
Bayern "Schnellschuss": Aiwanger und CSU uneins über Jagdgesetz-Reform
Jagdminister Aiwanger soll heute mit der CSU-Fraktion über seine Änderungs-Pläne am neuen Jagdgesetz sprechen. Seine Vorstellungen zu Wolfsabschuss und Waldschutz stoßen auf Widerstand. CSU-Forstministerin Kaniber spricht von einem "Schnellschuss".
Wirbel um das Jagdgesetz: In Bayerns Regierungskoalition blockieren vor allem die Abgeordneten der CSU-Fraktion die Änderungswünsche von Jagdminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei dem Gesetz. Der auf 4. Dezember 2024 datierte Referentenentwurf aus Aiwangers Ministerium sei "nicht umfassend genug" – und vor allem nicht mit den betroffenen Verbänden abgestimmt.
Aiwangers Vorgehen nennen CSU-Kreise gegenüber dem BR deshalb "naiv". CSU-Forstministerin Michaela Kaniber spricht auf BR-Anfrage von einem "Schnellschuss", der die "Belange der Eigentümer und des Waldes" zu wenig berücksichtige und "wissenschaftliche Erkenntnisse" ignoriere.
Aiwanger-Besuch ist offiziell ein ganz normaler Routinetermin
Aiwanger wird deshalb am heutigen Mittwochnachmittag bei den CSU-Abgeordneten zur Diskussion erwartet. Offiziell bewertet die CSU-Fraktion Aiwangers Auftritt als "ganz normalen Routinetermin". Auch bei Wirtschaftsthemen oder beim Wassercent seien bereits Freie-Wähler-Minister in die CSU-Fraktion gekommen.
Öffentlich wurde der Entwurf für ein geändertes Jagdgesetz Anfang Dezember. Der Bayerische Jagdverband (BJV) hatte ihn ins Internet gestellt. So erfuhren die anderen betroffenen Verbände der Bauern, Waldbesitzer und Naturschützer von den Plänen.
Aiwanger: Mehr Eigenverantwortung bei Abschüssen
Jagdminister Aiwanger will laut seinem Referentenentwurf etwa den Jagdgenossenschaften und Jagdberechtigten bei der Jagd auf Rehe "mehr Eigenverantwortung" geben. Die strengen staatlichen Abschusspläne für Rehe sollen wegfallen können, wenn der Verbissschaden bei jungen Bäumen "tragbar ist". Dafür müssen in dem Jagdrevier allerdings genügend junge Bäume, ohne einen Schutz-Zaun gegen hungrige Rehe, aufwachsen können.
Bei seiner Erneuerung des Jagdgesetzes will Aiwanger auch gleich die Zuständigkeit für den Wolf aus dem Artenschutzrecht im Umweltministerium ins Jagdrecht in seinem Wirtschaftsministerium überführen. Gezielte Abschüsse von Wölfen sollen dadurch in Zukunft einfacher möglich sein. Die Jagdbehörden sollen künftig allein darüber entscheiden – und nicht wie jetzt die Landkreise und kreisfreien Städte.
Forstministerin Kaniber warnt vor "Schnellschuss"
Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) übt auf BR-Nachfrage deutliche Kritik an Aiwangers Gesetzentwurf. Ihrer Meinung nach brauche Bayern "ein Jagdgesetz, das die richtigen Weichen stellt, das nicht einseitig Jagdinteressen bedient, sondern Eigentümer und Gesellschaft ernst nimmt, das Ergebnis einer breiten Diskussion ist und kein Schnellschuss".
Eine Novellierung des Jagdgesetzes sei "kein Gesetz von Jägern für Jäger", so Kaniber. In Zeiten der Klimakrise müsse es vielmehr "das Aufwachsen klimafester Wälder sicherstellen, das Eigentum achten sowie Tier- und Artenschutz verbessern". Diesem Anspruch werde der Gesetzentwurf nicht gerecht. Wo die Verbiss-Belastung zu hoch, fordert Kaniber, solle auch die staatliche Abschussplanung bleiben.
Bund Naturschutz: Wolf soll im Artenschutzrecht bleiben
Der Bund Naturschutz kritisiert vor allem Aiwangers Plan, die Abschussplanung teilweise abzuschaffen. Damit drohe "ein wichtiges Instrument zur Verjüngung und Umbau der Wälder in Bayern verlorenzugehen". Schließlich hätte die bisherige Abschussplanung zu "tragbarer bzw. günstiger Verbissbelastung geführt", so Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender im Bund Naturschutz.
Uwe Friedel, Wolfsexperte vom Bund Naturschutz, kritisiert die von Aiwanger vorgeschlagene Überführung des Wolfs aus dem Naturschutz- ins Jagdrecht. Für geschützte Tiere wie den Wolf sollte weiter die Naturschutzverwaltung zuständig bleiben.
Grüne kritisieren "Kompetenzgerangel" zwischen Aiwanger und Kaniber
Mia Goller, Sprecherin für Landwirtschaft und Wald in der Grünen-Landtagsfraktion, findet: "Die geplante Reform des Jagdgesetzes durch Staatsminister Aiwanger gefährdet ein zentrales Instrument für den Waldumbau in Bayern". Die Abschussplanung müsse bleiben. "Wald vor Wild" stehe im Waldgesetz und im Waldpakt 2023 – und müsse weiter gelten. Forstliche Gutachten dürften nicht geschwächt werden, so Goller. Mit Blick auf Kaniber und Aiwanger kritisiert Goller, ein Minister und eine Ministerin, die sich im Kompetenzgerangel verlieren, brauche Bayern nicht.
Jagdverband: "Ampelsystem" soll Forstliche Gutachten ergänzen
Im bayerischen Jagdverband werden aktuell eigene Vorschläge zur Jagdrechtsnovelle diskutiert. Unter Federführung des CSU-Landtagsabgeordneten Sascha Schnürer fordert eine Arbeitsgruppe etwa klarere Möglichkeiten für den Wolfsabschuss als in Aiwangers Gesetzentwurf. Reformen soll es auch bei der Abschussplanung geben. Dafür wollen die Jäger das forstliche Gutachten, die bisherige Grundlage für die nötigen Reh-Abschüsse, mit einem "Ampelsystem" ergänzen.
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Quelle: BR24 im Radio 26.03.2025 - 08:13 Uhr