
Bayern Gegen neu, pro alt: Wie Leerstand verhindert werden kann
Der Neubau auf der grünen Wiese oder die aufwändige Sanierung von bestehenden Altbauten – weniger Stress bedeutet ersteres. Doch so entsteht Leerstand im ländlichen Raum und Ortskerne sterben aus. Und das ist nicht das einzige Problem.
Der Blick ins Grüne von ihrer Terrasse aus: Jasmin Grypa genießt ihr neues Zuhause in Höchstetten, einem Ortsteil der Stadt Leutershausen im Landkreis Ansbach. Vor einem Jahr ist sie in die alte Scheune des Bauerhofs ihrer Familie gezogen. Doch der Weg dorthin war lang.
Viel Arbeit, die sich gelohnt hat
2018 die erste Idee, 2020 wurde der Bauantrag eingereicht, 2021 ging es mit den aufwändigen Bauarbeiten los. Es war ein steiniger Weg, den bereits ihre Eltern Wolfgang und Renate Kriegbaum unter anderem mit der Renovierung des Schweinestalls – ihrer jetzigen Wohnung – gegangen sind.
Ein Neubau wäre einfacher gewesen, sagt Grypa. Doch in eine Siedlung ziehen, ohne die Dorfgemeinschaft hier im Ortskern von Höchstetten, wollte sie mit ihrer Familie auf keinen Fall. Und auch aus heutiger Sicht würde sie es immer wieder tun.
Positive Beispiele willkommen
Andrea Denzinger vom Regionalmanagement im Landkreis Ansbach freut sich sehr über solche Aktivierungen von verlassenen Gebäuden wie bei Familie Grypa/Kriegbaum. Denn Leerstand im ländlichen Raum ist für sie Kapital, das auf der Straße liegt. Wird er nicht genutzt, macht er Probleme. Und zwar auf verschiedenen Ebenen.
Aus Sicht des Städtebaus sei Leerstand nicht schön. Ganze Straßenzüge mit ungenutzten Häusern würden Investoren oder Gewerbetreibende abschrecken. Die Alternative zum genutzten Leerstand ist der Neubau auf der grünen Wiese. Das ist nicht ökologisch, weil Flächen versiegelt würden und der Artenschutz leide, so Denzinger. Dazu sei es auch nicht wirtschaftlich für die Kommune, weil neue Gebiete Infrastruktur benötigten, die extra geschaffen werden müsse.
Zum Nachhören: Wie im Kreis Ansbach Leerstand genutzt wird
Fördergelder gegen "Donut-Dörfer"
Und das große vierte Problem sei der soziale Faktor, erklärt Denzinger. Oft schließen in kleinen Orten Gasthäuser – ein Treffpunkt für örtliche Vereine und Gruppen entfällt. Stirbt ein Ortskern aus, entstünden sogenannte "Donut-Städte" oder "-Dörfer", erklärt Patrick Steger von der "Kommunalen Allianz Kernfranken". Das bedeutet: Der Ortskern ist voller Leerstand und am Ortsrand ballen sich die Neubauten. Kommunale Allianzen gibt es im ganzen Landkreis. Sie verwalten Fördergelder, etwa für Leerstandsaktivierungen. So arbeitete Steger vor vier Jahren mit den Gemeindebewohnern von Winkelhaid zusammen.
Aus Milchhaus wird Dorftreff
Winkelhaid ist ein Ortsteil der Stadt Windsbach. Hier stand fast 30 Jahre lang das Milchhaus leer. Mithilfe eines 10.000 Euro-Zuschusses durch das Regionalbudget haben viele Ehrenamtliche aus dem Leerstand einen neuen Dorftreffpunkt gemacht. Die Gaststätte in Winkelhaid gibt es sogar noch, doch der zusätzliche Treffpunkt ist für die Bewohner eine willkommene Ergänzung.

Das alte Milchhaus hat jetzt einen großen Aufenthaltsraum mit Küche
Positives Beispiel für andere Ortsteile
Bürgermeister Matthias Seitz freut sich über das Engagement, das sogar andere Vereine in anderen Ortsteilen angesteckt hat. So berichtet Laura Ell, die diese Projekte von Stadtseite her betreut, von weiteren Dorftreffpunkten und wiederbelebten Feuerwehrhäusern in Windsbach. Win-win für die Dorfgemeinschaft: ein neuer Treffpunkt und eine Renovierungsaktion, die zusammenschweißt.
Beratung und Aktionstage als Werbung für Leerstand
Andrea Denzinger vom Regionalmanagement hat sich für die "Aktionstage Innenorte" im Herbst auch schon das Milchhaus in Winkelhaid ausgesucht. Speziell an diesen Tagen können die positiven Beispiele der Leerstandsaktivierung auf dem Land besichtigt werden und Werbung für Interessenten machen.
Darüber hinaus berät Denzinger Interessierte – privat und kommunal -, gibt Tipps zum Beispiel zu Förderungen, um den Leerstand im Landkreis zu reduzieren. Denn der ist riesig, aber schwer zu beziffern. Sogar auf Landes- und Bundesebene wisse man nur, dass man zu wenig Wissen in Sachen Leerstand hat, so Denzinger. Deutschlandweit gehe man aber von zwei Millionen leeren Wohngebäuden aus.
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Quelle: BR24 16.05.2025 - 07:30 Uhr