Weinberg im Winter - der Wein-Markt schwächelt. Jungwinzerinnen und Jungwinzer entwickeln neue Ideen im Weinbau, um zukunftsfähig zu sein.

Baden-Württemberg Wein-Markt schwächelt: Warum Jungwinzer auf höhere Preise setzen

Stand: 15.02.2025 14:33 Uhr

In der Weinbranche ist viel von "Krise" die Rede. Der Absatz schwächelt, die Betriebskosten sind hoch. Nachwuchswinzer setzen auf Qualität und höhere Preise.

Verbraucher achten beim Einkaufen mehr aufs Geld, auch wenn es um Wein geht. Als Grund für diesen Trend nennt das Deutsche Weininstitut "inflationsbedingt gesunkene Realeinkommen". Es gebe dadurch eine "höhere Preissensibilität" der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Soll heißen, mehr Menschen achten auf günstige Preisangebote, weil weniger im Geldbeutel ist. Weil ausländische Weine im Einzelhandel oftmals günstiger angeboten werden als deutsche, profitieren importierte Weine von der Entwicklung. Sie landen vermehrt im Einkaufskorb.

Doch damit nicht genug: Aus gesundheitlichen Gründen wird weniger Wein getrunken, alkoholfrei liegt im Trend. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass der Weinbau immer neue Ideen braucht, um Profite abzuwerfen. In den Weinbergen liegen immer öfter Flächen brach, weil sich der Weinbau unterm Strich wirtschaftlich nicht mehr lohnt.

Wie geht es in Zukunft mit dem Weinbau in Württemberg weiter? Diese Frage treibt auch Jungwinzerinnen und Jungwinzer um. Bei der Genossenschaftskellerei Heilbronn sind sie seit 2010 in der Vereinigung "Triebwerk" organisiert.

Trotz schwächelndem Wein-Markt und weniger Absatz wollen sie Konzepte erarbeiten. Die Jungwinzerinnen und Jungwinzer sind überzeugt, mit einem klaren Qualitätskonzept auch neue junge Zielgruppen ansprechen zu können.

Jungwinzerinnen und Jungwinzer setzen im Weinbau auf Württemberger Rebsorten

Rund 30 Jungwinzerinnen und Jungwinzer machen bei dem Triebwerk-Projekt mit. Sie sind zwischen 20 und 35 Jahre alt. Die Nachwuchswengerter besitzen eigene Weinberge, die eine besonders gute Lage haben. Jeder bewirtschaftet die Rebzeilen das ganze Jahr über persönlich.

Die Triebwerk-Jungwinzerinnen und Jungwinzer setzen auf neue Ideen im Weinbau, um dem schwächelnden Wein-Markt entgegenzutreten.

Die "Triebwerk"-Jungwinzerinnen und Jungwinzer setzen auf neue Ideen im Weinbau, um dem schwächelnden Wein-Markt entgegenzutreten.

Mit gezielter Ertragsreduzierung soll ein Lesegut von "allerhöchster Güte" erreicht werden, so der Anspruch. Diese Weine lassen sich dann auch zu einem höherem Preis verkaufen. Bislang gibt es vier "Triebwerk"-Weine. Der Premium-Lemberger etwa wird sogar für über 30 Euro verkauft. Auch eine Württemberger Spezialität gibt es: ein Schillerwein, der aus weißen und roten Trauben gepresst wird. Er kostet fast 11 Euro, der Triebwerk-Riesling fast 18 Euro.

Neue Ideen sind gefragt

Mit dabei beim "Triebwerk"-Projekt ist auch die 22 Jahre alte Annika Stollsteimer aus Heilbronn-Sontheim. Sie studiert Weintechnologie-Management an der Dualen Hochschule (DHBW).

Es ist sehr, sehr traurig, was gerade in der Weinbranche passiert. Man bekommt natürlich auch Zukunftsängste. Annika Stollsteimer, "Triebwerk"-Jungwinzerin

Gerade als Jungwinzervereinigung habe man die Verantwortung, positiv nach vorne zu blicken und neue Wege zu gehen, so Stollsteimer. Besonders wichtig sei umso mehr in der heutigen Zeit eine gute und solide Ausbildung. Der fachliche Austausch in der "Triebwerk"-Gruppe, offene Gespräche über wirtschaftliche Herausforderungen und Probleme, neue Strategien - gemeinsam sei man einfach viel stärker. Sie ist von der Genossenschaftsidee nach wie vor überzeugt.

Wenn sie mit ihrem Vater spreche, so die 22-Jährige, bekomme sie zu hören, dass es schwierige Phasen in der Weinbranche immer schon gegeben habe. Derzeit vollziehe sich aber ein Strukturwandel, den es in dieser Form noch nicht gegeben hat, ist die Jungwinzerin überzeugt. Der Weinbau präge nach wie vor die Kulturlandschaft in der Region.

Den Weinbau wird es, glaube ich, immer geben, es ist nur die Frage: Wie? Annika Stollsteimer, "Triebwerk"-Jungwinzerin

Junge Weintrinker im Blick

Die Jungwinzervereinigung setzt sich zum Beispiel auch mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ("PIWIS") auseinander, die weniger Pflanzenschutz brauchen und damit auch Kosten sparen. Sie möchte den "PIWIS" mehr Aufmerksamkeit schenken und brachte deshalb 2022 den "Kreuzweise Sauvitage" auf den Markt.

Mit diesem Wein gingen die Jungwinzer neue Wege, trafen den Geschmack von jungen Weintrinkerinnen und -trinkern. Da habe es im Vorfeld schon auch Kritik gegeben, ob dieses Projekt etwas werde. "Das war dann ein voller Erfolg für uns", sagt Stollsteimer zufrieden.

"Bewusster Verzicht" bei jüngeren Altersgruppen

Die junge Generation geht jedenfalls bewusster mit Alkohol und damit auch mit Wein um. "Beim Weinabsatz stellen wir seit längerem besonders bei der jungen Altersgruppe einen bewussten Verzicht fest", so das Deutsche Weininstitut auf SWR-Anfrage.

Gerade bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren sei der Alkoholkonsum seit Jahren rückläufig. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich dieser Trend umkehre, so ein Sprecher. Heißt: Der Markt schrumpft, die Zielgruppe wird umkämpfter.

Eine Person schenkt ein Glas Rotwein ein

Wie beim Bier so auch beim Wein: die Absätze gehen zurück.

Etablierte Strukturen hinterfragen

Ein wichtiger Kopf hinter dem "Triebwerk"-Projekt ist auch Daniel Drautz, der junge Geschäftsführer der Genossenschaftskellerei Heilbronn. Das Jungwinzerprojekt bringe vieles in Schwung, hinterfrage auch etablierte Strukturen. Außerdem könnten sich junge Menschen so auch schon früh für spätere ehrenamtliche Positionen in der Genossenschaft qualifizieren.

Wir möchten für die jüngere Generation Weine kreieren. Da geht es auch um alkoholreduzierte Weine. Wir müssen uns dem Markt eben anpassen. Das sind tolle Möglichkeiten in der Gruppe. Daniel Drautz, Geschäftsführer Genossenschaftskellerei Heilbronn

Der Weinmarkt ist aktuell sehr schwierig, gibt Daniel Drautz offen zu. "Es ist deshalb umso wichtiger, dass junge Menschen die Zukunft mitgestalten", so der Geschäftsführer.

Die Zuversicht ist, dass die Wertschöpfung im Weinbau wieder steigt. Dass die Konsumenten bereit sind, mehr Geld für einen regional hergestellten Wein zu bezahlen. Daniel Drautz, Geschäftsführer Genossenschaftskellerei Heilbronn

Die Hoffnung sei natürlich, so Drautz, dass die Absatzzahlen der "Triebwerk"-Weine von Jahr zu Jahr steigen. Die Strategie könnte durchaus aufgehen.

Laut Deutschem Weininstitut bewegt sich das Premiumsegment über 10 Euro pro Flasche beim Absatz im einstelligen Prozentbereich. "Tendenziell stellen wir fest, dass sich dieses Segment in den letzten Jahren gut behauptet hat", so ein Sprecher. Hier gebe es auch für deutsche Weine "Absatzpotenzíale".

Entscheidungen fallen gemeinsam

Janosch Grab ist ebenfalls überzeugter "Triebwerk"-Jungwinzer. Der 32-Jährige ist aktuell zweiter Kellermeister in Weinsberg-Grantschen (Kreis Heilbronn). Ihm gefällt besonders der Zusammenhalt in der Gruppe und dass Entscheidungen zusammen getroffen werden. Der Weinbau beschäftigt auch ihn sehr. "Es ist so viel im Wandel und so viel ist ungewiss", so der Nachwuchswinzer.

Ich liebe das Weinmachen, das ist genau mein Ding. Man macht sich natürlich Gedanken, wo geht es mit der Branche hin. Es wird immer hoch und runter gehen. Janosch Grab, zweiter Kellermeister Grantschen

Und er denkt auch schon an neue "Triebwerk"-Weine, um das Sortiment weiter auszubauen. Aus der "PIWI"-Rebsorte "Levitage" kann er sich auch einen Rosé-Wein vorstellen. Rosé sei nach wie vor sehr am Markt gefragt. Die Rebsorte "Levitage" wurde in den 90er-Jahren an der Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau in Weinsberg (Kreis Heilbronn) gezüchtet. Die Erbteile stammen aus den Rebsorten Regent sowie Acolon.

Jungwinzerpreis für Triebwerk-Projekt

Die Jungwinzer-Vereinigung "Triebwerk" will Mut machen in unruhigen Zeiten. Das Konzept findet viel Beachtung. 2024 wurde es etwa mit dem Jungwinzerpreis ausgezeichnet, der von der Fachzeitschrift "Rebe&Wein" und dem Weinbauverband Württemberg verliehen wird.

Das "Triebwerk" stehe für den modernen, qualitätsorientierten Weinbau Württembergs, so die Jury. Vor allem viel Leidenschaft für Trauben, Wein, Weinbau und neue Ideen und Konzepte bringt die Vereinigung aus Jungwinzerinnen und Jungwinzern aus dem Raum Heilbronn mit, da sind sich die Mitglieder einig.

Sendung am Sa., 8.2.2025 12:00 Uhr, SWR4 am Samstag, SWR4

Mehr zum Thema Wein