
Bayern Brandmauer "überflüssig"? Streibl entsetzt über FW-Abgeordneten
Wie stabil ist die "Brandmauer" zur AfD bei den Freien Wählern? Ein FW-Abgeordneter im sächsischen Landtag hält nichts vom Kooperationsverbot der Partei. Ein "absolutes Ärgernis", sagt Bayerns FW-Fraktionschef Streibl. Parteichef Aiwanger schweigt.
Eine gute Idee ist für Matthias Berger eine gute Idee – egal, von wem sie kommt. Für den sächsischen Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten gilt dieser Grundsatz auch im Umgang mit der AfD. Schon im Wahlkampf warb er mit Slogans wie "Wir kennen keine Brandmauer". Nach diesem Prinzip handelt der Ex-Bürgermeister von Grimma auch als FW-Einzelkämpfer im Landtag. Anfang Februar zum Beispiel brachte die AfD-Fraktion mit Berger eine Enquete-Kommission zu Kommunalfinanzen auf den Weg. Es gab eine gemeinsame Pressekonferenz, auf Fotos stehen Berger und AfD-Fraktionschef Jörg Urban lachend zusammen.
Der bayerische FW-Fraktionsvorsitzende Florian Streibl ist empört über Bergers Verhalten. "Es ist ein absolutes Ärgernis", sagt er dem BR. "Wir sind die lebendige Brandmauer gegen rechts, und wir haben uns immer deutlich von der AfD abgesetzt und uns gegen sie positioniert." Berger verstoße gegen das Kooperationsverbot mit der AfD und müsse "unbedingt auf Parteilinie kommen", verlangt Streibl. "Oder er muss sich dann bekennen und uns verlassen."
Kooperationsverbot mit der AfD
Vor einem Jahr hatten die Freien Wähler auf ihrem Bundesparteitag mit großer Mehrheit ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen. Demnach darf es mit der AfD keine inhaltlichen Absprachen oder gar gemeinsame Koalitionen oder Wahllisten geben. Bergers Abstimmungsverhalten halten viele in der Partei daher für problematisch.
Mit dem Kooperationsverbot wollten die Freien Wähler auch nach außen bekräftigen, wo sie stehen: in der politischen Mitte. Der Initiator, der rheinland-pfälzische FW-Politiker Stephan Wefelscheid, ließ keinen Zweifel daran, dass das auch als Kritik an Parteichef Hubert Aiwanger zu verstehen war, dem er einen Rechtsruck vorwirft.
Streibl fordert Machtwort - Aiwanger schweigt vorerst
Berger gehört zwar dem Verein Freie Wähler Grimma an und war Spitzenkandidat der sächsischen Freien Wähler, Parteimitglied ist er aber nicht. Eine Sonderkonstellation. Mit Sanktionen wie einem Parteiausschluss kann ihm die Partei daher nicht drohen. Bei der Landtagswahl im September gewann der parteilose Berger für die Freien Wähler das einzige Direktmandat und ist somit das Gesicht der Partei im sächsischen Parlament.
Für Streibl steht fest: "Wenn er unter unserer Flagge segelt, muss er sich an unsere Spielregeln halten." Daher sieht er auch den Bundesverband mit Parteichef Aiwanger in der Pflicht: Dieser müsse klären, wo Berger stehe: "Hier bei uns oder bei jemand anderem?"
Aiwanger schweigt auf BR-Anfrage zum Fall Berger. Sein Pressesprecher verweist auf den Bundesvorstand und betont: "Der Sachverhalt wird geprüft, Matthias Berger ist kein Mitglied."
Bundesvorstand verlangt Klarstellung
Diese "besondere Konstellation" hebt auch der Bundespressesprecher hervor. Berger soll nun eine Erklärung unterschreiben, dass er "die Grundsätze der Freien Wähler anerkennt" und sich bereit erklärt, für die Leitlinien der Partei einzutreten. Auch zum Kooperationsverbot mit der AfD soll sich Berger bekennen und versprechen, dieses in seiner parlamentarischen Arbeit umzusetzen.
Der Bundesvorstand hält dem Sprecher zufolge "diese Erklärung für erforderlich, wenn Herr Berger weiter Namen, Logo und Erscheinungsbild der Partei für seine parlamentarische Arbeit nutzen will". Nachdem der sächsische Abgeordnete die Erklärung auch nach zweimaliger Aufforderung nicht unterzeichnet habe, setze der Bundesvorstand "diesen Vorgang" am 21. März erneut auf seine Tagesordnung. Dabei werde dann auch "sein aktuelles Handeln eine Rolle spielen".
Berger bleibt bei seiner Position
Rückendeckung erhält Berger vom sächsischen FW-Landesverband. "Die sogenannte Brandmauer hat bisher nicht dazu geführt, dass die AfD schwächer geworden ist. Im Gegenteil", teilt der Landesvorsitzende Thomas Weidinger mit. Man strebe zwar keine strategische Zusammenarbeit mit der AfD an, das Kooperationsverbot sei aber wenig hilfreich. Weidinger bekräftigt: "Für uns ist eine gute Idee eine gute Idee, egal von wem sie kommt."
Berger selbst hält das Kooperationsverbot mit der AfD für "eine überflüssige Sache, nicht falsch, aber überflüssig", wie der 57-Jährige dem BR und MDR sagt. "Ich mache mich in meinen Entscheidungen nie abhängig davon, wie andere sich positionieren." Er folge allein seinem Gewissen. "Wenn ich immer anders abstimmen wollte als die AfD, würde ich mich auch berechenbar machen."
Von der Aufforderung des Bundesvorstands zeigt sich Berger unbeeindruckt. Den Freien Wählern sei seine Auffassung von vornherein klar gewesen. Persönlich kenne er aus dem Vorstand ohnehin nur Aiwanger, habe aber auch mit diesem "relativ wenig Kontakt". Nachgeben ist für Berger keine Option. "Ich stimme so ab, wie ich es für erforderlich und richtig halte, unabhängig von allem anderen, was da beschlossen wird."
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