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Chialo zu Scholz-Äußerung "Herabwürdigend und verletzend"
Kanzler Scholz hat Berlins Kultursenator Chialo als "Hofnarr" bezeichnet. Die Union reagiert empört und fordert Konsequenzen. Nun meldet sich Chialo zu Wort: Die Äußerung sei "herabwürdigend" gewesen, ein Rassist sei Scholz aber nicht.
Auf einer privaten Feier bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz den Berliner Kultursenator Joe Chialo als "Hofnarr". Einen Tag nach Bekanntwerden der Äußerung hat sich Chialo zu Wort gemeldet. Er empfinde die Äußerungen als "herabwürdigend und verletzend". Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf eine schriftliche Mitteilung des CDU-Politikers. Nach einem Telefonat mit dem Kanzler sei die Angelegenheit für ihn nun aber erledigt, sagte Chialo.
Während der Geburtstagsfeier am 2. Februar sei Scholz zu einer Gesprächsrunde mit ihm dazugestoßen, sagte Chialo, der Wurzeln in Tansania hat. "Im Laufe der Diskussion zum Thema Migration und zu den Abstimmungen im Bundestag fielen hinsichtlich meiner Rolle in der CDU die Begriffe 'Hofnarr' und 'Feigenblatt'", sagte der Kultursenator. "Diese Worte haben mich tief getroffen."
"Halte Scholz nicht für einen Rassisten"
Der Kanzler habe ihn nach Bekanntwerden des Vorfalls angerufen, sagte der CDU-Politiker. "Er bedauerte in unserem Gespräch, dass seine Aussagen als rassistisch verstanden wurden und erklärte, dass er das nicht beabsichtigt habe. Ich habe seine Sichtweise zur Kenntnis genommen", sagte Chialo. "Im Übrigen halte ich Olaf Scholz nicht für einen Rassisten. Daran, dass seine Worte herabwürdigend und verletzend waren, ändert dies jedoch nichts."
Chialo selbst hatte zunächst nichts zu dem Vorgang gesagt. Nach sorgfältiger Abwägung und aufgrund des öffentlichen Interesses habe er sich nun entschlossen, sich doch in dieser Angelegenheit zu äußern, so der Politiker in seiner Mitteilung.
Diese nutzte er zudem für einen Appell: "Wir alle stehen derzeit unter großem Druck", ergänzte er offensichtlich mit Blick auf den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 23. Februar. "Umso wichtiger ist es, dass wir in dieser aufgeheizten Situation mit Bedacht und Anstand miteinander umgehen. Ich hoffe, dass wir zu einem fairen und sachlichen Austausch zurückfinden. Für mich ist diese Angelegenheit damit abgeschlossen."
Scholz: Vorwurf mache ihn "persönlich betroffen"
Scholz hatte nach der Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts des Focus zugegeben, den Begriff "Hofnarr" in Bezug auf Chialo genutzt zu haben. Von CDU-Seite wurde ihm Rassismus gegen den schwarzen Kultursenator vorgeworfen, was Scholz und die SPD strikt zurückwiesen. Der von ihm verwandte Begriff sei "im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert", wurde der Kanzler in einer Mitteilung des SPD-Parteivorstands zitiert. "Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert", sagte Scholz weiter.
Dem Spiegel sagte der Spitzenkandidat der SPD, er sei "aus allen Wolken gefallen", als er die Berichterstattung gesehen habe. "Alles kann man mir vorwerfen, aber ganz sicher nicht, dass ich ein Rassist bin." Er habe das Wort "Hofnarr" schon häufiger benutzt "und auch gegenüber Anderen". Nie habe er die "Hofnarr"-Äußerung in Verbindung mit Chialos Hautfarbe gebracht, so Scholz. Der Vorwurf mache ihn "persönlich sehr betroffen". Er schätze Chialo und bedauere es, wenn dieser die Aussage auf sich bezogen habe. "Nur gesagt habe ich das, was da gemeldet worden ist, eben nicht."
Äußerung von Scholz fiel auf privater Feier
In dem Bericht des Focus schreibt dessen Chefredakteur Georg Meck über eine private Feier des Unternehmers und ehemaligen FDP-Bundesschatzmeisters Harald Christ in Berlin, bei der Meck selbst anwesend gewesen sei. Dabei soll es den Dialog gegeben haben, in dem Scholz Chialo in einer Debatte über die umstrittene Abstimmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit der AfD im Bundestag als einen "Hofnarr" der CDU bezeichnet haben soll.
Der Kanzler beauftragte den Medienanwalt Christian Schertz damit, rechtliche Schritte gegen das Magazin einzuleiten, dessen Formulierung den Eindruck einer rassistischen Beleidigung hatte aufkommen lassen.
Chefredakteur des Focus hält an Darstellung fest
Der Gastgeber der Feier, Christ, wies in einem Text auf der Plattform X darauf hin, dass er bei dem Dialog nicht zugegen gewesen sei. "Ich kenne Olaf Scholz aber lange und gut genug, um zu sagen: Es ist absurd, den Bundeskanzler in die Ecke eines Rassisten zu rücken", schrieb er. Ohnehin sei Grundlage der Gespräche an dem Abend Vertraulichkeit gewesen, sagte er zu der Berichterstattung.
Der Focus-Chefredakteur hielt dagegen in Welt-TV an seiner Darstellung fest. Chialo habe in der Unterhaltung auf der Feier angemerkt, er sitze ja im Bundesvorstand der CDU und sei ganz offensichtlich kein "alter weißer Mann". "Und darauf fiel eben dieser Satz: 'Ja, jede Partei hat einen Hofnarren' von dem Bundeskanzler", berichtete Meck. Chialo sei bestürzt und sprachlos gewesen.
Union reagiert empört auf Scholz-Äußerung
Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, sowie weitere CDU-Politiker reagierten empört auf den Bericht des Focus. Er sei "wirklich sprachlos" gewesen, als er von dem Vorfall gehört habe, sagte Merz am Rande eines Wahlkampftermins in Neubrandenburg. Zuvor hatten mehrere CDU-Politiker den Bericht in den sozialen Medien geteilt oder auf diesen Bezug genommen.
Merz kritisierte, dass Scholz offenbar Respekt immer nur für sich selbst beanspruche. Er erwarte von dem Bundeskanzler nicht mehr viel, sagte er auf die Frage, ob er eine Entschuldigung fordere. "Das muss er selbst entscheiden. Mir fehlen die Worte", fügte der CDU-Politiker hinzu. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der Bild-Zeitung, Scholz verliere die Kontrolle. Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, forderte den Kanzler sogar zum Rücktritt auf.
SPD: Inszenierte, gezielte Kampagne
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wiederum sprach von einer offenbar von der CDU inszenierten gezielten Kampagne. "Die Partei, deren Vorsitzender Menschen als 'kleine Paschas' und 'Sozialtouristen' diffamiert, sollte sich mit unhaltbaren Anschuldigungen gegen Olaf Scholz zurückhalten", teilte er mit.
Medienanwalt Schertz verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass Focus online bereits vor einigen Wochen einen Bericht zurückziehen und sich entschuldigen musste, in dem behauptet worden war, dass die SPD eine Kampagne von "Frauen gegen Merz" initiiert habe.