Collage: Drei kleinere Portraits von Frauen in der Mitte des Bildes. Dahinter ein mittleblauer, ein pinkfarbener und ein lilafarbener Streifen, welche die Portraits umspielen. Der Hintergund ist gelb.

Hessen Drei Jahre Ukraine-Krieg: Wie Ukrainerinnen in Hessen auf ihr Heimatland blicken

Stand: 22.02.2025 08:34 Uhr

Drei Jahre Krieg in der Ukraine und kein Ende in Sicht: Trotz internationaler Verhandlungen ist es ein komplizierter Weg zum Frieden. Drei Ukrainerinnen erzählen, wie sie auf den Krieg in ihrem Heimatland und das Leben in Hessen blicken.

Von Nina Michalk

Am Montag jährt sich Russlands Überfall auf die Ukraine zum dritten Mal. Nach UN-Angaben sind in dem Krieg mehr als 12.000 Zivilisten getötet worden. Vor allem im Osten des Landes wurden Städte und Ortschaften weitgehend zerstört.

Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen - nach Angaben des hessischen Innenministeriums sind seitdem rund 99.000 ukrainische Geflüchtete nach Hessen gekommen. Drei Ukrainerinnen, die mittlerweile in Frankfurt leben, berichten hier von ihren Erfahrungen mit Krieg und Flucht, aber auch von ihren Hoffnungen für die Zukunft.

Drei Jahre Ukraine-Krieg

Olena Mestharm, Deutschlehrerin

Die 51-Jährige ist vor drei Jahren mit ihren zwei Kindern nach Frankfurt gekommen. Sie stammt aus Tschernihiw im Norden der Ukraine. Dort hatte sie Deutsch als Fremdsprache an einer Universität unterrichtet. Mittlerweile gibt sie in Frankfurt Deutschkurse für Menschen mit Migrationshintergrund.

"Mein Mann, meine Mutter und meine Freunde leben noch in der Ukraine. Mein ganzes Leben ist in der Ukraine geblieben. Diese psychische Belastung ist unerträglich, weil die Familie getrennt wohnt. Mein Sohn darf nicht in die Ukraine reisen, sonst könnte er nicht mehr zurück nach Deutschland kommen. Weil ich arbeite, kann ich meinen Mann nur ein oder zweimal im Jahr sehen.

Wir sind hierher gekommen und haben gedacht, der Krieg hört bald auf und wir gehen zurück. Jetzt sind wir schon drei Jahre hier. Das ist unfassbar. Und auch jetzt denken wir: Bald hört der Krieg auf. Wir sehnen uns danach.

Wir wünschen wir uns Frieden, so schnell wie möglich - aber nicht um jeden Preis!

Zwanzig Prozent des Landes wurden von der Russischen Föderation annektiert. Das ist unfassbar, das ist kein Frieden für uns.

Ob ich zurückgehe? Das ist eine schwierige Entscheidung, die ich jetzt nicht beantworten kann. Das hängt von vielen politischen Aspekten in der Ukraine und in Europa ab. Meine Kinder wollen aber auf jeden Fall in Deutschland bleiben. Sie haben ihr Leben hier aufgebaut, sie sind glücklich. Sie haben ihre Freunde, ihren Ausbildungsplatz. Sie verbinden ihre Zukunft mit Deutschland."

Svitlana Yakovleva, Bankkauffrau

Die 40-Jährige ist vor zwei Jahren mit ihren zwei Söhnen nach Frankfurt geflüchtet, nachdem die russische Armee ihre Heimatstadt Cherson eingenommen hatte.

Eine blonde Frau steht vor einem Kleintransporter. Sie trägt eine Schürze mit der Aufschrift "Tafel Frankfurt".

Svitlana Yakovleva ist Bankkauffrau und stammt aus Cherson in der Südukraine.

"Ich lerne Deutsch und suche Arbeit. Nebenbei helfe ich bei der Frankfurter Tafel aus, was mir großen Spaß macht. Ich kann hier mit Menschen sprechen und ihnen helfen. Meine Kinder gehen zur Schule.

Meine Eltern sind während der russischen Belagerung in Cherson gestorben, weil sie krank waren und es weder Ärzte noch Medikamente gab. Es war eine humanitäre Katastrophe. Mein Mann ist auch krank. Er arbeitet ein bisschen, ist aber nicht an der Front. Er kümmert sich in der Ukraine um unser Haus, das Gott sei Dank nicht zerstört wurde. Meine Stadt Cherson ist zu 70 Prozent zerstört. Nur ein Fluss trennt die Stadt von der russischen Armee.

Es gibt jeden Tag Bombenangriffe auf meine Stadt, durch Drohnen oder Raketen.

Jedes Mal, wenn ich die Nachrichten lese, bin ich traurig. Es ist sehr schwer. Ich hoffe, dass der Krieg sehr schnell zu Ende geht. Ob ich zurückgehen kann? Ich glaube, es ist im Moment unmöglich, weil die Schulen, die Institutionen, die Krankenhäuser zerstört sind. Es wird sicher drei bis fünf Jahre dauern, bis eine neue Infrastruktur aufgebaut ist.

Ich hoffe, meine Stadt wird wieder aufgebaut. Ich hoffe, dass sie wieder wie früher wird. Dass alle meine Freunde wieder beisammen sind und wir reden und feiern können. In Deutschland will ich erst einmal Arbeit suchen und hier meine Karriere weiterentwickeln."

Nataliia Vakariuk, Krankenschwester

Die 51 Jahre alte Krankenschwester ist vor einem Jahr mit ihrem Sohn nach Frankfurt gekommen. Sie stammt aus Tscherniwzi im Südwesten der Ukraine.

Porträt einer dunkelhaarigen Frau: Sie steht in einem Feld, im Hintergrund ist die Skyline von Frankfurt zu sehen.

Nataliia Vakariuk kommt aus Tscherniwzi im Südwesten der Ukraine.

"In der Ukraine war ich Krankenschwester. Hier arbeite ich in einem Minijob in einem Pflegedienst und betreue ganz unterschiedliche Menschen. Viele haben einen Migrationshintergrund. Ich kann da nicht viel Deutsch lernen.

Das Schwierigste sind die Sorgen um die Sicherheit unserer Verwandten, die dageblieben sind. Das Leben in der Ukraine ist viel schwieriger geworden. Die Lebensmittelpreise und Mieten sind hochgegangen.

Das Schlimmste ist die Ungewissheit, wie lange das noch dauern wird.

Die Luftangriffe der russischen Armee hören nicht auf. Alle Ukrainer haben den Wunsch nach Frieden, so schnell wie es geht. Aber nicht unter jeder Bedingung. Wir möchten auch unser Territorium zurückbekommen und unsere Unabhängigkeit behalten.

Mein Sohn will in Deutschland bleiben, aber meine Familie ist in der Ukraine: Meine Mutter, mein Mann, meine Tochter, meine Enkelin. Und wo meine Familie ist, da ist mein Herz. Viele meiner Freunde sind auch ausgereist, andere sind in der Ukraine geblieben. Wir sind alle im ständigen Kontakt und tauschen uns aus.

In Deutschland würde ich gerne eine Arbeitsstelle als Krankenschwester bekommen. Es ist nicht so einfach, einen Kontakt zu Deutschen oder Freunde zu finden. Ich mache im Moment einen Sprachkurs. Ich wünsche mir sehr, dass die Deutschen verstehen, dass es nicht leicht ist, sich anzupassen, sich zu integrieren, mit der Sprache, mit dem Job. Aber wir geben uns sehr, sehr viel Mühe."