Mit einem Transparent mit der Aufschrift: "Demokratie stärken - Kampf gegen Rechts!" demonstrieren Gegner der Partei AfD auf der Bildungsmesse Didacta vor dem Informationsstand der Partei.

Baden-Württemberg didacta gestartet: 100 Menschen protestieren am AfD-Stand

Stand: 11.02.2025 17:12 Uhr

Am Dienstag hat die Bildungsmesse didacta in Stuttgart eröffnet. Dass die AfD dort vertreten ist, hat bereits im Vorfeld massive Kritik ausgelöst. Nun kam es in der Halle zu den ersten Protesten.

Bei Europas größter Bildungsmesse didacta in Stuttgart hat es am Dienstag eine lautstarke Protestaktion am Stand der AfD gegeben. Eine Gruppe von rund 100 Personen stellte sich am Mittag direkt vor dem AfD-Stand in Halle 7 auf und sang minutenlang: "Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen den Faschismus hier im Land, haltet fest zusammen, haltet fest zusammen!"

Kurz vor der Bundestagswahl steht die Veranstaltung unter dem Leitthema "Demokratie braucht Bildung - Bildung braucht Demokratie". Es wird auch in Fachforen diskutiert, welche Auswirkungen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte haben.

AfD auf didacta: Kritik von Bildungsverbänden und Zentralrat der Juden

Unter den mehr als 700 Ausstellern sind erstmals politische Parteien. Gegen die Teilnahme der AfD gab es bereits im Vorfeld Proteste von Lehrer- und Bildungsverbänden sowie Schüler- und Elternvertretern. Auch christliche Hilfsorganisationen und der Zentralrat der Juden kritisierten, dass sich eine in Teilen rechtsextremistische Partei auf der didacta präsentiert. In Halle 7 waren zudem die CDU, die Grünen, die FDP, die Linke und Volt vertreten.

Rund 100 Protestierende verdeckten für rund 20 Minuten den Stand der AfD. Danach zog die Protestgruppe weiter. Mitorganisatorin Dorothee Berres von "Teachers for Future" sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es handelt sich um eine Graswurzelbewegung, die sich aus Ausstellern gebildet hat." Damit wolle man gegen die Entscheidung der Veranstalter protestieren, den Stand der AfD zuzulassen. Auch die Bildungsgewerkschaft GEW und Greenpeace seien an der Aktion beteiligt. Die Aktion soll in den nächsten Tagen wiederholt werden. 

Schopper: Lehrkräfte müssen für Demokratie einstehen

Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) appellierte am Dienstag erneut, der AfD nicht zu viel Aufmerksamkeit zu geben. Stattdessen soll die Messe neue Impulse geben. Die wirksamste Form der Immunisierung gegen Hass und Hetze sei Wissen, sagte sie. Viele Lehrkräfte seien verunsichert, was sie dürfen und was nicht. Unterricht müsse politisch ausgewogen sein, es dürfe aber keine falsche Neutralität geben, mahnte Schopper. Lehrkräfte müssten in Zeiten von Fake News und Polarisierung für Demokratie einstehen. Wenn das, was im "Portfolio" der AfD gefordert werde, um sich greife, "dann gute Nacht!", so Schopper. Der in Teilen rechtsextremen Partei gehe es etwa darum, im Geschichtsunterricht die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu reduzieren.

Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte in einem Video-Grußwort bei der Eröffnungsfeier in der Messe Stuttgart: "Es geht darum, ob wir den Gegnern der Demokratie die Stirn bieten oder uns von ihnen ausbooten lassen."

AfD: Protestierende wollen andere Meinungen unterdrücken

Die AfD ist nach eigenen Angaben mit ihrem Stand auf der Messe vertreten, um "Anregungen für unsere weitere Bildungsarbeit mitzunehmen", heißt es in der Stellungnahme. Dass der Wahlkampf zur Bundestagswahl im Vordergrund stehe, verneint die Partei. Das ergebe sich schon daraus, dass zum Zeitpunkt der Meldung ein Vorziehen der Bundestagswahl noch nicht definitiv bekannt gewesen sei, so Hans-Peter Hörner, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Balingen und Mitglied des AfD-Landesvorstands.

Der Co-Landesvorsitzende der AfD, Emil Sänze, sagte am Dienstag, Protest gehöre in unsere Gesellschaft. Doch die Protestierenden sollten seiner Meinung nach die Bedeutung des Faschismus erst einmal kennenlernen: Sie hätten sich schließlich zusammengerottet zu einem Bund, der andere Meinungen unterdrückt, so der Landtagsabgeordnete.

Messe verweist auf Neutralitätspflicht

Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD Baden-Württemberg als rechtsextremistischen Verdachtsfall. In einigen anderen Bundesländern gilt die AfD nach der Einstufung der jeweiligen Verfassungsschutzämter als gesichert rechtsextrem.

Die Messe Stuttgart und der didacta-Verband hatten nach der Kritik erklärt, es gebe in den Statuten keine rechtliche Handhabe für einen Ausschluss der AfD von der Bildungsmesse. Zudem gelte die Neutralitätspflicht gegenüber allen Ausstellerinnen und Ausstellern. Nach Angaben der Messe Stuttgart sehen die Zulassungskriterien der didacta auch politische Institutionen als Aussteller vor. Auf die Forderung, die Zulassungsbedingungen zu überprüfen, hat die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) zurückhaltend reagiert. Auch Messen seien keine politikfreien Zonen, sagte sie dem SWR.

Das thematische Spektrum der Messe reicht von der Bildungsreform über die Personalgewinnung an Schulen und Kitas bis zu großen und kleinen digitalen Revolutionen im Klassenzimmer. Auf der Ausstellungsfläche des Kultusministeriums soll das "Gläserne Klassenzimmer" einen Einblick in den digitalen Schulalltag gewähren und innovative didaktische Konzepte vorstellen. Im Laufe der Messe seien zahlreiche Schulklassen mit ihren Lehrkräften im Glaskubus zu Besuch. Weitere Schwerpunkte in diesem Jahr sind KI und Digitalisierung, Ganztagesbetreuung und Bildung für nachhaltige Entwicklung. 

Sendung am Di., 11.2.2025 7:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

Mehr zur AfD in Baden-Württemberg