
Baden-Württemberg Die Macht der Kleinparteien: Nicht im Bundestag, aber trotzdem wichtig
Sie haben weniger Mitglieder und sitzen nicht in Parlamenten. Dennoch haben auch sehr kleine Parteien Macht. Ein Experte erklärt warum.
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar stehen in Baden-Württemberg insgesamt 16 Parteien und politische Vereinigungen auf dem Wahlzettel. Das hat der Landeswahlausschuss entschieden. Sechs Bewerber wurden nicht zugelassen.
Kleine Parteien laufen unter "Sonstigen"
Auf der Liste können neben den fünf Parteien, die als Fraktion im baden-württembergischen Landtag vertreten sind, auch viele Klein- und Kleinstparteien angekreuzt werden. Gewählt werden können sie mit der Zweitstimme.
Generell teilen Experten Parteien grob in drei Kategorien ein: Großparteien, Kleinparteien und Kleinstparteien. "Während die Kleinparteien zwischen fünf und zehn Prozent liegen und den Sprung in mindestens ein Parlament geschafft haben, haben die Kleinstparteien so gut wie keine Chance, ins Parlament einzuziehen", sagt der Politikwissenschaftler Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim. In Umfragen oder Hochrechnungen werden die Ergebnisse aller Parteien, die unter der Fünf-Prozent-Hürde landen, unter "Sonstige" zusammengefasst.
Ein-Themen-Parteien können größeren Parteien Stimmen abjagen
Es gibt populäre Kleinparteien wie VOLT zum Beispiel, die sich selbst als paneuropäisch bezeichnen und bei der Europawahl, aber auch bei der Kommunalwahl in Baden-Württemberg 2024 Erfolge erzielen konnten. Bekannter sind auch etwa die ÖDP, die PARTEI oder die Tierschutzpartei. "Oft sind es Ein-Themen-Parteien und die sind manchmal so was wie ein Überdruckventil", sagt Brettschneider.
Als Beispiel nennt er die Klimaliste, die Grünen-Wählerinnen und -Wähler gegründet haben, weil sie mit der Klimaschutz-Politik der Grünen unzufrieden gewesen seien. "Auf die Partei, aus der sie ursprünglich kommen, übt das dann einen gewissen Druck aus. Sie muss einkalkulieren, dass sie ein paar Prozentpunkte verlieren könnte." Also werde versucht, die Unzufriedenen und deren Forderungen mehr einzubinden, so Brettschneider.
Politisch blieben Parteien, die vor allem auf ein Thema setzten, allerdings irrelevant - "zumindest in den Parlamenten", so Brettschneider. Aber auch wenn immer nur ein Thema gepuscht werde, gewinne die Partei vielleicht im Wahlkampf öffentliche Aufmerksamkeit.
Auch Kleinstparteien erhalten staatliche Zuschüsse
Aufmerksamkeit lohnt sich für Parteien, die weit unter der Fünf-Prozent-Hürde landen. Denn wer bei einer Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswahl ein Prozent der gütigen Zweitstimmen erhält, hat Anspruch auf eine staatliche Teilfinanzierung. Für jede Wahlkampfstimme und jeden Euro Mitgliedsbeitrag gibt es Geld. Das ist in Artikel 18 des Parteiengesetzes geregelt.
So gab es im Jahr 2023 etwa für die ersten vier Millionen Stimmen, die auf eine Partei entfielen, jeweils 1,13 Euro. Für jede weitere Stimme gab es 93 Cent. Die Summe, die der Staat zahlt, wird jedes Jahr der Preisentwicklung angepasst.
"Sonstige" beeinflussen die Regierungsbildung
Auch wenn sich jede kleine Partei über ein gutes Abschneiden freut, generell gilt: je größer das Ergebnis der "Sonstigen" ausfällt, desto mehr Wählerinnen und Wähler sind im Bundestag nicht repräsentiert. Für eine Regierungsbildung wiederum bedeutet ein hohes Ergebnis der Sonstigen, dass die nötige absolute Mehrheit sinkt. Die Parteien, die eine Koalition bilden wollten, freuten sich denn auch am Wahlabend über ein gutes Abschneiden der "Sonstigen", sagt Brettschneider.
"Angenommen in den neuen Bundestag kämen weder die FDP noch die Linke, dann lägen die 'Sonstigen' bei deutlich über zehn Prozent. Dann könnte es sein, dass man mit weniger als 45 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit erreichen kann. Das könnte eine Zweier-Koalition vielleicht schaffen." Aber es hängt eben davon ab, wie hoch der Anteil der Parteien zusammen ist, die den Sprung ins Parlament nicht schaffen.