Eine Regiotram fährt auf der Strecke von Kassel nach Hofgeismar: der weiße Zug ist eine Mischung aus Straßenbahn und S-Bahn.

Hessen Deutsche Bahn saniert Netz: Zur documenta 2027 droht Verkehrskollaps in Nordhessen

Stand: 16.05.2025 16:57 Uhr

Im Sommer 2027 sollen mehrere Regionalbahn-Strecken in Nordhessen saniert werden. Zur selben Zeit lockt die Weltkunstausstellung documenta hunderttausende Besucher nach Kassel. Deren Geschäftsführer mahnt die Bahn zu einer Planänderung.

Das nennt man wohl schlechtes Timing: Ausgerechnet im documenta-Jahr 2027 will die Deutsche Bahn (DB) vier Regionalbahn-Strecken in Nordhessen gleichzeitig sanieren - und das über mehrere Wochen. Betroffen sind neben 13 Regionalzuglinien vier Regiotramlinien, die das Umland mit der Kasseler Innenstadt verbinden.

Die Baumaßnahmen unter dem Projektnamen "Kasseler Stern" haben nach Auskunft des Nordhessischen Verkehrsverbunds (NVV) Auswirkungen auf die Verbindungen Hedemünden - Hann. Münden, Bebra - Kassel, mehrere Abschnitte der Main-Weser-Bahn (Frankfurt - Kassel) sowie die Strecke Warburg - Kassel. Zunächst berichtete die HNA darüber.

NVV fürchtet "erhebliche Einschränkungen"

Teilweise sollen die Strecken dann nur eingleisig befahrbar sein, dazu gibt es Sperrungen und Umleitungen. Der NVV selbst spricht von "erheblichen Einschränkungen" für den Nah- und Regionalverkehr rund um Kassel.

Die Organisation eines Ersatzverkehrs für gestrichene Verbindungen sei für die beauftragten Verkehrsunternehmen eine Herausforderung, teilte der Verkehrsverbund mit. Das betreffe beispielsweise Cantus, die Hessische Landesbahn (HLB) und Abellio. Dazu müssten sich Fahrgäste umstellen, weil ihre Verbindungen nicht wie gewohnt angeboten würden.

Baustellen von Mai bis Juli 2027

Die Deutsche Bahn plant die Arbeiten nach eigenen Angaben für die Zeit vom Mai bis Juli 2027. Unter anderem sollen der Lärmschutz und Brücken erneuert, neue Technik eingebaut und weitere Bauarbeiten erledigt werden. Genaueres wollte eine Bahnsprecherin zunächst nicht mitteilen.

Man sei über die gesamte Baumaßnahme inklusive eines Verkehrskonzepts für die Fahrgäste im Austausch mit allen Beteiligten, versicherte die DB-Sprecherin. Ziel sei, "eine möglichst gute Lösung" für die Modernisierung der Strecke und die Verbindungsalternativen für Fahrgäste zu erarbeiten.

NVV: Arbeiten möglichst entzerren

Der NVV bestätigte einen Austausch mit der Bahn. So werde es in der kommenden Woche Gespräche geben, um auszuloten, ob die Arbeiten nicht entzerrt werden können. Auf Einschränkungen in den nächsten Jahren müssten sich Fahrgäste aber auf jeden Fall einstellen, heißt es in einer Mitteilung des NVV.

documenta-Geschäftsführer warnt vor Imageschaden

Der documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann appelliert an die DB, die Verbindungen während der alle fünf Jahre stattfindenden Mammutausstellung sicherzustellen und die Streckensperrungen zu verschieben. Mit den Sanierungsplänen sei die Anreise von Kunstinteressierten aus der Region massiv gefährdet.

Laut Hoffmann kamen 32,7 Prozent der Besucher der documenta 2022 aus Hessen. 60 Prozent der Besucher nutzten demnach den öffentlichen Nah- und Fernverkehr für die Anreise. Sollte die Bahn an ihren Plänen festhalten, fürchtet Hoffmann einen Imageschaden - nicht nur für die documenta, sondern auch für Hessen und die Bundesrepublik Deutschland "als Gastgeber eines internationalen Großereignisses".