
Bayern Nach Bauernprotest: Pragmatismus oder nur "Streicheleinheiten"?
Bayern vor einem Jahr: Vielerorts Bauernproteste und Politiker, die versprechen, sich zu kümmern. In Augsburg trafen sich sogar vier Landräte mit Bauern und Handwerkern. Hat es was gebracht? Ein Jahr danach fällt ihre Bilanz sehr unterschiedlich aus.
Butterbrezen, Kaffee, Getränke und ein großer Sitzungssaal im Landratsamt Augsburg: Im Zuge der Bauernproteste findet vor einem Jahr ein großes Treffen statt. Die vier Landräte der Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries sprechen mit einem guten Dutzend Vertretern von Bauern, Handwerkern und Gewerbe.
Regionale Lösungen für Landwirtschaft und Handwerk gesucht
Allen ist klar: Die ganz großen Probleme mit der Bürokratie, steuerlichen Auflagen oder Handelsvorgaben lassen sich hier nicht lösen. Aber man will die Themen, die sich regional verändern lassen, angehen. Der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) erklärt nach dem Treffen: "Es sollen drei Arbeitssitzungen in den nächsten Monaten stattfinden und dann wollen wir vier Landräte zur vierten Sitzung wieder dabei sein. Also, es wird ein Dialog sein, der uns das ganze Jahr über beschäftigen wird!"
"Getan hat sich gar nichts!"
Jetzt, ein Jahr später, gehen die Meinungen darüber, was es gebracht hat, auseinander. Karlheinz Götz, Kreisobmann des Bauernverbandes im Landkreis Donau-Ries sagt: "Wir haben uns bis dato nicht mehr getroffen und es ist aus diesem Treffen eigentlich nichts passiert!" Auch Robert Wittmann, Obermeister der Zimmerer- und Holzbau-Innung Augsburg sagt: "Getan hat sich effektiv gar nichts in der Zeit! Es ist eher eine Tendenz zum Schlechteren geworden und nicht besser!"
Arbeitsgruppen wurden nie gegründet
Tatsächlich hat es die von Landrat Martin Sailer angekündigten Arbeitsgruppen nie gegeben. Auch ein erneutes Treffen der vier Landräte mit den Branchenvertretern ein Jahr danach gab es bisher nicht. Also nur große Ankündigungen, um die protestierenden Bauern zu besänftigen?
Das sieht Landrat Martin Sailer nicht so. Man habe sich in den Behörden bewusst gegen Arbeitskreise entschieden. "Meine Kernaussage ist: Dass wir das, was uns an Themen auf den Tisch gelegt wurde, versucht haben, pragmatisch im Tagesgeschäft abzuarbeiten – ohne das Gründen von irgendwelchen Arbeitskreisen, wo ein Dutzend Leute drinsitzt, obwohl es nur zwei betrifft."
Kritik: Zu strenge Veterinärkontrollen
Beispiel Veterinärkontrollen: Da gab es den Vorwurf der Bauern, dass die Amtstierärzte in Nordschwaben manchmal zu penibel kontrollieren würden, "so lange, bis man irgendeinen Fehler findet – nicht im Schweinestall, sondern bei der Hobbyhaltung der Hasen", sagt Bauernvertreter Götz. Laut dem Landrat Martin Sailer habe es deshalb Gespräche gegeben, auch mit den anderen nordschwäbischen Landkreisen, damit Veterinäre mehr Sensibilität walten lassen würden. Und tatsächlich, zuletzt habe er von besonders peniblen Kontrollen durch Amtstierärzte nichts mehr gehört, sagt Bauernvertreter Götz. Zufall oder nicht? Er wisse es nicht. Mit ihm habe niemand mehr geredet.
Kfz-Steuer und Agrardiesel als Auslöser
Entzündet hatten sich die Bauernproteste in ganz Deutschland im Dezember 2023 an Steuersparplänen der Ampel-Koalition. So sollte das grüne Nummernschild abgeschafft werden – also die Befreiung von der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Maschinen. Genauso wie die Subventionen von 21 Cent pro Liter für den Diesel-Kraftstoff. Anfang 2024 riefen der Bauernverband und weitere Organisationen wie "Landwirtschaft verbindet Bayern" (LSV) zu Demonstrationen auf. Vielerorts schlossen sich auch Spediteure und Handwerker an. Sie forderten unter anderem geringere Abgaben und weniger Bürokratie.
Im Bund gab es Ergebnisse
Teilweise war der Protest erfolgreich: So bleiben landwirtschaftliche Maschinen weiterhin steuerfrei. Und: Die Subventionen für den Agrardiesel fallen jetzt erst schrittweise weg. Schließlich soll nach dem Willen von CSU-Chef Markus Söder, der Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes nach der Bundestagswahl Bundeslandwirtschaftsminister werden.
Treffen als "psychologische Streicheleinheit"
Zimmerer und Innungsobermeister Robert Wittmann wünscht sich ohnehin die ganz großen Veränderungen. Er nennt das Treffen in Augsburg im Rückblick eine "psychologische Streicheleinheit". Für ihn habe sich nichts geändert. Er sei fast den ganzen Tag nur mit Bürokratie beschäftigt.
Sein Eindruck: Vom Kreistag werde bis hinauf an die EU verwiesen, nie sei jemand zuständig. Die Verwaltung sei zu aufgebläht, sagt Wittmann. Deshalb sieht er aktuell die USA als Vorbild, wenn es darum geht, Verwaltungspersonal abzubauen. "Die räumen jetzt mal anständig auf", sagt der Zimmerer. Und so fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus, was das regionale Treffen von Landräten mit Bauern und Handwerkern in Augsburg am Ende wirklich gebracht hat.
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Quelle: Mittags in Schwaben 19.02.2025 - 12:05 Uhr