Prozessauftakt am Landgericht Heidelberg: Die Beschuldigte unterhält sich mit ihrem Verteidiger.

Baden-Württemberg Hat eine Mutter ihre Tochter absichtlich mit Keimen infiziert?

Stand: 22.04.2025 16:07 Uhr

Eine Mutter muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht Heidelberg verantworten. Sie soll mehrere Wochen lang ihrer Tochter im Krankenhaus absichtlich Keime gespritzt haben.

Weil sie ihre Tochter mit Keimen krank gemacht haben soll, muss sich eine inzwischen 26-jährige Mutter seit Dienstag vor dem Landgericht Heidelberg verantworten. Der Vorwurf: Misshandlung Schutzbefohlener und gefährliche Körperverletzung. Beim Prozessauftakt machte die 26-Jährige weder Angaben zur Sache noch zu ihrer Person. Die Staatsanwaltschaft will im Verfahren nach eigenen Angaben die Unterbringung der Frau in der Psychiatrie beantragen.

Im Sommer 2023 soll die Mutter ihrer damals dreijährigen Tochter immer wieder Keime mithilfe eines Venenzugangs gespritzt haben. Das Kind war zur Behandlung unter anderem im Uniklinikum Heidelberg. Die 26-Jährige wollte demnach bei ihrer Tochter Fieber hervorrufen, damit sie im Krankenhaus weiter behandelt wird. Nach Angaben eines Gerichtssprechers gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass das Kind bleibende Schäden davongetragen hat. Wie die Keime eingebracht worden sein könnten, wurde im Prozess zunächst nicht besprochen.

Mutter soll Tochter über Wochen misshandelt haben

Der Venenzugang lag bereits aufgrund einer früheren Behandlung. Die Mutter soll mehrfach durchgesetzt haben, dass jeweils ein neuer Zugang gelegt wurde, obwohl eine zwingende Indikation hierzu nicht mehr bestand, so das Landgericht Heidelberg. Das Mädchen litt mehrere Wochen an hohem Fieber und musste zahlreiche Untersuchungen über sich ergehen lassen, heißt es in der Anklage.

Das Mädchen ist jetzt in der Obhut des Vaters. Zusammen haben sie noch ein weiteres Kind. Die 26-Jährige habe alles für die beiden Kinder getan, sagte ihr Lebensgefährte im Prozess aus.

Teil des Tatvorwurfs: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom

Die Angeklagte und ihre Tochter wohnten in St. Leon-Rot (Rhein-Neckar-Kreis). Die Mutter leidet offenbar an einer Persönlichkeitsstörung, die laut Landgericht Heidelberg auch bereits von ärztlicher Seite diagnostiziert wurde. In dem aktuellen Fall soll es sich um das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom handeln, das auch Teil des Tatvorwurfs ist. Außerdem soll die 26-Jährige unter einer Opioid-Abhängigkeit leiden.

Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom
Beim Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom will die psychisch kranke Person einen anderen Menschen absichtlich krank machen oder krank erscheinen lassen, um selbst Aufmerksamkeit, Mitleid oder Anerkennung zu bekommen. Opfer sind häufig Kinder. Beim klassischen Münchhausen-Syndrom macht sich die Person selbst krank oder täuscht Krankheiten vor.

Das Landgericht Heidelberg hat insgesamt sechs Verhandlungstage für den Prozess angesetzt. Das Urteil wird voraussichtlich Anfang Juni erwartet.

Sendung am Di., 22.4.2025 8:30 Uhr, SWR4 BW Studio Mannheim