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Baden-Württemberg Herpes-Ausbruch im Rems-Murr-Kreis: Reiterverein bangt um seine Pferde
Im Reiterverein Waiblingen herrscht Ausnahmezustand: Der Stall steht unter Quarantäne, weil das Equine Herpesvirus ausgebrochen ist. Ein Pferd ist bereits daran gestorben.
Es ist ein "Alptraum", der noch lange nicht vorbei ist: Im Reiterverein Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) sind 21 Pferde am Equinen Herpesvirus (EHV-1) erkrankt, eines ist bereits an der Infektion gestorben. Der Reitstundenbetrieb ist bis auf Weiteres eingestellt. Wer seit dem 6. Februar auf die Anlage möchte, muss strenge Hygienemaßnahmen beachten.
"Es ist eine Katastrophe, aber der ganze Verein hält zusammen", beschreibt Steffi Maier die Situation. Die erste Vorsitzende des Reitervereins verbringt gerade täglich um die zehn Stunden im Stall und kümmert sich zusammen mit ihrem Team und den Vereinsmitgliedern um die vierbeinigen Patienten.
Pferde tragen Herpesvirus meist lebenslang in sich
Die meisten Pferde infizieren sich schon als Fohlen mit Herpes und tragen das Virus meist ein Leben lang in sich, ohne dass es zu einer Infektion kommt. Ein Faktor, der doch zu einem Ausbruch der Krankheit führen kann, ist Stress. Im Fall des Reitervereins Waiblingen sei es ein immunschwaches Pferd gewesen, das das Virus ausbrütete, so Steffi Maier. Trotz schneller Isolation und weiterer Vorsichtsmaßnahmen steckten sich weitere Pferde an, bekamen unter anderem Fieber.
Bei besonders schweren Verläufen kommt es zu neurologischen Ausfällen, unter anderem einer Art Lähmung der Hinterhand. Eines der erkrankten Pferde verlor genau deswegen am vergangenen Freitag den Kampf gegen das Virus. Es konnte selbst nicht mehr aufstehen. Zweieinhalb Stunden lang sei alles versucht worden, um es wieder aufzurichten, erzählt Steffi Maier mit bedrückter Stimme.
Das war prägend für uns alle. Wenn so ein großes Tier nicht mehr aufstehen kann, das ist eine Katastrophe. Steffi Maier, 1. Vorsitzende Reiterverein Waiblingen
Zu den erkrankten Tieren zählen auch die sieben Schulpferde, auf denen normalerweise Kinder und Jugendliche reiten lernen. Das trifft den Verein gleich doppelt hart. Zum einen legt das Virus den kompletten Betrieb lahm, zum anderen fallen hohe Tierarztkosten für die Behandlung der Pferde an.
Die Kosten sind laut Steffi Maier schwer absehbar: "Pro Schulpferd sind das mindestens 2.000 Euro Tierarztkosten plus die Ausfallkosten." Eine Summe, die für den Reiterverein Waiblingen schwer stemmbar sei. Deswegen gibt es jetzt eine Spendenaktion für die Schulpferde, bei der innerhalb kürzester Zeit schon mehrere tausend Euro zusammen gekommen sind.
Hygienemaßnahmen sollen Herpes-Ausbruch eindämmen
Für Steffi Maier ist es bereits der zweite Herpes-Ausbruch, den sie miterlebt. Vor zwei Jahren war ihr Pferd in einem anderen Stall selbst schwer betroffen, hatte Beschwerden mit der Atmung. "Es ist alles zum Glück wieder weggegangen", erzählt sie. Jetzt sei die Angst, dass auch ihr Pferd erneut erkranke, wieder da. "Aber da ich das schon mal mitgemacht habe, bin ich vielleicht etwas besser gewappnet als andere."
Um den Herpes-Ausbruch im Reiterverein Waiblingen in den Griff zu bekommen, gelten für Pferde und Menschen besondere Maßnahmen. Zwei Mal täglich wird bei allen Pferden Fieber gemessen. Nach den leicht erkrankten Pferde schauen die Vereinsmitglieder mindestens im zwei-Stunden-Rhythmus, um schnell erkennen zu können, wenn sich der Zustand verschlechtern sollte. Außerdem gilt für alle Pferde auf der Anlage: bloß kein Stress und keine Kontakte untereinander.
- Laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gibt es neun verschiedene Arten von Pferdeherpesviren, von denen fünf als Verursacher von Krankheitssymptomen bekannt sind.
- Das Virus überträgt sich über Tröpfcheninfektion. Menschen können nicht erkranken.
- In Waiblingen ist die Variante EHV-1 ausgebrochen. Symptome sind unter anderem Fieber, Husten und Nasenausfluss. Trächtige Stuten können ihre ungeborenen Fohlen verlieren. Bei schweren Verläufen können die Pferde laut Uni Leipzig eine Art Schlaganfall erleiden, der vor allem die Funktion der hinteren Gliedmaßen aber beispielsweise auch der Blase einschränkt.
- Pferde können gegen Herpes geimpft werden. Damit können sie zwar immer noch erkranken, allerdings können so meist schwere Verläufe verhindert werden. Außerdem scheiden Pferde im Falle einer Erkrankung weniger Viren aus. Dadurch wird das Risiko der Krankheitsübertragung gesenkt.
- Die Erkrankung ist weder melde- noch anzeigepflichtig.
Alle Menschen, die die Anlage betreten, müssen durch einen Infektionseimer laufen, erklärt Steffi Maier. "Jeder hat Handschuhe an, die ständig gewechselt werden." So emotional anstrengend diese Zeit für alle sei, so schön sei der Zusammenhalt. Jeder bringe morgens eine Butterbrezel oder etwas anderes mit. Gemeisam würden Listen gemacht, wer welche Wache übernimmt.
Ein Ende des Alptraums sei erst dann in Sicht, wenn sich kein weiteres Pferd mehr infiziere. Ab diesem Zeitpunkt bliebe der Stall für 21 weitere Tage in Quarantäne. "Dann sind wir wieder frei", erzählt Steffi Maier hoffnungsvoll.