
Baden-Württemberg "Mulmiges" Gefühl auf dem Heimweg: Wie sicher fühlen sich Baden-Württemberger?
Einige Menschen teilen ihren Standort, meiden dunkle Straßen oder nehmen ein Taxi, um sich sicherer zu fühlen. Nur ein subjektives Sicherheitsgefühl? Zwei Frauen erzählen über ihren Heimweg.
"Von der nächsten Bundesregierung wünsche ich mir, dass sich jeder sicher fühlt. Unabhängig von sozialem Status, Hautfarbe oder Herkunft. Und dass jeder weiß, dass staatliche oder politische Institutionen nach ihnen auf der Straße schauen", sagt Sophie Rykal. Seit dreieinhalb Jahren wohnt sie im Mannheimer Stadtteil Jungbusch.
Früher galt das Viertel als zwielichtig und unsicher. Durch Gentrifizierung ist der multikulturell geprägte Stadtbezirk allerdings seit Jahren im Wandel. Kreative, Studentinnen und Studenten wohnen und leben hier. So wie Sophie.
Die 26-jährige Studentin fühlt sich selten unsicher, sagt "jeder kennt jeden". Und dennoch sagt sie auch: "Wenn ich nachts vorhabe in ein anderes Viertel zu fahren, dann ist es etwas anders". Sie setzt im Ernstfall auf Zivilcourage.

Studentin Sophie wohnt und arbeitet im Jungbusch. Sie fühlt sich in ihrem "Viertel" meistens sicher.
Gefühlte Unsicherheit im öffentlichen Raum
Laut dem ARD-DeutschlandTREND vom vergangenen September fühlen sich 44 Prozent im öffentlichen Raum eher unsicher oder sogar sehr unsicher. Laut einer aktuellen Befragung im Auftrag des baden-württembergischen Innenministeriums fühlt sich fast jeder Zweite nachts unsicher. Fast die Hälfte der Befragten umgehen bestimmte Straßen, Plätze, Parks und meiden Busse und Bahnen, um sich zu schützen.
Sophie arbeitet neben ihrem Studium in der Gastronomie. Bei ihrem letzten Job haben sie Kollegen nachts nach Hause gefahren. Es geht ihr nicht darum, generell bestimmte Orte zu meiden - doch eine Haltestelle versucht sie zu umgehen: "Die Rheinstraße ist generell einfach immer problematisch". Viele Obdachlose, drogenabhängige und alkoholisierte Menschen sowie eine mehrgeschossige Haltestelle unter der Brücke vermitteln ein Gefühl von Unsicherheit.
Generell ist es als Frau einfach so, dass man immer irgendwie ein bisschen ein mulmiges Gefühl hat, wenn man zu dunklen Zeiten unterwegs ist. Sophie Rykal, Studentin wohnt und arbeitet im Jungbusch

An der zweigeschössigen Haltestelle Rheinstraße in Mannheim fühlen sich viele Menschen unsicher.
Zwischen Waffen- und Messerverbotszonen und Polizeipräsenz in Mannheim
Mittlerweile arbeitet Sophie nicht weit von ihrer Wohnung entfernt. Maßnahmen der Politik, wie zum Beispiel die Waffen- und Messerverbotszone in der Innenstadt oder stärkere Polizeipräsenz, verbessern ihr persönliches Sicherheitsgefühl nicht. Ihre Vorgesetzte, Laura Schröder, sieht es anders: "Es fährt mittlerweile wirklich sehr oft die Polizei hier vorbei, sodass man sich viel sicherer fühlt. Das war in den vorherigen Jahren noch nicht so." In ihrem Restaurant achten sie darauf, dass abends nie jemand alleine arbeitet.
Mannheimer Sicherheitsbefragung nicht eindeutig
Laut der Sicherheitsbefragung der Stadt 2022/2023 fühlten sich Bürger und Bürgerinnen im Vergleich zu 2020 weniger sicher. Bei der Fokusbefragung Ende 2023 ermittelte man erstmals die Wahrnehmung der Waffen- und Messerverbotszone. Das Ergebnis hier: Knapp zwei Drittel der Befragten fühlten sich in der Verbotszone nie unwohl. Acht Prozent fühlten sich unsicherer als vor der Maßnahme. Kein eindeutiges Bild.
Mannheimer Innenstadt: Zwischen Kundgebung und Einkaufsroutine
Von der nächsten Bundesregierung wünsche ich mir mehr Polizeipräsenz, dafür braucht es auch mehr Personal. Isabel B. wohnte früher am Mannheimer Marktplatz
Der Mannheimer Marktplatz ist das pulsierende Herz der Innenstadt. Fast jedes Wochenende gibt es hier Demonstrationen. Für viele Menschen ist der Marktplatz nach der tödlichen Messerattacke im vergangenen Mai ein anderer Ort. Eine Marktverkäuferin erzählt, dass aber schon seit Jahren weniger Menschen kommen.
Jahrelang hat auch Isabel B. mit ihrem Mann in der Innenstadt gelebt, wegen der zentralen Lage. Doch als Mutter störte sie sich an der Lautstärke, den Demos vor der Tür. Vor eineinhalb Jahren zog die Familie deshalb in eine ruhigere Mannheimer Gegend. Die Bedenken wurden größer, dass die Kinder dauerhaft zur Schule begleitet werden müssten. Denn immer öfter beobachtete Isabel Schlägereien: "Das sollte nicht der Schulweg für die Kinder sein", so die Mannheimer Mutter.

Der Mannheimer Marktplatz: Pulsierendes Herz der Stadt - aber auch Schauplatz von Demonstrationen und einer tödlichen Messerattacke auf den Polizisten Rouven Laur.
Eine unschöne Erfahrung hatte ich mal, als ein Mann mich am Paradeplatz bedrängt hat. Heim gelaufen bin ich nur, weil nachts keine Bahn mehr fuhr. Seitdem fühle ich mich nachts alleine unwohler. Isabel B., wohnte früher am Mannheimer Marktplatz
Sicherheit ist für die 40-jährige Ärztin subjektiv: "Eigentlich fühle ich mich sicher in der Stadt. Nachts hängt das davon ab, wie viel los ist." Sie nutzt schon immer mehr beleuchtete und größere Straßen. Nachts fühlt sie sich durch mehr Polizeipräsenz sicherer. Doch dafür müssen mehr Beamtinnen und Beamte eingesetzt werden.
In wie weit die vielen Kamerasysteme in der Stadt das Sicherheitsgefühl unterstützen, wird sich erst noch herausstellen müssen. Klar wird aber: Das Leben im Herzen von Mannheim hat sich verändert.
Sendung am Di., 18.2.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW