
Baden-Württemberg BW-SPD will bei Verteilung der Milliarden mitreden und lädt zu Spitzengespräch ein
Schon bald dürfte Baden-Württemberg eine Milliarde Euro pro Jahr aus dem Sondervermögen des Bundes bekommen. Wofür das Geld genau eingesetzt werden soll? Die SPD will mitbestimmen.
In Berlin dürfte sie demnächst mit der Union in der Regierung sitzen, in Stuttgart drückt die SPD die Oppositionsbank. Und trotzdem möchten die Sozialdemokraten in BW ein gewichtiges Wörtchen mitreden, wenn es darum geht, die Gelder aus dem milliardenschweren Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur zu verteilen. Die Länder sollen 100 Milliarden Euro über zwölf Jahre hinweg bekommen. Das würde für BW bedeuten, dass es gut eine Milliarde Euro pro Jahre erhielte.
Stoch macht Druck und lädt zu Spitzengespräch Mitte April
SPD-Partei- und -Fraktionschef Andreas Stoch hat die Spitzen der grün-schwarzen Koalition und FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke zu einem parteiübergreifenden Spitzengespräch eingeladen. Dabei soll es um eine "Zukunftsoffensive BW" gehen. "Wir sind der Auffassung, dass die anstehenden Herausforderungen so groß sind, dass wir sie nur gemeinsam lösen können", schreibt Stoch in einem Brief, der dem SWR vorliegt. "Daher laden wir Sie herzlich zu einem gemeinsamen Gespräch in der ersten Aprilhälfte ein, um ein abgestimmtes Vorgehen zu besprechen." Die AfD will Stoch nicht dabei haben.
Grün-Schwarz reagiert reserviert auf SPD-Vorschlag
Die Reaktionen aus dem Regierungslager sind äußerst zurückhaltend. Noch stehe gar nicht fest, wie viel Geld genau aus dem 100-Milliarden-Euro-Topf für die Länder nach Baden-Württemberg fließe, heißt es sowohl bei Grünen und CDU. Von daher komme die Initiative von Stoch zu früh.
FDP-Partei- und Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte dem SWR: "Gerne bin ich zu einem Gespräch über die Verwendung zusätzlicher - vom Bund zugeteilter - Finanzmittel bereit. Aber nicht dazu, neue zusätzliche Schuldenspielräume im Landeshaushalt zu nutzen." Rülke hatte kurz vor der Entscheidung des Bundesrats über die Lockerung der Schuldenbremse der Länder noch versucht, per Klage die Zustimmung von Baden-Württemberg über eine einstweilige Verfügung zu verhindern - vergeblich.
SPD verweist auf langfristige Laufzeit des Sondervermögens
Stoch sieht durch die Lockerung der Schuldenbremse der Länder und das Sondervermögen neue Möglichkeiten für BW, endlich verstärkt in Klimaschutz, Infrastruktur und Wirtschaft zu investieren. Es ergäben sich aber auch viele Fragen, die man miteinander besprechen sollte. "Hierbei ist unter anderem an eine Änderung der Landeshaushaltsordnung, einen möglichen Nachtragshaushalt, ein umfassendes Infrastrukturpaket oder auch die Beteiligung der Kommunen zu denken."
Der SPD-Landeschef argumentiert, die lange Laufzeit des Sondervermögens von zwölf Jahren müsse auch Folgen für die Art der politischen Planung haben. "Wir möchten verlässliche Programme für die Modernisierung unseres Landes schaffen, die von Dauer sind und Planbarkeit bieten." Die Vorgehensweise dürfe nicht von der jeweiligen Regierungskonstellation abhängen. In Baden-Württemberg ist in knapp einem Jahr Landtagswahl.
Grüne befürchten hohe Kosten durch Berliner Steuerpläne
In der grün-schwarzen Koalition heißt es, es gebe noch viele Fragezeichen bei der Umsetzung des Sondervermögens. So habe der Bund noch keine Bedingungen formuliert, wofür die Mittel eingesetzt werden sollen. Bei den Grünen wird zudem darauf hingewiesen, dass angesichts der Pläne der Union für Steuersenkungen noch nicht klar sei, ob bei den Ländern am Ende überhaupt Geld übrig bleibe.
Denn Steuererleichterungen müssten die Länder zur Hälfte mitfinanzieren. Allein die geplante Steuersenkung für die Gastronomie würde das Land und die Kommunen rund 500 Millionen Euro pro Jahr kosten, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kürzlich vorrechnete.
DGB will mit Geld aus Sondervermögen Jobs sichern
Kai Burmeister, BW-Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), gibt der SPD Rückendeckung. "Der Bundestag hat das Go gegeben für mehr öffentliche Investitionen." Der DGB unterstütze den Vorschlag der SPD-Fraktion, einen breiten Konsens darüber herzustellen, wo die Gelder am dringendsten gebraucht werden. "Die Sicherung von Arbeitsplätzen, der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft und Investitionen in Bildung müssen ganz oben auf der Agenda stehen."