Ein personalloser Laden der Kette "Tante-M" von innen.

Baden-Württemberg Erlaubt oder nicht? Diskussion um digitale Supermärkte in Baden-Württemberg

Stand: 22.06.2025 05:18 Uhr

Schon länger wird darüber diskutiert, ob digitale 24/7 Supermärkte in BW erlaubt sind oder nicht. In einem Landesgesetz für Öffnungszeiten werden sie noch immer nicht erwähnt.

Von Hannes Köhle

Am Sonntag noch Eier oder Milch kaufen oder spät am Abend noch Getränke besorgen: An immer mehr Stellen in Baden-Württemberg machen das digitale Supermärkte möglich. Sie haben sieben Tage lang rund um die Uhr geöffnet und kommen ohne Personal aus. Abkassieren muss die Kundschaft selbst. Das Problem: Im Ladenöffnungsgesetz von Baden-Württemberg steht: Verkaufsstellen müssen an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben.

Supermarktbetreiber: "Grauzone muss dringend geregelt werden"

Christian Maresch ist Gründer einer digitalen Supermarktkette mit Sitz in Bad Urach (Kreis Reutlingen) und sagt: "Die Läden werden gerade in einer Grauzone betrieben, die dringend geregelt werden muss." Vor allem im ländlichen Raum füllen die digitalen Supermärkte eine Versorgungslücke. "Das verstaubte Ladenöffnungsgesetz stammt aus den 70er Jahren. Da gab es diese Möglichkeiten noch nicht." Er fügt hinzu: "Das wäre wie, wenn wir im Telekommunikationsgesetz kein Internet aufnehmen würden. Das ist nicht mehr zeitgemäß."

Seit mehr als drei Jahren sei er mit der Landespolitik in Kontakt. Er findet es "peinlich", dass die Politik so lange brauchen würde. Kommunalpolitiker hätten laut Maresch schon längst begriffen, dass solche Märkte für die Menschen wichtig sind.

"Unser Ansatz war, die Nahversorgung in ländlichen Gebieten wieder attraktiv und wirtschaftlich zu machen", so Maresch. Damit sich die Märkte rechnen, seien lange Öffnungszeiten und auch Sonn- und Feiertage wichtig. "Die Tage sind ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Am Sonntag wird mehr eingekauft als an einem Montag", sagt Maresch, "Sonn- und Feiertag und das 24-Stunden-Shopping sind kein Nice-to-have, sondern ein Must-have, damit das unter der Woche auch funktioniert."

Autonome Supermärkte - das ist der Stand der Technik

SWR-Experte: Rechtslage in BW nicht eindeutig

Laut Jasper Nebel aus der SWR-Rechtsredaktion ist die Rechtslage in Baden-Württemberg derzeit nicht eindeutig. Nach den Regeln des Ladenöffnungsgesetzes von Baden-Württemberg dürften Verkaufsstellen, also insbesondere Supermärkte, nicht an Sonn- und Feiertagen öffnen. Da digitale Supermärkte ein relativ neues Phänomen in Baden-Württemberg sind, sei bisher aber noch nicht geklärt, ob sich auch deren Betreiberinnen und Betreiber an diese Regeln halten müssen. "Die Betreiber bewegen sich bisher in einer rechtlichen Grauzone", sagt Nebel.

Das zuständige Wirtschaftsministerium erklärt auf SWR-Anfrage, das Thema sei "komplex" und "eine überwiegende Anzahl an Gründen spricht dafür, dass automatisierte Verkaufsstellen dem Ladenöffnungsgesetz und somit der Sonntagsschließung unterliegen". Das Ministerium sei mit Vertretern von Kirche und Wirtschaft im Austausch. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz erklärte vergangene Woche der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart: "Wir wollen eine sichere Rechtsgrundlage für digital organisierte Klein-Supermärkte ohne Personal schaffen, sodass sie rund um die Uhr - auch am Sonntag - geöffnet haben können."

Digitale Supermärkte: Kommunen warten auf Vorgaben von der Politik

Städte und Gemeinden sind für die Genehmigungen solcher digitalen Supermärkte zuständig. Auch die Stadt Stuttgart erklärt auf SWR-Anfrage, es ist "noch nicht eindeutig geklärt", ob die digitalen Supermärkte unter das Ladenöffnungsgesetz fallen. Daher treffe es nicht zu, dass die Behörden die Öffnungen "dulden". Dies würde voraussetzen, dass die Behörden davon ausgehen, dass das Ladenöffnungsgesetz anwendbar ist und "dies ist, wie geschrieben, noch nicht geklärt." Zuständig sei dafür das Wirtschaftsministerium.

In Hessen gibt es bereits ein Gesetz für digitale Supermärkte

In Hessen hatte 2023 ein Gerichtsbeschluss für Klarheit gesorgt, erklärt Jasper Nebel aus der SWR-Rechtsredaktion. "Die Richterinnen und Richter haben entschieden: Auch digitale Supermärkte müssen sich an das Sonn- und Feiertagsverbot halten." Solche Verkaufsstellen seien insbesondere an Sonn- und Feiertagen besonders beliebt und würden daher Verkehr und Lärm verursachen. Eine Ausnahme - wie etwa für Tankstellen - gelte für digitale Supermärkte nicht. Dem Beschluss nach ist aber der Gesetzgeber in Hessen tätig geworden und hat das Ladenöffnungsgesetz reformiert. "Dort sieht das Gesetz inzwischen Ausnahmen für digitale Supermärkte vor", sagt Nebel, "sie dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Solche Regelungen plant auch Bayern."

Für digitale Supermärkte in Baden-Württemberg hat der Beschluss aus Hessen keine direkten Auswirkungen. Jedoch könnten hier die Gerichte ähnlich urteilen. Dann dürften auch die digitalen Supermärkte in Baden-Württemberg nicht mehr an Sonn- und Feiertagen öffnen. Um das zu verhindern, haben die Grünen im Landtag nun einen Gesetzentwurf fertiggestellt und wollen noch in diesem Sommer in der Koalition ein Gesetz verabschieden.

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