Eine Mitarbeiterin steht in der Kita Biberburg in Gatow, in der ein Teil der Einrichtung wegen Personalmangels derzeit ungenutzt ist (28.08.2023).
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Öffentlicher Dienst Tarifabschluss - Wer bekommt wie viel?

Stand: 06.04.2025 16:48 Uhr

Bund, Kommunen und Gewerkschaften haben sich geeinigt: 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst bekommen mehr Geld. Wer bekommt wie viel? Wer hat sich durchgesetzt? Und drohen nun keine Streiks mehr?

Welche Berufsgruppen profitieren von dem Ergebnis?

Der Tarifabschluss gilt für mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte der Kommunen und des Bundes. Das sind Angestellte in den Verwaltungen, in Kitas und Schulen, im Nahverkehr, bei den Abfallbetrieben, in Klärwerken, Bädern, Pflegeeinrichtungen oder an Flughäfen. Üblicherweise wird der Abschluss später auf Beamte übertragen, das soll dieses Mal aber erst die neue Bundesregierung entscheiden.

Für Beschäftigte der Bundesländer, also zum Beispiel für Lehrer, gilt der neue Tarif nicht. Die Länder sind aus der Tarifgemeinschaft mit Bund und Kommunen ausgetreten. Für ihre Angestellten soll im Herbst separat verhandelt werden.

Wie viel Geld gibt es mehr?

Die Lohnerhöhung kommt in zwei Stufen: Ab 1. April 2025 gibt es drei Prozent, mindestens aber 110 Euro mehr im Monat, und ab 1. Mai 2026 gibt es noch einmal 2,8 Prozent mehr.

Ab 1. Juli 2025 werden außerdem die Zulagen für Schichtarbeit von 40 auf 100 Euro und für Wechselschichtarbeit von 105 auf 200 Euro steigen. Ab 2026 wird auch das 13. Monatsgehalt angehoben.

Der Chef der Gewerkschaft ver.di, Frank Werneke, rechnete vor: Für eine Erzieherin oder einen Erzieher erhöhe sich das Entgelt bis zum Ende der Laufzeit im März 2027 um ungefähr 230 Euro, für eine Müllwerkerin oder einen Müllwerker um 200 Euro.

Ist das alles?

Nein, zusätzlich soll die Arbeitszeit deutlich flexibler werden. Die Beschäftigten sollen zum Beispiel Teile des erhöhten 13. Monatsgehalts in bis zu drei zusätzliche freie Tage eintauschen können. Das gilt allerdings nicht für kommunale Krankenhäuser, wo die Arbeitgeber nur schlecht Ersatz finden. Ab 2027 gibt es einen zusätzlichen Urlaubstag.

Zugleich sollen die Beschäftigten ab 2026 die Möglichkeit bekommen, ihre Wochenarbeitszeit freiwillig und befristet auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen, also mehr zu arbeiten und auch mehr zu verdienen.

Wer hat sich in den Verhandlungen durchgesetzt?

Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber haben einige Punkte gesetzt und mussten an anderer Stelle Kröten schlucken. Die Gewerkschaften hätten vor allem beim Thema flexible Arbeitszeit gern noch mehr erreicht und wollen in späteren Tarifrunden nachlegen. Die Berufe müssten attraktiver werden, denn es gebe Hunderttausende unbesetzte Stellen, erklärte Werneke.

Außerdem mussten sich die Gewerkschaften mit drei sogenannten Leermonaten zufriedengeben, da die Lohnerhöhung erst ab April greift und nicht schon im Januar. Dadurch sparen die Arbeitgeber einiges an Geld.

Im Gegenzug mussten Bund und Kommunen akzeptieren, dass die Beschäftigten künftig möglicherweise weniger arbeiten und sie häufiger Lücken stopfen müssen. Das kann in Berufen mit Fachkräftemangel schwierig werden.

Zuletzt hakten die Gespräche am Vorschlag, die Arbeitszeit freiwillig auf 42 Wochenstunden auszudehnen. Die Gewerkschaften befürchteten Nachteile bei Neueinstellungen oder befristeten Verträgen, wenn Beschäftigte zu dieser Aufstockung nicht bereit sind.

Nun wurde laut Werneke vereinbart: "Niemand kann gedrängt werden, mehr zu arbeiten." Wer freiwillig mehr arbeite, erhalte dafür einen Aufschlag. Die Regelung soll nach fünf Jahren überprüft werden.

Kann sich der Staat das Paket leisten?

Auf den Bund und die Kommunen als Arbeitgeber kommen Mehrkosten zu, allerdings in sehr unterschiedlicher Höhe. Rund 1,94 Milliarden Euro sind es laut Innenministerium für den Bund über die gesamte Laufzeit. Das an sich sollte kein großes Problem sein. Bei der Rechnung ist allerdings noch nicht berücksichtigt, dass das Ergebnis voraussichtlich auf die Beamten übertragen wird - und dann dürfte es deutlich teurer werden. Alles in allem scheint der Abschluss für die werdende Koalition von CDU-Chef Friedrich Merz aber verkraftbar zu sein.

Bei den Kommunen ist das schon kritischer. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, die Verhandlungsführerin für die Kommunen war, nannte Kosten von mehr als zehn Milliarden Euro jährlich. Und einige Kommunen sind so hoch verschuldet, dass sie schon jetzt bei der Sanierung von Schwimmbädern und Schulen sparen müssen.

Dazu kommt die maue Wirtschaftslage, die sie Gewerbesteuer-Einnahmen kosten wird. Die Kommunen seien einfach unterfinanziert, sagte selbst Gewerkschaftschef Werneke. "Sie bluten aus."

Der Landrat aus dem sächsischen Meißen, Ralf Hänsel von der CDU, beklagte auch sofort, das Ergebnis überfordere die Städte und Gemeinden. Die Kommunen hätten das höchste Finanzierungsdefizit seit der Wiedervereinigung. Der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen habe gegen den Abschluss gestimmt, müsse ihn nun aber dennoch umsetzen.

Gibt es jetzt keine Streiks mehr?

Bis zum Ende des Tarifvertrags Ende März 2027 sollte erst einmal Ruhe an der Streikfront herrschen. Allerdings gilt das nur für diesen Tarifkonflikt.

In Berlin zum Beispiel könnten Bus- und U-Bahn-Fahrer bald wieder streiken, da sie nach einem anderen Tarifvertrag bezahlt werden. Ende des Jahres beginnen dann auch Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder - dabei drohen Warnstreiks zum Beispiel von angestellten Lehrern.

Quelle: dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 06. April 2025 um 17:45 Uhr.