
Baden-Württemberg Atomuhren vom Bodensee sind Ostermontag ins All gestartet
Die wohl genauste Zeit im All messen künftig zwei Atomuhren vom Bodensee. Das "Atomic Clock Ensemble in Space" (ACES) von Airbus startete am Montag zur ISS.
Immenstaad am Bodensee ist nicht nur ein malerischer Ort am Wasser – hier wurde auch ein technisches Präzisionsgerät für die Zeitmessung in der Raumfahrt gebaut. Das "Atomic Clock Ensemble in Space", kurz ACES, misst künftig wohl die genaueste Uhrzeit im Weltall. Gebaut von Airbus in Immenstaad am Bodensee, ist das Atomuhr-System am Ostermontag laut ESA mit einer Space-X-Rakete zur Internationalen Raumstation ISS gestartet.
Einmal angekommen, wird das Gerät, in dem zwei Uhren verbaut sind, in rund 400 Kilometern Entfernung zur Erde außen an der ISS montiert. Von dort aus soll ACES über 30 Monate lang die Zeit messen - und das mit einer bisher unerreichten Genauigkeit: nur eine Sekunde Abweichung in 300 Millionen Jahren.
Mit den Atomuhren soll die Relativitätstheorie im All getestet werden
Ziel der Mission ist es, fundamentale Fragen der Physik zu testen, sagt die Europäische Weltraumorganisation (ESA) - insbesondere Einsteins Relativitätstheorie. Die besagt: Zeit vergeht, je nach Schwerkraft, unterschiedlich schnell. Auf einem Berg beispielsweise tickt eine Uhr etwas schneller als auf Meereshöhe. ACES soll nun Einsteins Annahme prüfen und herausfinden, ob die Zeit im All tatsächlich schneller vergeht als auf der Erde. Dafür wird die Messung der Atomuhren im Weltraum mit der an neun Bodenstationen auf der ganzen Welt verglichen.
Herzstück des ACES-Systems sind zwei ultragenaue Uhrsysteme, die im All unter Bedingungen der Schwerelosigkeit betrieben werden können. Das ermöglicht nicht nur eine besonders stabile Zeitmessung, sondern auch eine kompaktere Bauweise. Die Atome innerhalb der Uhren können im schwerelosen Raum langsamer fliegen - und benötigen so weniger Platz. Während die Atomuhr im All deshalb nur etwa kühlschrankgroß ist, füllt sie auf der Erde einen ganzen Raum in der Pariser Sternwarte.
In ACES-Atomuhren stecken fast drei Jahrzehnte Entwicklungszeit
"Wir sind begeistert von den Möglichkeiten, die das von ACES errichtete Uhrennetzwerk für die physikalische Grundlagenforschung und die globale Zeitmessung bieten wird", sagt Luigi Cacciapuoti, verantwortlicher Projektwissenschaftler bei der ESA. Langfristig könnten die Erkenntnisse sogar helfen, die Sekunde - also die offizielle Maßeinheit der Zeit - neu zu definieren.
Das Team stand vor vielen Herausforderungen und musste clevere Lösungen finden. Thomas Peignier, leitender Ingenieur von ACES
Im vergangenen Jahr wurde ACES im Airbus-Werk in Immenstaad am Bodensee zusammengebaut und getestet. Ein Mammutprojekt, das fast drei Jahrzehnte in der Entwicklung war. "ACES ist ein hochsensibler Apparat, der aus komplizierten und miteinander verbundenen Teilsystemen besteht, die harmonisch zusammenarbeiten müssen", erklärt Thomas Peignier, leitender Ingenieur des Projekts. "Das Team stand vor vielen Herausforderungen und musste clevere Lösungen finden." Gesteuert wird das Experiment von einem Kontrollzentrum bei München sowie aus dem französischen Toulouse.
Sendung am Sa., 19.4.2025 11:30 Uhr, SWR4 BW Studio Friedrichshafen