Eine Person sitzt vor Bildschirmen, die Hacker-Programme und eine fiktive Fernlösch-Software zeigen. (Symbolbild)

Baden-Württemberg Mehr Cyberattacken in BW: Mittelständische Unternehmen wehren sich

Stand: 17.04.2025 16:57 Uhr

Das Risiko für Cyberattacken ist laut BW-Landeskriminalamt weiterhin hoch. Kleine und mittlere Unternehmen haben jetzt ein neues Angebot, um sich gegen Online-Angriffe zu schützen.

Zwei E-Mails hätten die Firma von Markus Rest fast um mehr als eine halbe Million Euro gebracht. Es ging um zwei Rechnungen, wie sie der Turbinenhersteller Wiegert & Bähr aus Renchen im Ortenaukreis regelmäßig verschickt. Betrüger hackten den E-Mail-Zugang einer Mitarbeiterin und änderten die Bankverbindung: Statt auf das Konto der Firma in Renchen wäre das Geld auf eines in Spanien geflossen.

Die falsche Mail war vom Original kaum zu unterscheiden. Per Zufall fiel der Betrug auf. Geschäftsführer Markus Rest fühlte sich erst einmal hilflos: "Erst haben wir es nicht gemerkt. Und es war auch schwer nachvollziehbar, wer das gemacht hat. Wir haben das dann der Polizei gemeldet, aber solche Anzeigen sind meistens nicht von Erfolg gekrönt."

Mehr Sicherheit: Zwei-Faktor-Authentifizierung und Schulungen

Seitdem hat sich bei dem Turbinenhersteller einiges beim Thema Cybersicherheit verändert. Beispielsweise wurde eine Zwei-Faktor-Authentifizierung eingeführt, um Passwörter sicherer zu machen. Außerdem müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun Schulungen durchlaufen. Zusätzlich hat die Firma ein Cybersecurity-Unternehmen aus der Region beauftragt, um für mehr Sicherheit zu sorgen - und eine Cyberversicherung abgeschlossen. "Da sind wir schon mal ganz gut abgesichert, wenn ein Schadensfall entsteht. So kann es zumindest keine existenziellen Probleme bei uns geben," sagt der Geschäftsführer.

Markus Rest ist Geschäftsführer des Turbinenherstellers Wiegert & Bähr aus Renchen (Ortenaukreis). Seine Firma wäre fast um mehr als eine halbe Million Euro durch einen Hackerangriff betrogen worden.

Markus Rest ist Geschäftsführer des Turbinenherstellers Wiegert & Bähr aus Renchen (Ortenaukreis). Seine Firma wäre fast um mehr als eine halbe Million Euro durch einen Hackerangriff betrogen worden.

Sicherheits-Checkup der Industrie- und Handelskammer

Um herauszufinden, wo es noch Schwachstellen gibt, hat die Firma ein Sicherheits-Checkup durchführen lassen. Die Überprüfung wurde von der Industrie- und Handelskammer organisiert. Ähnliche Angebote gibt es jetzt von allen Handwerkskammern in Baden-Württemberg für ihre Mitgliedsbetriebe: Beraterinnen und Berater überprüfen in den Unternehmen die Arbeitsabläufe, suchen Sicherheitslücken und schließen sie.

Landes-Innenminister Thomas Strobl (CDU) will damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen unterstützen - sie seien das Rückgrat der Wirtschaft, sagt er. Und gerade bei der Cybersicherheit bräuchten sie mehr Hilfe als große Industrieunternehmen. Laut IHK sind diese Unternehmen auch besonders betroffen.

Milliardenschäden durch Cyberangriffe

Insgesamt gab es in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr rund 15.000 Angriffe aus dem Inland - das ist eine Steigerung um elf Prozent zum Vorjahr. Die Cybercrime-Taten aus dem Ausland beziffert das Innenministerium auf rund 30.000. Deutschlandweit gehen die Schäden in die Milliarden. Sie können nur schwer genauer beziffert werden, weil die Abgrenzung zu anderen Delikten schwierig ist und noch viele Taten unentdeckt bleiben.

Die Kammern sollen bei den Überprüfungen auch Anstöße geben, um die IT-Sicherheit zu verbessern. Dabei setzen sie auf das Wissen der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg, die diese Tests entwickelt hat.

Markus Rest: 8.000 Euro jährlich für Cybersicherheit

Auch Markus Rest will sich weiter um die Cybersicherheit in seiner Firma kümmern: Von nun an will er dafür jährlich rund 8.000 Euro investieren. Die Firma hat zwar Glück gehabt: Seine Kunden haben kein Geld an die Betrüger überwiesen. Doch bei dem Turbinenhersteller ist allen klar: So locker wie bisher dürfen er und sein Team bei der Datensicherheit nicht weitermachen. Denn die Erfahrung habe ihn gelehrt, so Rest, "dass wir nicht sicher sind und dass wir da mehr machen müssen, sonst könnten wir viel Geld verlieren".

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