BW-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und BW-Innenminister Thomas Strobl (CDU) sitzen im Landtag bei einer Debatte auf der Regierungsbank. (Symbolbild)

Baden-Württemberg Bundestagswahl 2025: Bleibt Grün-Schwarz in Baden-Württemberg stabil?

Stand: 08.02.2025 05:37 Uhr

Nach der Bundestags- ist vor der Landtagswahl: Warum die Grünen in BW insgeheim auf eine Bundesregierung aus Union und SPD hoffen und was das für Grün-Schwarz im Land heißt.

Verlässlich, vertrauensvoll und stabil soll die Zusammenarbeit zwischen Grünen und CDU in Baden-Württemberg bleiben. Immer wieder beteuern die Spitzen der Koalition, gefragt und ungefragt: Egal, wie laut das Getöse in Berlin ist, Grün-Schwarz will weiter zusammenhalten. Aber wie realistisch ist das - gut ein Jahr vor der Landtagswahl? Die Antwort hat viel mit Friedrich Merz und Cem Özdemir zu tun.

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl steht die Frage im Raum: Sollten die BW-Grünen eigentlich hoffen, dass es in Berlin doch noch Schwarz-Grün gibt? Offiziell heißt es, es sei immer besser zu regieren, als in der Opposition zu landen - auch wenn die Grünen sich dann mit CDU-Chef Merz und Markus Söder (CSU) arrangieren müssten.

Doch manche grüne Parteistrategen in BW setzen - anders als Robert Habeck - insgeheim darauf, dass es dazu gar nicht kommt. Warum? Weil nach Ende des Bundestagswahlkampfs der Landtagswahlkampf beginnt. Und es leichter sein dürfte, sich von einer Bundesregierung abzusetzen, in der keine eigenen Leute sitzen.

Landtagswahl 2026: Grüne in BW müssen bald Aufholjagd starten

Tatsache ist: Die Grünen in Baden-Württemberg müssen bald eine Aufholjagd starten, um bis zur Landtagswahl im Frühjahr 2026 an der CDU vorbeiziehen zu können. Laut jüngsten Umfragen liegt die Partei um ihren designierten Spitzenkandidaten Cem Özdemir elf Prozentpunkte hinter der Union. Und das, obwohl noch der relativ beliebte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) regiert. Alle grünen Hoffnungen liegen auf Özdemir (59), der momentan als Bundesminister für Landwirtschaft und Wissenschaft versucht, die Scherben der zerbrochenen Ampel aufzuräumen.

Doch wenn die Umfragen weiter so bleiben, die Union mit Merz die Wahl gewinnt und - was die meisten Experten für wahrscheinlich halten - eine Koalition mit der SPD eingeht, sitzen die Grünen mit der AfD in der Opposition. Und Özdemir ist Privatier. Während die Strategen in der CDU Baden-Württemberg über die Aussicht eines landespolitischen Außenseiters Özdemir schmunzeln, wird das bei den Grünen als Chance begriffen. Özdemir könne dann frei aufspielen und brauche keine Rücksicht mehr auf eine Berliner Koalition nehmen.

CDU in der Regierung: Kann Merz seine Versprechen einlösen?

Merz wiederum müsste dann zeigen, was seine Versprechen wert sind und wie er die Steuern senken und zugleich mehr in Kommunen, Infrastruktur und Bundeswehr investieren will, ohne die Schuldenbremse anzutasten. Die grüne Botschaft: Auch ein Kanzler Merz werde nicht zaubern können - schon gar nicht in der Migrationspolitik, bei der er sich mit seinen Verschärfungsplänen nicht einfach über EU-Recht hinwegsetzen könne.

Und: Es werde spannend zu verfolgen, wie eine schwarz-rote Koalition die Energiepolitik und die ökologische Transformation der Wirtschaft angehe. Die Hoffnung der Grünen ist klar: Merz produziert Enttäuschungen, gerät unter Druck und mit ihm Manuel Hagel, der die CDU Baden-Württemberg sehr wahrscheinlich in die Landtagswahl führen wird.

Grün-Schwarz muss mit Wirtschaftskrise im Autoland umgehen

Aber wie ist die Lage in Baden-Württemberg? Tatsächlich haben Grüne und CDU die großen landespolitischen Brocken dieser Wahlperiode aus dem Weg geräumt. Potenzielle Streitthemen wie der Haushalt für dieses und das nächste Jahr sind beigelegt, ebenso die Schulreform mit der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Zwar gibt es immer Hintergrund-Hakeleien, etwa über die Klimapolitik und das Gleichbehandlungsgesetz. Doch in den Grundfesten kann das die Koalition wohl nicht erschüttern.

Kretschmann geht davon aus, dass sein letztes Jahr im Amt eines der schwierigsten werden könnte - wegen der Wirtschaftskrise, die vor allem das Autoland Baden-Württemberg treffen dürfte. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf rechnet damit, dass die Autoindustrie in Baden-Württemberg in diesem Jahr 40.000 Jobs verlieren wird. Und somit müssen Grüne und CDU sich wohl oder übel in Krisenmanagement üben. Ständige Streitereien wie in der Ampel dürften da nicht gut ankommen.

Özdemirs Dilemma vor der Landtagswahl 2026

Das heißt aber auch für Cem Özdemir, dass er es schwer haben dürfte, sich landespolitisch zu profilieren. Kritisiert er die bescheidene Bilanz der Regierung etwa beim Klimaschutz, kritisiert er auch Kretschmann und Co.. Frank Brettschneider, Politik- und Kommunikationswissenschaftler an der Universität Stuttgart-Hohenheim, sieht das als Dilemma. Ständig nur Bundesthemen zu bespielen, sei wenig erfolgversprechend, meint er.

Überhaupt hält er die grüne Ausgangsposition für die Landtagswahl für nicht besonders gut. "Dass die Grünen an die 30 Prozent herankommen, halte ich für unwahrscheinlich." Der Özdemir-Bonus werde eher klein sein, vielleicht zwei bis drei Prozentpunkte. Doch von Kretschmanns Stärke, der die Grünen 2021 auf das Rekordergebnis von 32,6 Prozent hochzog, sei Özdemir weit entfernt. Zwar sei sein wahrscheinlicher Konkurrent Manuel Hagel von der CDU (36) deutlich unbekannter und unerfahrener, könne aber immer sagen: "Özdemir ist der Import aus Berlin, ich bin von der Schwäbischen Alb. Er bringt die Erfahrung aus der Ampel im Bund mit, ich die Erfahrung aus der grün-schwarzen Koalition im Land."

CDU im Landtagswahlkampf: Kann Hagel gelassen bleiben?

Hagel wird aus Sicht von Brettschneider weiter versuchen, mit den guten Umfragewerten im Rücken Gelassenheit auszustrahlen. Das werde dann auf die Probe gestellt, wenn Friedrich Merz als Kanzler Fehler mache. Dann werde es darauf ankommen, "wie stark sich Hagel provozieren lässt".

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