Papst Franziskus erscheint in der zentralen Loge des Petersdoms in Rom.

Baden-Württemberg Trauer um Papst Franziskus: "Die Armen dieser Welt haben ihren großen Fürsprecher verloren"

Stand: 21.04.2025 21:07 Uhr

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb am Montag im Alter von 88 Jahren, wie der Vatikan mitteilte. Vertreter aus Kirche und Politik in BW würdigen die Arbeit des Papstes.

Trauer um Papst Franziskus: Das katholische Kirchenoberhaupt ist am Montagmorgen um 7:35 Uhr gestorben, wie der Vatikan in einer Videobotschaft mitteilte. Jorge Mario Bergoglio - so der bürgerliche Name - wurde 88 Jahre alt. Wie der Vatikan am Montagabend bekanntgab, starb Papst Franziskus an den Folgen eines Schlaganfalls. Er war der zweitälteste Papst der Geschichte und Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken. Auch in Baden-Württemberg wurde bestürzt auf die Nachricht aus dem Vatikan reagiert.

Letzten Segen am Ostersonntag gespendet

Der im Februar an einer schweren Lungenentzündung erkrankte Papst hatte sich noch am Vortag den Gläubigen gezeigt und den Segen Urbi et Orbi gespendet. Er war aber noch stark von seiner Krankheit gezeichnet und hatte Mühe beim Sprechen. Anschließend ließ er sich noch mit dem Papamobil durch die Menge der Gläubigen fahren.

Als Nachfolger von Benedikt XVI. war Franziskus seit März 2013 im Amt. Er war der 266. Papst der katholischen Kirche und erster Jesuit und Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri. "Der Bischof von Rom, Franziskus, ist in das Haus des Vaters zurückgekehrt", sagte Kardinal Kevin Farrell in einer Liveübertragung aus der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta. "Sein ganzes Leben war dem Dienst des Herrn und seiner Kirche gewidmet. Er hat uns gelehrt, die Werte des Evangeliums mit Treue, Mut und universeller Liebe zu leben, insbesondere zugunsten der Ärmsten und Ausgegrenzten."

Katholische Kirche in BW tief bestürzt

Mit Betroffenheit und tiefer Trauer hat Klaus Krämer, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, auf die Nachricht vom Tod von Papst Franziskus reagiert. "In den zwölf Jahren seines Pontifikats hat Papst Franziskus starke Akzente gesetzt, die noch lange weiterwirken werden“, würdigt Bischof Krämer die prägende Kraft des Verstorbenen. Vom ersten Tag an habe Franziskus so einen neuen Stil in der konkreten Ausübung des Papstamtes geprägt. Vor allem seine persönliche Bescheidenheit und menschliche Nahbarkeit hätten viele Menschen sehr beeindruckt.

Seinen letzten großen Akzent habe Papst Franziskus mit der Ausrufung des Heiligen Jahres 2025 gesetzt, das er unter das Motto "Pilger der Hoffnung" gestellt hat. "Viele Menschen fühlen sich durch diese Initiative des Papstes gerade in einer Zeit sehr bestärkt, die durch zahlreiche Krisen und kriegerische Auseinandersetzungen als belastend und bedrückend erfahren wird", so Bischof Krämer.

Die katholische Theologin Johanna Rahner aus Tübingen sieht Papst Franziskus kirchenhistorisch in einer bedeutenden Rolle. "Franziskus ist mit Sicherheit ein Papst gewesen, von dem man sagen kann: Die Kirche ist nach seiner Amtszeit dauerhaft anders als sie vorher gewesen ist", sagte Rahner.

Anteilnahme in der evangelischen Kirche

Auch in der evangelischen Kirche ist die Trauer um Papst Franziskus groß. Der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, sagte im SWR: "Mich hat sehr beeindruckt, als ich gestern sah, wie Papst Franziskus noch den Segen auf dem Petersplatz gespendet hat, und es hat mich erinnert an seine Grundhaltung, dass er mit dem höchsten Einsatz für seine Kirche arbeitet und uns als Christen und Christen daran erinnert, dass Christen nicht nur für sich leben, sondern auch für andere." Sein Tod an Ostern stehe für die Hoffnung, die alle Christen hätten, nämlich, dass der Tod überwunden werde, so Gohl.

Die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Baden, Heike Springhart, sagte dem SWR, es habe sie sehr berührt, dass Papst Franziskus noch an Ostern - bereits gezeichnet - den Segen gespendet habe und ihm das ganz offensichtlich wichtig gewesen sei. "Sozusagen mit der Auferstehung Christi vor Augen zu sterben" sei eines Papstes würdig, so Springhart. Franziskus bleibe in Erinnerung als einer, "der unkonventionell auf die Menschen zugegangen ist und auch als Papst seinem Namen alle Ehre gemacht hat und die Armen nicht vergessen hat", sagte die Landesbischöfin. Sie hoffe, dass die katholische Kirche die eingeschlagenen Reformwege auch unter einem neuen Papst fortsetzen werde.

Schock in Gemeinden groß

Der Mannheimer Dekan Karl Jung sagt im SWR, dass der Schock in der Gemeinde groß sei. Dennoch sei es ein kleiner Trost, dass es an Ostern um die Auferstehung Jesu gehe und es dieses Leben in Ewigkeit gebe. Dafür wolle man auch für Papst Franziskus beten, so Jung.

Die Nachricht vom Tod des Papstes erreichte die Besucherinnen und Besucher des Kapitelamtes im Freiburger Münster am Ende des Ostermontagsgottesdienstes. Unter dem Motto “Wer am Ostermontag stirbt, dem kommt Jesus entgegen” betete die versammelte Gemeinde für Franziskus. Der Erzbischof von Freiburg, Stephan Burger, sagte über den Verstorbenen: "Er wurde zu einem Wächter der universalen Menschenrechte, des Friedens und der menschlichen Freiheit."

Laut der Erzdiözese Freiburg wird es in den nächsten Tagen diözesanweit jeweils am Mittag ein zehnminütiges Trauergeläut mit allen Glocken geben. In allen Pfarrkirchen soll in den kommenden Wochen ein Requiem gehalten werden. Im Freiburger Münster sei ein Pontifikalrequiem geplant. Alle Kirchen und kirchlichen Gebäude werden am Tag der Beisetzung des Papstes auf Halbmast oder mit Trauerflor beflaggt.

Der Hohenloher Dekan und Pfarrer Ingo Kuhbach aus Mulfingen (Hohenlohekreis) sagte, für ihn bleibe Papst Franziskus vor allem als Seelsorger im Gedächtnis, der auch mit jahrhundertealten Traditionen gebrochen habe, beispielsweise wenn es um die Wahl der Kardinäle ging. Da habe Franziskus immer einen weltweiten Blick gehabt, statt sich auf Nordamerika und Europa zu konzentrieren. Der nächste Papst habe vor allem die Aufgabe, die fortschrittlichen und die traditionellen Richtungen wieder stärker zusammenzubringen und Reformen anzustoßen, vor denen sich Franziskus eher gedrückt habe, so Kuhbach - beispielsweise eine Entscheidung darüber, ob es das Diakonat der Frau geben soll oder nicht.

Kretschmann: Franziskus war "großer Segen für unsere Welt"

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigte den verstorbenen Papst "als großen Segen für unsere Welt". Franziskus habe "wichtige bleibende Botschaften in die Welt gesandt". Er habe "die Notwendigkeit der Bewahrung der Schöpfung ins Zentrum der Kirche und Theologie gerückt", den Respekt gegenüber allen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit sowie die Sendung der Kirche gerade zu den Armen und Schwachen betont. Er hätte sich "an der einen oder anderen Stelle noch einen stärkeren Einsatz für die ökumenische Gemeinschaft der christlichen Kirchen oder zur Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche erhofft", so Kretschmann.

Der Ministerpräsident erinnerte sich an eine persönliche Begegnung mit Papst Franziskus bei einer Privataudienz 2018. "In einem ausführlichen Gespräch haben mich seine wache und zugewandte Art, sein herzliches und bescheidenes Erscheinen sehr beeindruckt."

Der CDU-Landesvorsitzende Manuel Hagel erinnerte auf der Plattform X an Franziskus, der als Brückenbauer mit weitem Herz die Türen der katholischen Kirche geöffnet habe. "Sein Pontifikat war eines, das auch Reibung erzeugt hat. Für mich wird sein Einsatz für den Erhalt unserer Umwelt, der Schöpfung Gottes, unvergessen bleiben", so Hagel. Der Papst habe am Ostersonntag mit letzter Kraft den Menschen weltweit den Ostersegen gespendet - den Gläubigen, Nicht-Gläubigen und Anders-Gläubigen.

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Erinnerung an einen bescheidenen Brückenbauer

Auch für den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der SPD in Baden-Württemberg, Andreas Stoch, wird Franziskus als Brückenbauer in Erinnerung bleiben - "während so viele andere so viele Brücken einreißen". Diesen Papst und diese Stimme zu verlieren sei ein großer Verlust für Menschen in allen Ländern und Menschen jeden Glaubens, so der SPD-Landeschef in einer Pressemitteilung.

Die Co-Vorsitzende der Grünen, Franziska Brantner aus Lörrach, erklärte auf X, dass mit Papst Franziskus eine starke Stimme für die Nächstenliebe gegangen sei. "Meine Gedanken sind bei den vielen Gläubigen weltweit, die um [den] Papst trauern", so Brantner.

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Brantners Parteikollege und Ministerpräsidentschaftskandidat für Baden-Württemberg bei der nächsten Landtagswahl, Cem Özdemir, erinnert sich auf der Plattform vor allem an die Bescheidenheit des verstorbenen Kirchenoberhaupts. Aber auch Versöhnung und Bescheidenheit hätten sein Pontifikat geprägt.

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, sagte, die Welt "verliert einen außergewöhnlichen Menschen, der mit seiner Bescheidenheit, seinem Mut und seiner tiefen Menschlichkeit viele Menschen bewegt hat - weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus". Auch in Baden-Württemberg hätten viele Gläubige und Nichtgläubige den Pontifex als wichtigen Orientierungspunkt geschätzt.

Die ehemalige baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU), die später Bundesbildungsministerin war, hat als ehemalige deutsche Botschafterin am Heiligen Stuhl eine besondere Beziehung zum Papst. "Wenn ich daran denke, dass wir ihn gestern noch sehen konnten, dass er sich noch einmal aufgerafft hat zum größten Segen 'Urbi et Orbi', dann ist das schon ein emotionaler Moment", sagte sie im SWR. "Bleiben wird vor allem, dass er von Beginn an seiner Kirche deutlich gemacht hat, sie muss die Räume der Selbstzufriedenheit, der Selbstbezogenheit verlassen", so Schavan weiter. "Die Armen dieser Welt haben ihren großen Fürsprecher verloren."

Annette Schavan am Montagabend im Interview mit SWR Aktuell Baden-Württemberg:

"Papst Franziskus war ein Kämpfer und zutiefst liebender Mensch"

Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel, die bei der Bundestagswahl für den Wahlkreis Bodensee angetreten war, drückte ebenfalls auf X ihr Mitgefühl aus.

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Lunge war schon immer Schwachstelle

Der Papst hatte in den vergangenen Jahren mit einer Reihe gesundheitlicher Probleme zu kämpfen und musste unter anderem einen Rollstuhl nutzen. Schon als jungem Mann waren dem gebürtigen Argentinier wegen einer Infektion Teile des rechten Lungenflügels entfernt worden. Im Winter war der Papst deshalb anfällig für Atemwegserkrankungen. Immer wieder litt er an Bronchitis und im vergangenen Winter auch schon einmal an einer Lungenentzündung.

In seiner Amtszeit hatte sich Franziskus Menschen am Rande der Gesellschaft zugewandt und die Bischöfe immer wieder zur Bescheidenheit und Demut aufgerufen - ganz im Sinne seines Namenspatrons Franz von Assisi (1181 bis 1226). In manchen Fragen wie bei Kirchenreformen galt Franziskus als progressiv, in anderen wie dem Zölibat wiederum als konservativ. Im Laufe seines gut zwölfjährigen Pontifikats machte er sich einige hohe Geistliche zu Feinden.

Ein manchmal unbequemer Papst

Beanstandet zu werden sei zwar unbequem, aber das sei besser, als wenn Kritik unter der Decke gehalten werde, sagte Franziskus im Jahr 2023: "Um der Ruhe willen zieht man es vor, dass sie einen nicht kritisieren", sagte der Papst damals. "Aber ich habe es lieber, dass sie es tun, denn das heißt, dass es Redefreiheit gibt." Kritik , so Franziskus, helfe einem zu wachsen und Dinge zu verbessern.

Papst werden wollte Franziskus nach eigenem Bekunden ursprünglich nicht. Ende 2015 erzählte er bei einer Audienz für Mitglieder katholischer Jugendchöre: "Als ich klein war, habe ich gedacht, dass ich einmal Metzger werde. Das hätte mir gefallen."

Sendung am Mo., 21.4.2025 11:00 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

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