delegation zählen laut New York Times Mitarbeiter des Außenministeriums sowie des Sondergesandten Keith Kellog und des Nationalen Sicherheitsberaters Mike Waltz. Nachdem sie zunächst am Sonntag mit den ukrainischen Vertretern gesprochen haben, gingen sie am Montag in die erste Runde mit den russischen Unterhändlern.
"Erfahrene Verhandler"
Angeführt wird die russische Delegation vom Außenpolitiker Grigori Karasin und dem Geheimdienstler Sergej Beseda, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag erklärt hatte. Der 75-jährige Karasin und der 70-jährige Beseda blicken auf lange Karrieren zurück, die Hinweise auf Ziele und Verhandlungsführung der russischen Seite geben könnten.
Als "erfahrene Verhandler, die sich gut auskennen in der internationalen Politik", pries sie Wladimir Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow an, Gegenpart des Nationalen Sicherheitsberaters Waltz. Uschakow und Waltz stünden in regelmäßigem Kontakt.
Hochrangiger Geheimdienstler
Beseda war Generaloberst beim Inlandsgeheimdienst FSB, wo er aktuell noch als Berater des FSB-Direktors geführt wird. Bis zum vergangenen Jahr leitete Beseda die fünfte Abteilung des Geheimdienstes, zuständig für "operative Informationen und internationale Beziehungen", die im Ausland und dort vor allem in den Nachbarstaaten Russlands zuständig ist.
Die russische Tageszeitung Wedomosti erinnerte in einem Artikel am 20. März daran, dass Beseda während des Euromaidan-Aufstands 2014 in der Ukraine aktiv war. Er sei am 20. und 21. Februar 2014 in Kiew gewesen, als der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch angesichts der Proteste nach Russland floh. Das habe eine Quelle aus russischen Sicherheitsdiensten bestätigt. Demnach war Beseda mit der Sicherheit der Botschaft und anderer russischer Einrichtungen befasst.
Unter Berufung auf ukrainische Quellen berichtete das Wall Street Journal im Jahr 2022, dass Beseda bei der Niederschlagung des Aufstands helfen sollte und bestätigte, dass Beseda bei Janukowitsch im Büro war. Dabei soll Beseda dem Präsidenten gesagt haben, bewaffnete Demonstranten planten, ihn und seine Familie zu töten. Janukowitsch solle die Armee gegen sie einsetzen. Stattdessen floh Janukowitsch kurze Zeit später in einem Hubschrauber aus Kiew und schließlich nach Russland.
Verhängnisvolle Fehlinformationen
Ein weiteres Mal tauchte Besedas Name in Zusammenhang mit der Ukraine im Jahr 2022 auf. Zahlreichen russischen Medien zufolge trugen er und seine Abteilung mit ihren Aussagen entscheidend dazu bei, dass Putin am 24. Februar 2022 den Befehl für den Angriff auf die Ukraine gab. Als sein Vertrauter habe er Putin davon überzeugt, dass in der Ukraine eine pro-russische Stimmung herrsche und die Regierung in Kiew leicht zu stürzen sei.
Es gab damals auch Berichte über einen Hausarrest Besedas. Jedoch sei kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden, schreibt Wedomosti mit Bezug auf einen russischen Fernsehsender.
2023 bezeichnete Kyrylo Budanov, Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Beseda als eine "sehr problematische Person" für die Ukraine, die "viel Böses getan hat". Die USA, die EU und weitere Staaten belegten ihn nach 2014 mit Sanktionen.
Dennoch war der Geheimdienstler 2021 in die Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch zwischen Russland und den USA einbezogen, wie Ex-US-Botschafter John Sullivan in seinen Memoiren schrieb. Mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren im Jahr 2024 gab Beseda Wedomosti zufolge seinen Abteilungsleiterposten ab und übernahm die Beraterposition.
Der Diplomat
Auch Karasin steht seit März 2022 auf den Sanktionslisten der USA und der EU. Sie wurden gegen ihn verhängt, weil er für die Ratifizierung von Verträgen mit den von Russland okkupierten Gebieten Luhansk und Donezk gestimmt hatte, dies als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, dem Oberhaus des russischen Parlaments.
Er übernahm diesen Posten nach dem Ende einer klassischen Karriere als Diplomat, die er 1972 nach einem Abschluss in Orientalistik und Geschichte an der Lomonossow-Universität in Moskau begonnen hatte. Er spricht Englisch, Französisch und die in Westafrika verbreitete Hausa-Sprache.
Unter seinen Aufgaben und Posten sticht Karasins Befassung mit der Südkaukasusrepublik Georgien vor und nach dem Krieg 2008 heraus. In der Zeit zuvor fiel er als Warner auf, dass Russland die Bewohner und russischen Staatsangehörigen in den abtrünnigen Gebieten Südossetien und Abchasien beschützen werde - Russland hatte auch dort russische Pässe ausgegeben, außerdem waren in den Gebieten russische Friedenstruppen stationiert, die 2008 zunehmend in die militärische Eskalation vor Ausbruch des Krieges im August 2008 involviert waren.
Verhandlungen ohne Ende
2012 wurde Karasin Sonderbeauftragter als Gegenpart für den Georgier Surab Abaschidse. Der Ex-Botschafter in Moskau war von der neu gewählten in Regierung in Tiflis eingesetzt worden, um die Beziehungen zwischen Georgien und Russland zu normalisieren, dies in Ergänzung zu einem internationalen Verhandlungsformat zur Umsetzung des Waffenstillstands von 2008 und zum Abschluss eines langfristigen Friedens.
Karasin und Abaschidse sprachen auch über den Bau einer neuen Straße zwischen Russland und Georgien sowie über die Wiederaufnahme der Direktflüge beider Staaten, wie aus 2023 geleakten, heimlichen Aufzeichnungen der Gespräche hervorging. Dies wie die später tatsächlich wieder aufgenommenen Direktflüge sorgte für Proteste in Georgien - einerseits weil sich die Südkaukasusrepublik damit nicht an das Sanktionsregime der westlichen Staaten gegen Russland hielt und weil georgische Geschäftsleute aus dem Umfeld der Regierung Profit daraus schlugen. Kritisiert wurde das Format auch wegen Intransparenz über den Inhalt der 26 Gespräche, die seit 2012 mit Karasin stattgefunden haben.
Während die militärische Lage um die von Russland okkupierten Gebiete über die Jahre weitgehend stabil blieb, dies auch dank einer EU-Beobachtermission vor Ort, setzte Russland wichtige Vereinbarungen des Waffenstillstands nicht um. Bis heute unterhalten Georgien und Russland keine diplomatischen Beziehungen.
Verständnis in Washington
In Bezug auf die Verhandlungen mit den USA über die Ukraine sagte Karasin im Sender Rossija-24, die US-Regierung verstehe im Gegensatz zu Europa die Forderungen aus Moskau, "die Zwangsmobilisierung in der Ukraine zu stoppen und die Militärhilfe einzustellen, um einen Waffenstillstand zu erreichen".
Dies passt zu Aussagen von Trumps Sonderbeauftragten Steve Witkoff, der Lob über den russischen Präsidenten geäußert und in einem Interview mit Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson die russische Sichtweise auf die Ukraine wiedergegeben hatte.
Im Januar hatte Karasin in seinem Telegram-Kanal noch deutlich konfrontativer geschrieben: "Wir sind von unserer Richtigkeit überzeugt und werden unsere Prioritäten verteidigen. Die USA sollten dies als gegeben hinnehmen." Man sei aber offen für Kontakte und Verhandlungen.