Ein Eimer voll mit Schotter steht in einem umgestalteten Vorgarten.

Landkreis zahlt Umgestaltung Blumen statt "Gärten des Grauens"

Stand: 22.04.2025 11:33 Uhr

Schottergärten gelten nicht nur als "Gärten des Grauens", sie sind in vielen Bundesländern inzwischen sogar verboten. Ein Landkreis in Nordrhein-Westfalen setzt auf Service anstatt auf Strafe.

Von Katharina Spreier, WDR

Marion Beyer steht vor ihrem Haus im nordrhein-westfälischen Zülpich und zeigt auf einem Foto, wie ihr Vorgarten noch bis vor wenigen Tagen aussah: ein typischer Schottergarten. "Damals haben wir uns dafür entschieden, weil wir kleine Kinder hatten, beide gearbeitet haben und keine Zeit, uns um den Vorgarten zu kümmern", erzählt die Hausbesitzerin. Jetzt ist sie in Rente und der Schotter sollte weg. Der Boden wurde freigelegt und kann nach gut 30 Jahren Versiegelung wieder atmen. Bald schon soll es hier blühen.

In der Nachbarschaft sind immer noch viele Schottergärten und das, obwohl sie in Nordrhein-Westfalen per Landesbauordnung schon seit Anfang vergangenen Jahres verboten sind.

Landkreis übernimmt Kosten

Der Landkreis Euskirchen könnte den Anwohnern Druck machen, den Schotter zu entfernen und sogar Geldstrafen verhängen. Stattdessen packt er es praktisch an und übernimmt die Kosten für den Umbau - von der Beratung über die Planung bis hin zu den Gärtnern. Die größtenteils heimischen Pflanzen können sich die Anwohner aus einem Katalog aussuchen.

"Wir denken, dass das auf jeden Fall ein besser Weg ist, um die Leute zu sensibilisieren und dadurch zu erreichen, dass die Klimafolgen abgemildert werden", erklärt Klimamanagerin Saskia Gall-Röhrig.

Schottergärten: Schlecht für das Mikroklima

Das Problem an Schottergärten sind nicht unbedingt die Steine, sondern die Folie, die meist darunter liegt. Die Umgebungsluft heizt sich dadurch auf und Wasser kann nicht versickern. Bei der Flutkatastrophe 2021 etwa war der Kreis Euskirchen neben dem Ahrtal besonders stark betroffen. "Dementsprechend ist es sehr wichtig, diese Versiegelungen zurückzubauen, um das Mikroklima zu verbessern und auf Fluten und Hitzewellen, die uns ja in Zukunft häufiger begleiten werden, vorbereitet zu sein", so Gall-Röhrig.

Ein weiteres Problem sei, erklärt Gärtner Heiko Hanisch, dass Tiere und Pflanzen keinen Lebensraum haben und die Biodiversität leide: "Selbst wenn ein kleines Beet von ein bis zwei Quadratmetern mit Steinen voll ist, ist da nichts, es ist grau, es heizt sich auf. Wenn das Ganze dann mit Stauden bepflanzt ist, da sieht man schon bei der Pflanzung, da ist sofort Leben drin."

Steingarten-Verbote unterschiedlich je nach Bundesland

Viele weitere Gemeinden haben den Steingärten auf ähnliche Art den Kampf angesagt. In einigen Fällen gibt es einen Zuschuss zu den Kosten der Entsiegelung bis hin zur kompletten Kostenübernahme wie im Kreis Euskirchen. Dort wird das Projekt durch EU-Fördermittel finanziert, die speziell für Maßnahmen zur Klimaanpassung vorgesehen sind. Vielen Kommunen fehlt jedoch bei steigenden Kosten und knappen Haushaltskassen das Geld für solche Projekte, kritisiert etwa der Deutsche Städte- und Gemeindebund.

Neben Nordrhein-Westfalen sind Schottergärten in einigen weiteren Bundesländern wie etwa Hessen, Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen inzwischen verboten, in manchen gilt aber auch ein Bestandsschutz, zum Beispiel in Bayern. In manchen Ländern sind die einzelnen Kommunen zuständig.

Der Schottergarten von Marion Beyer in Zülpich ist der erste von insgesamt 14, die im Kreis Euskirchen in den nächsten Wochen in naturnahe Gärten umgewandelt werden. Das Budget würde jedoch noch für viele weitere reichen. Bisher haben sich schlicht noch nicht genug Anwohner beworben, so Klimamanagerin Gall-Röhrig.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die Lokalzeit aus Bonn im WDR Fernsehen am 16. Oktober 2024 um 19:30 Uhr.