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Stromversorgung Die Panikmache mit den Blackouts
Dass Deutschland in diesem Winter von einem großflächigen Stromausfall bedroht sei, wird regelmäßig behauptet. Doch Blackouts aufgrund von Unterversorgung sind so gut wie ausgeschlossen.
"Deutschland steht vor einem Blackout": Mit diesen Worten wurde vor allem in rechtspopulistischen und verschwörungsideologischen Kreisen zu Winterbeginn die Angst vor einem großflächigen und langanhaltenden Stromausfall geschürt. Damit verbunden ist meist eine Kritik an der Energiepolitik und die Behauptung, Deutschland könne aufgrund des hohen Anteils Erneuerbarer Energien die Stromversorgung nicht mehr zuverlässig gewährleisten.
Vor allem seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine wird die Warnung vor einem Blackout in Deutschland immer wieder in den sozialen Netzwerken verbreitet. Eingetreten ist solch ein Blackout bislang jedoch nicht - dennoch wird aus einigen Kreisen nach wie vor die Panik davor hochgehalten und das vermeintliche Datum für den Blackout immer wieder verschoben.
Blackout wegen Strommangels nahezu ausgeschlossen
Ein solch großflächiger und lang anhaltender Stromausfall hätte gravierende Folgen für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Die Versorgung mit Wasser, Heizung und Lebensmitteln wäre beeinträchtigt, Krankenhäuser und andere kritische Infrastrukturen könnten ihre Funktion nicht mehr vollständig erfüllen. Die Produktion in vielen Unternehmen käme zum Erliegen, und es könnten erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.
Immer wieder wird behauptet, dass ein Energiemangel, also zu wenig Stromerzeugung, einen Blackout in Deutschland verursachen könnte. Doch das ist nahezu ausgeschlossen, sind sich Experten einig. Die Gründe für Stromausfälle sind grundsätzlich eher in der Übertragung zu suchen, wenn zum Beispiel wichtige Leitungen ausfallen beziehungsweise nicht verfügbar sind.
Experte bezeichnet Behauptungen als "unseriös"
Dirk Witthaut vom Forschungszentrum Jülich bewertet die häufig geäußerten Warnungen vor einem Blackout als "sehr unseriös", auch wenn es keine absolute Sicherheit gebe. Gegenüber dem ARD-faktenfinder weist er zudem darauf hin: "Die Netzbetreiber arbeiten sehr gründlich an ihren Vorbereitungen für Krisenfälle. Es gibt detaillierte Notfallpläne, wie das Netz nach einem Blackout schnell wieder aufgebaut werden kann."
Dass ein Blackout drohe, weil Deutschland durch seine Energiepolitik einen Mangel an Strom bekommen könnte, hält Witthaut für sehr irreführend, "da es an den tatsächlichen Problemen vorbeigehe". Er argumentiert, dass die letzten großen Stromausfälle in Europa (2003 in Italien, 2006 in Westeuropa) "nicht aufgrund eines Strommangels, sondern aufgrund von Problemen im Übertragungsnetz verursacht wurden".
Der Ausbau des Netzes sei daher für die Stabilität des Systems entscheidender als die Frage der Stromerzeugung. Außerdem gebe es sehr wohl Zeiten mit sehr geringer erneuerbarer Stromerzeugung, "Dunkelflauten" genannt. Dies habe zu sehr hohen Preisen auf den Strommärkten geführt, "aber eben nicht zu Stromausfällen".
Übererzeugung deutlich wahrscheinlicher als Mangel
Außerdem, so Witthaut, halte er eine Übererzeugung bei zukünftigen Problemen im Netz für deutlich wahrscheinlicher als einen Mangel. "Es kann zu Situationen kommen, in denen einzelne lokale Verteilnetze die lokale Photovoltaik-Einspeisung nicht mehr aufnehmen können. In diesen Fällen wäre es dringend erforderlich, dass ein Netzbetreiber die Anlagen abregeln kann und das Heimspeichernetze dienlich betrieben werden", erklärt er.
Witthaut betont aber auch, dass es für die Zukunft essenziell sei, "dass wir in die Infrastrukturen investieren". "Versorgungssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif, und der Netzausbau ist von zentraler Bedeutung."
Alarmistische Nachrichten über einen drohenden Blackout sind nicht neu. Diese Dynamik wurde bereits in den vergangenen Jahren beobachtet. Zum Beispiel hatten im Jahr 2022 selbsternannte Sicherheitsexperten vor einem Blackout gewarnt, wie unter anderem das ARD-Politmagazin Monitor berichtete. Doch passiert sei nichts, sagt Witthaut.
Deutsche Stromversorgung im internationalen Vergleich sicher
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erklärt auf Anfrage des ARD-faktenfinders, dass die deutsche Stromversorgung auch im internationalen Vergleich nach wie vor sehr sicher sei. "Die Bundesnetzagentur hält einen anhaltenden und flächendeckenden Stromausfall unverändert für äußerst unwahrscheinlich", heißt es.
Zudem sei das elektrische Energieversorgungssystem mehrfach redundant ausgelegt und verfüge über zahlreiche Sicherungsmechanismen, "die selbst bei größeren Störungsereignissen einen völligen Zusammenbruch des Übertragungsnetzes verhindern sollen".
"Die Sicherungsmechanismen werden kontinuierlich auf ihre Eignung geprüft und bei Bedarf angepasst. Für den Fall, dass es trotzdem zu einem Stromausfall kommt, finden bei zahlreichen Betreibern Kritischer Infrastrukturen (sowohl Behörden als auch Unternehmen) Vorbereitungen statt. Dazu zählen beispielsweise die Durchführung von Risikoanalysen, eine umfassende Notfallplanung sowie die Durchführung von Übungen", heißt es weiter.
BBK rät trotz geringen Risikos zur Vorbereitung
Im Dezember vergangenen Jahres hat das BBK an die Bevölkerung appelliert, sich auf Notlagen wie einen Blackout vorzubereiten. Das wiederum wurde in den sozialen Netzwerken als Beweis gewertet, dass ein solcher unmittelbar bevorstehe.
Das BBK weist das zurück. Die Bevölkerung solle sich grundsätzlich auf Notlagen vorbereiten: "Für eine gute Notfallvorsorge ist die Sensibilisierung für das Thema Stromausfall sowie die Eigenvorsorge der Bevölkerung enorm wichtig. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt daher, sich im Rahmen der Notfallvorsorge auf dieses Szenario vorzubereiten."