Ein Mann steht in der Unterkunft für Asylbewerber im Flughafenverfahren in Frankfurt vor einem Fenster und schaut hinaus. Man sieht von ihm nur seine Silhouette.

Hessen Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze: Am Flughafen Frankfurt längst Alltag

Stand: 29.01.2025 16:10 Uhr

Am Frankfurter Flughafen, Hessens einziger Außengrenze, soll die Bundespolizei künftig mehr Asylsuchenden als bisher die Einreise verweigern. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die SPD in dieser Woche in den Bundestag einbringen will.

Von Tobias Lübben

Zurückweisungen an der Grenze - was die deutsche Politik spätestens seit der entsprechenden Forderung des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz nach dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg kontrovers diskutiert, wird am Frankfurter Flughafen schon seit Jahrzehnten gemacht. Aber unter ganz anderen Voraussetzungen als an den Landgrenzen. Am Flughafen gibt es nämlich ein kleines, abgeschirmtes Stück Ausland.

 

Es ist ein unscheinbarer Zweckbau in der Cargo City Süd, dem Frachtbereich des Flughafens. Dort müssen Asylsuchende ohne gültige Papiere, die mit dem Flugzeug ankamen, warten, bis ihr Antrag geprüft worden ist. So lange sind sie formal nicht nach Deutschland eingereist. Ist der Antrag offensichtlich unbegründet, müssen sie wieder abreisen.

Rund 500 Schutzsuchende haben im vergangenen Jahr an den deutschen Flughäfen dieses Schnellverfahren durchlaufen, zwei Drittel von ihnen in Frankfurt. Rund die Hälfte von ihnen wurde abgewiesen und musste wieder in den Flieger steigen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.

Ausweitung könnte türkische Schutzsuchende betreffen

Geht es nach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), soll das Verfahren ausgeweitet werden. Das verlangt die EU-Asylreform, die bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden soll. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, den die Ministerin im Herbst vorstellte, will sie am Donnerstag in den Bundestag einbringen.

Bisher gilt das Flughafenverfahren nur für Menschen, die ohne Papiere oder aus einem sicheren Herkunftsland anreisen wie zum Beispiel Georgien. Künftig soll noch einer weiteren Personengruppe die Einreise verweigert werden.

Dann soll genauer auf das Herkunftsland geschaut werden: Wenn durchschnittlich weniger als 20 Prozent der Asylanträge aus einem Land anerkannt werden, soll bei Ankommenden von dort das Schnellverfahren greifen - sogar dann, wenn die Asylbewerber gültige Papiere haben. Das könnte zum Beispiel Menschen aus der Türkei betreffen, bei denen die Schutzquote zuletzt deutlich unter 20 Prozent lag.

Großer Unterschied zu CDU-Plänen

Zwar hat Faesers Gesetzesinitiative kurz vor der Wahl kaum Erfolgsaussichten. Die Regierung aus SPD und Grünen hat nach dem Ampel-Aus bekanntlich keine eigene Mehrheit mehr. Aber spätestens bis 2026 wird das Schnellverfahren an Flughäfen wohl ohnehin ausgeweitet, zumindest haben das die EU-Mitgliedsstaaten vereinbart.

Mit den aktuellen Plänen der CDU, Asylsuchende ohne gültige Papiere an Landgrenzen zurückzuweisen, ist das Flughafenverfahren allerdings nicht vergleichbar. Das betont Stephan Hocks. Der Frankfurter Anwalt vertritt manchmal selbst Asylsuchende am Flughafen und lehrt Asylrecht an der Uni Gießen. Zwar kritisiert er die Schnellverfahren als fehleranfällig. Aber zumindest werde der Asylantrag geprüft, und es handle sich um ein Asylverfahren. Das sei im CDU-Modell gar nicht vorgesehen, sagt Hocks.

Etwa die Hälfte darf einreisen

Höchstens 19 Tage lang darf das gesamte Asylverfahren am Flughafen dauern. Das schließt auch das Gerichtsverfahren ein, wenn abgelehnte Asylbewerber beim Frankfurter Verwaltungsgericht klagen. Die Bundesinnenministerium betont, dass die Asylanträge trotz der kurzen Dauer ebenso sorgfältig und ebenso im Einzelfall geprüft würden wie andere.

Wird diese Frist überschritten, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge doch länger braucht für die Prüfung, dürfen die Schutzsuchenden das Gelände des Frankfurter Flughafens verlassen und in die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen umziehen. Dort wird dann in Ruhe über ihren Antrag entschieden.

Im vergangenen Jahr konnte etwa jeder zweite Schutzsuchende aus dem Flughafenverfahren einreisen, die anderen wurden zurückgewiesen. Sie wurden von der Fluggesellschaft, mit der sie gekommen waren, wieder weggeflogen. Das sieht das internationale Luftfahrtsabkommen vor.

Eine Abschiebung ist in diesen Fällen nicht nötig. Rein rechtlich sind die abgelehnten Asylbewerber im Flughafenverfahren gar nicht eingereist.