
Hamburg Niedersachsen Bundesliga-Aufstieg: HSV-Frauen am Ziel der Träume - und vor viel Arbeit
Nach dem perfekten Bundesliga-Aufstieg ist die Vorfreude bei den Fußballerinnen des Hamburger SV riesig. Die HSV-Frauen wollen 13 Jahre nach dem Zwangsabstieg ein neues Kapitel aufschlagen. Doch es gibt auch noch viel zu tun.
Victoria Schulz ist nach einer "Riesenreise" am Ziel ihrer Träume angekommen. Die 27-Jährige kickt bereits seit der E-Jugend für den HSV - und ist dazu noch familiär schwarz-weiß-blau geprägt: Ihr Opa Willi spielte einst für die "Rothosen" und war deutscher Nationalspieler.
"Wir freuen uns sehr auf die Bundesliga. Und ich glaube, die Liga freut sich auch auf uns."
— HSV-Stürmerin Victoria Schulz
"Es ist komplett surreal, ich bin unfassbar happy", sagte die Enkelin, die anders als ihr Großvater auf dem Feld seit jeher in der Offensive wirbelt, nach dem 3:0-Sieg gegen den SC Freiburg II, der die HSV-Frauen wieder in die Erste Liga gebracht hat. "In den letzten fünf Jahren wurden bei den HSV-Frauen riesige Schritte gemacht. Und der Traum von der Rückkehr in die Bundesliga wurde immer greifbarer. Jetzt ist er wahr geworden."
Bundesliga-Rückkehr nach 13 Jahren
Eine Rückkehr mit langem Anlauf. 2012 meldete der damalige Vorstand des Hamburger SV die Frauenmannschaft aus der Bundesliga ab. Das Team sei nicht rentabel und das Präsidium war nicht mehr bereit, die Zuschüsse zu zahlen. Die Rede war von einem niedrigen sechsstelligen Betrag. Zum Vergleich: In diesem Sommer wurden bei den Männern allein für Ablösesummen rund 26 Millionen Euro investiert.
Für viele, die es damals mit dem Frauen-Team hielten, und natürlich für die Fußballerinnen selbst fühlte es sich an wie eine schreiende Ungerechtigkeit. Weiter ging es gezwungenermaßen in der Regionalliga. Kurz ging es sogar runter in die Hamburger Verbandsliga.
Präsident Jansen: "Jetzt hier zu stehen, ist der Wahnsinn"
Doch vor einigen Jahren wurde der Schalter wieder umgelegt. "Wir haben vor sechs, sieben Jahren gesagt - und da gab es noch keinen Hype: Wir setzen den Frauenfußball beim HSV wieder richtig auf die Karte", erklärte der scheidende Vereinspräsident Marcell Jansen, der am Sonntag beim Bundesliga-Aufstieg der Frauen live dabei war. "Damals haben wir den Grundstein gelegt - und es waren herausfordernde Jahre. Jetzt hier zu stehen, ist der Wahnsinn."
Dank der Sponsoren - Profitum bei HSV-Frauen
Und es tut sich einiges beim HSV. Frauenfußball-Koordinatorin Saskia Breuer hatte zuletzt angekündigt, dass keine Spielerin mehr nebenher arbeiten muss. Alle Spielerinnen sollen künftig vom Kicken leben können. Möglich machen dies die eigenen Sponsoren, erklärte Breuer im NDR Interview.
"Wir sind jetzt aufgestiegen - und da wollen wir bleiben. Das ist nur möglich, wenn wir uns dem ganzen Thema auch den ganzen Tag widmen."
— HSV-Stürmerin Victoria Schulz
Jansen fügte hinzu: "Die Frauen haben in den vergangenen Jahren massiv zu einer anderen Wahrnehmung des HSV beigetragen." Überhaupt sei die Vision für seine Amtszeit, den e.V. endlich als einen großen HSV zu etablieren, wahr geworden.
Und so passt es, dass auch die Zusammenarbeit der Frauenfußballsparte mit der HSV Fußball AG weiter intensiviert werden soll. "Der nächste Schritt wäre die Ausgliederung der Frauenabteilung aus dem e.V. Wir prüfen alles", sagte Breuer, die seit dem vergangenen Sommer bei den Frauen das Sagen hat. Gerade die jüngsten Erfolge hätten jedoch gezeigt, dass "auch im e.V. alles super klappt".
Alle Spiele künftig im Volksparkstadion
Den Schulterschluss zwischen e.V. und AG zeigt allerdings nicht zuletzt die Tatsache, dass die Frauen in der kommenden Saison alle Heimspiele im Volksparkstadion austragen werden. Das Rekord-Halbfinale im DFB-Pokal gegen Werder Bremen (1:3 n.V.) vor 57.000 begeisterten Zuschauern lässt grüßen.
Eigentlich hatten Breuer und Co. gehofft, gegen für die Fans weniger attraktive Gegner weiter auf Platz 6 im Schatten der großen Arena spielen zu dürfen, wenn die Anlage dort (630 Stehplätze) zu einem Mini-Stadion umgebaut wird. Dem schob der DFB allerdings einen Riegel vor. Knackpunkt sind die für die Bundesliga nötigen Vorkehrungen für die TV-Übertragungen. "Wir müssen bestimmte Kamera-Positionen ermöglichen", erklärte Breuer. An Ort und Stelle ein schier unmögliches "logistisches Thema".
5.000 bis 6.000 Fans im Volksparkstadion?
Auf Platz 6 waren in dieser Saison alle Spiele bis auf das Nachholspiel gegen den SV Weinberg, das an einem Mittwochmittag stattfand, ausverkauft. In der kommenden Saison dürfte das für die wenigsten Spiele der HSV-Frauen zutreffen. Aber die Vorfreude ist trotzdem groß. "Ich bin in Hamburg geboren und darf alle zwei Wochen im Volkspark spielen. Selbst wenn es leer wäre, wäre das ein Riesending", betonte Stürmerin Schulz.
Wegen fehlender "Erfahrungswerte" können sie beim HSV nicht so recht einschätzen, wie viele Fans wirklich regelmäßig den Weg zu den Spielen finden werden. "Aber warum sollten wir nicht einen guten Durchschnitt schaffen?", fragte Breuer. Sie denke da an 5.000 bis 6.000 Fans. Beim Gedanken an die vielen leeren Ränge "habe ich keine Sorge, wir freuen uns drauf".
Harte Entscheidungen: Trainer und Kapitänin müssen gehen
Die Koordinatorin, die bei den HSV-Frauen eng mit Club-Ikone und Frauenfußball-Förderer Horst Hrubesch zusammenarbeitet, wollte trotz der Aufstiegsfeierlichkeiten am Montagmorgen schon um 8 Uhr wieder am Schreibtisch sitzen. Die Planungen liefen monatelang zweigleisig. "Jetzt können wir unsere Themen anders angehen."
Das es Veränderungen geben würde, stand schon länger fest: So ersetzt die Brasilianerin Liése Brancao Cheftrainer Marwin Bolz. In den vier Jahren, die der 27-Jährige beim HSV war (zunächst als Co-Trainer von Lewe Timm), sind die Frauen von der Dritten bis in die Erste Liga aufgestiegen.
Nach der feststehenden Bundesliga-Rückkehr wurden auch andere Personalentscheidungen verkündet. So erhält unter anderem die langjährige Spielerin und Kapitänin Sarah Stöckmann keinen Vertrag mehr. Man könnte meinen, beim HSV fresse die Revolution ihre Kinder auf. Für Breuer sind es harte, aber angesichts der zuletzt rasanten Entwicklung notwendige Entscheidungen, um das Team fit für die Bundesliga zu machen.
HSV-Frauen wollen in der Bundesliga für Überraschungen sorgen
Der Aufstieg wurde bis tief in den Sonntagabend hinein gefeiert. Das ursprünglich als mögliches Entscheidungsspiel identifizierte Duell bei Verfolger SV Meppen am kommenden Sonntag ist sportlich bedeutungslos geworden. Der Traum von der Bundesliga - er ist schon jetzt real geworden.
"Wir hatten im DFB-Pokal zwei Duelle mit Bundesligisten. Das ist das Niveau, mit dem wir uns messen wollen", betonte Schulz. "Klar, wir sind als Aufsteiger Außenseiter, aber wir wollen unsere Duftmarken setzen - auch gegen die Bayern, Frankfurt und Wolfsburg."
Die Enkelin von "World Cup Willi" ist optimistisch, dass ihre Mitspielerinnen auch in der Bundesliga für so manche Überraschung sorgen können. Schulz sagte: "Wir wünschen uns am ersten Spieltag ein Heimspiel - komme wer wolle. Und ich möchte erst mal sehen, welche Gegnerin es kalt lässt, wenn sie bei uns ins Volksparkstadion kommt."
Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 11.05.2025 | 22:50 Uhr