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Baden-Württemberg Mannheim greift härter gegen Gehwegparker durch - und stößt auf Unverständnis
Jahrelang haben es die Behörden geduldet: Das Parken von Autos auf Gehwegen. Doch in Mannheim greifen die Verkehrsplaner jetzt durch, Falschparkern drohen Bußgelder.
Knapp 50 Millionen Autos sind auf den Straßen in Deutschland unterwegs. Das Problem: Ihre Besitzer parken die Fahrzeuge häufig nicht in der eigenen Garage, sondern stellen sie am Straßenrand ab und blockieren damit teils den Gehweg.
Parkdichte - in vielen Kommunen ein Problem
Die Parkdichte im öffentlichen Raum ist für viele Kommunen zur echten Herausforderung geworden. Wenn sich entlang der Bordsteinkante Stoßstange an Stoßstange reiht, haben andere Verkehrsteilnehmer oft das Nachsehen. Beim Stuttgarter Verkehrsministerium hagelte es Beschwerden, weil wegen der vielen parkenden Autos etwa Schulkinder nicht mehr sicher zur Schule kamen.
Erlass der Landesregierung erlaubt Neuordnung
Ein Erlass der Landesregierung vom Mai 2020 erlaubt es Städten und Gemeinden jedoch, das Gehwegparken in Problemzonen einzuschränken. Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt der Blick nach Mannheim.
Dort lebt im nördlichen Stadtteil Sandhofen die Seniorin Helga Schenkel. Für ihren alltäglichen Weg zum Arzt oder Einkauf ist sie auf einen Rollator angewiesen. In den kleinen Gässchen wird es für die betagte Frau zunehmend schwieriger, sich den Weg über die Gehwege zu bahnen. Oft hat sie Probleme durchzukommen, weil Autos zu weit auf dem Bürgersteig parken.
Ich muss immer schauen, ob ich da noch vorbeikomme. Ist es zu eng, muss ich auf die Straße ausweichen. Helga Schenkel, Seniorin
Von den kommunalen Behörden wurde das Gehwegparken lange Zeit geduldet. Obwohl es eigentlich schon immer illegal war, betont der Mannheimer Verkehrsplaner Karol Sgodzaj. Seit drei Jahren sind er und sein Team im gesamten Stadtgebiet unterwegs, durchkämmen Straße für Straße.
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Karol Sgodzaj will es genau wissen: Hier werden die 1 Meter 50 Mindestbreite auf dem Gehweg klar verfehlt.
Überall messen sie nach und schauen, wo die Vorgaben zur freien Mindestbreite auf Gehwegen und Straßen unterschritten sind, weil dort Autos parken. Engstellen werden ausfindig gemacht und neu überplant.
Bedarf an Parkplätzen wächst stetig
Mit einer Sprühflasche markiert Karol Sgodzaj all jene Flächen, auf denen künftig noch geparkt werden darf. Regulierend einzugreifen sei "dringend nötig", erklärt der Fachmann, damit auch andere Verkehrsteilnehmer "sicher auf den Straßen unterwegs sein können". Der Bedarf an Parkplätzen sei einfach zu groß.
Viele Haushalte haben zwei oder sogar drei Fahrzeuge. Im öffentlichen Raum gibt es aber nicht ausreichend Platz für alle Autos. Karol Sgodzaj, Verkehrsplaner in Mannheim
Immer wieder sprechen Bürger Karol Sgodzaj während seiner Messarbeiten auf den Straßen an. Der Diskussionsbedarf sei groß, sagt der Verkehrsplaner, das Thema erhitze die Gemüter. Mit seinen Kollegen müsse er viel Überzeugungsarbeit leisten.
Flyer informieren über die Neuordnung beim Gehwegparken
Die Stadt hat extra einen Flyer drucken lassen, auf dem die rechtlichen Grundlagen und Motive für die Neuordnung nachzulesen sind. Im Gespräch zeigten die Anwohner dann Verständnis, so Sgodzaj, dennoch seien viele besorgt, weil sie nicht wüssten, wohin mit ihrem Fahrzeug. Auch Fritz Zinke aus Sandhofen geht es so:
Es ist eine Katastrophe, weil wir Anwohner nicht an unsere Haustüre kommen. Besonders wenn ich schwere Einkäufe im Kofferraum habe. Fritz Zinke, Anwohner in Sandhofen
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Anwohner Fritz Zinke muss mehrfach um den Block kreisen, bis er einen Parkplatz findet.
In vier von 17 Stadtteilen sind die Markierungsarbeiten bereits abgeschlossen. So auch in der Mannheimer Neckarstadt. Auf den Gehwegen in der Ruhrstraße stehen jetzt deutlich weniger Autos. Schilder und gut sichtbare weiße Linien markieren, wo überhaupt noch geparkt werden darf. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite gilt neuerdings ein striktes Parkverbot. Wer seinen Wagen hier abstellt, riskiert ein Bußgeld. 55 Euro sind dann fällig. Anwohner Jochen Aust findet die neuen Parkregeln einfach nur haarsträubend.
50 Prozent der Parkplätze sind bei uns weggefallen. Hätten wir eine Einbahnstraße, könnten wir weiter rechts und links parken. Jochen Aust, Anwohner
In der Mannheimer Innenstadt ist das Gehwegparken schon seit längerem neu geregelt worden. Weil auch die Einbahnstraßen für den Radverkehr geöffnet wurden, käme man auf den Straßen recht gut durch, sagt etwa die Radfahrerin Christine Meyer. "Es ist besser geworden, aber man muss dennoch gut aufpassen", sagt auch Radfahrer Friedhelm Bießecker.
Wie in Mannheim haben sich in Baden-Württemberg etwa die Hälfte aller Kommunen auf den Weg gemacht, "konsequenter gegen Gehwegparken vorzugehen als noch vor einigen Jahren", informiert ein Schreiben aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium.
Heidelberg will Gehwegparken reduzieren
Auch Heidelberg gehört dazu. Das Thema solle künftig ganz oben auf der Prioritätenliste stehen, so ein Sprecher der Stadt. Die Verwaltung plane, die Neuordnung nun flächendeckend in den Stadtvierteln anzugehen.
Sendung am Mi., 19.2.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW