In einem Restaurant im Berliner Stadtteil Friedrichshain stehen die Stühle auf den Tischen.

Hessen Corona-Pandemie: Wie die Krise Unternehmen in Hessen verändert hat

Stand: 27.01.2025 19:10 Uhr

Fünf Jahre ist es her, dass die Corona-Pandemie auch Deutschland erfasste. Für viele hessische Unternehmen begann eine existenzielle Krise. Manche konnten sich dank staatlicher Hilfen retten, andere profitierten sogar.

Von Ursula Mayer

Die Folgen der Corona-Pandemie bereiten Michael Mauersberger bis heute manchmal schlaflose Nächte. Der Geschäftsführer des Best Western IB Hotel an der Friedberger Warte in Frankfurt musste 2020 den Betrieb zeitweise komplett einstellen. Durch die Krise kam das Hotel auch dank der staatlichen Corona-Hilfen. Mit fast 18 Milliarden Euro unterstützten Bund und Land die Wirtschaft.

Aber es sei unklar, wie viel Geld man behalten könne, erklärt Hotelchef Mauersberger. "Sollten wir einen Großteil zurückzahlen müssen, besteht für uns ein erhebliches Insolvenzrisiko."

Auch fünf Jahre nach Beginn der Pandemie ist die Krise noch präsent. Ende Januar 2020 waren die ersten Corona-Infizierten in Deutschland gemeldet worden. Nachdem auch in Hessen erste Fälle auftraten, folgten die Maskenpflicht, strenge Kontaktregeln und Lockdowns.

Kneipen, Restaurants, Cafés, Geschäfte und auch Hotels mussten schließen. Unternehmen mussten den Betrieb herunterfahren und litten zudem häufig darunter, dass globale Lieferketten gestört waren.

Kurzarbeit verhindert Explosion der Arbeitslosenzahlen

Michael Mauersbergers Hotel in Frankfurt hat die Corona-Krise überdauert. "Ich bin froh, dass bisher keiner entlassen werden musste," sagt Mitarbeiterin Lisa Jende, die auch schon zur Corona-Zeit dort beschäftigt war. Möglich sei das auch dank Kurzarbeit gewesen.

Dieses arbeitsmarktpolitische Instrument nutzten viele hessische Unternehmen, um ihre Beschäftigten auch in Krisenzeiten zu halten. Von Monat zu Monat stellten sie für die Lohnersatzleistung entsprechende Anträge bei der Bundesagentur für Arbeit. Zu Spitzenzeiten sei in Hessen während der ersten Corona-Welle allein im Monat April 2020 Kurzarbeit für rund 517.000 Beschäftigte beantragt worden.

"Im Jahr 2020 wurde insgesamt sehr viel Kurzarbeitergeld ausgezahlt", sagt die Frankfurter Arbeitsmarktforscherin Christa Larsen. Das habe Wirkung gezeigt. Die Arbeitslosenquote in Hessen ist damals nicht nach oben geschnellt. Im Krisenjahr 2020 lag sie in Hessen bei 5,4 Prozent, nach 4,4 Prozent im Jahr davor.

Kündigungen in der Gastronomie

Trotzdem kam es auch zu Kündigungen, vor allem in der Gastronomie. Betroffen war zum Beispiel das Unternehmen Autogrill, das am Frankfurter Flughafen Restaurants, Bistros, Kaffeebars und Bäckereien betreibt.

Als dort wegen der Pandemie im Frühjahr 2020 fast alle Flieger am Boden blieben und kaum Fluggäste kamen, gab es für die Mitarbeiter von Autogrill weniger zu tun, sagt die Personalverantwortliche Elisabeth Kunkler: "Wir mussten uns von etlichen Beschäftigten trennen, das war schwierig." Von damals 220 Arbeitnehmern hätten 140 gehen müssen. Mittlerweile suche man wieder Personal.

"Existenzielle Krise" bei der Lufthansa

Bei der Lufthansa hat die Pandemie nach eigenen Angaben sogar zu einer "existenziellen Krise" geführt. Durch Reisebeschränkungen und Grenzschließungen habe es viel weniger Nachfrage gegeben.

Der Betrieb habe fast vollständig eingestellt werden müssen. Die Insolvenz konnte die Fluggesellschaft dank Staatshilfen abwenden und hat diese mittlerweile zurückgezahlt.

Stillgelegte Passagiermaschinen der Lufthansa stehen auf dem leeren Rollfeld des Flughafen Frankfurt.

Stillgelegte Passagiermaschinen der Lufthansa stehen auf dem leeren Rollfeld des Flughafen Frankfurt. Infolge der weltweiten Corona-Pandemie ist der Flugverkehr auch am Drehkreuz Frankfurt nahezu komplett eingebrochen.

Mehr Home-Office dank Pandemie

Hart von der Pandemie getroffen wurde auch die Messebranche, denn viele Veranstaltungen wurden wegen Ansteckungsgefahr abgesagt. Weil in Hessen viele Großveranstaltungen stattfinden, war das Land stärker betroffen als der Rest Deutschlands. Im Krisenjahr 2020 schrumpfte die hessische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr preisbereinigt um 5,1 Prozent, während das Minus bundesweit 3,8 Prozent betrug. Wie es vom statistischen Landesamt Hessen heißt, haben sich die Unternehmen hier erst 2023 von den Krisenfolgen wirklich erholt.

Aber die Corona-Pandemie habe auch gute Seiten gehabt, meint Christa Larsen, die das Frankfurter Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur leitet. "Wir können mehr digital, flexibel und vor allem im Home-Office arbeiten," So sei die Arbeitswelt moderner geworden, sagt Larsen. "Außerdem sind wir resistenter geworden im Umgang mit Veränderungen."

Gewinner und Verlierer

Es gibt sogar Krisengewinner. Dazu zählt das Geschäft von Jost Wiebelhaus in Frankfurt, das sich auf Laufschuhe spezialisiert hat. "Viele haben mit Laufen angefangen, weil Teamsport nicht erlaubt war," erinnert sich der Inhaber. "Davon haben wir profitiert." Während des Lockdowns ließ der Unternehmer seinen Laden modernisieren. Von der Online-Terminbuchung bis zur High-Tech-Laufanalyse kann er seinen Kunden nun mehr als vorher bieten.

Ein Mann mit Brille und blauem Polo-Shirt steht in einem Laden vor einer Wand mit Laufschuhen und zeigt auf eine Smartwatch in seiner Hand

Jost Wiebelhaus, Inhaber eines Frankfurter Laufshops.

Wer zu den Krisenverlierern gehört, ist dagegen oft unklar. Denn für überschuldete Betriebe wurde die Insolvenzantragspflicht während der Pandemie zwischenzeitlich ausgesetzt. Auch mit Kurzarbeitergeld und staatlichen Hilfen könnte sich manche eigentlich insolvente Firma weiter über Wasser gehalten haben.

Die Corona-Krise wird zur Dauerkrise

Erst lange nach der Krise ist die Zahl der Unternehmenspleiten deutlich gestiegen. Laut statistischem Landesamt haben allein im dritten Quartal 2024 knapp 440 Unternehmen Insolvenz angemeldet – 22 Prozent mehr als im Jahr davor. In den vergangenen Monaten seien immer mehr gewerbliche Insolvenzen zu verzeichnen.

Und nur mit der Corona-Pandemie will Arbeitsmarktforscherin Larsen diese zuletzt gehäuft auftretenden Insolvenzen nicht begründen. Denn seitdem habe es den Ukraine-Krieg gegeben, die Energiekrise, die Krise unter den Autoherstellern und ihren Zulieferern. Das alles gehe ineinander über, sagt Larsen: "Im Grunde befinden wir uns seit der Corona-Pandemie im Krisenmodus."