Ein Mann und eine Frau essen jeweils eine Mahlzeit aus einer Einwegverpackung.

Hessen Gießen will Verpackungssteuer einführen - auch andere Städte in Hessen interessiert

Stand: 31.01.2025 14:50 Uhr

Eine Steuer auf Einweg-Verpackungen soll dafür sorgen, dass mehr Menschen zu umweltfreundlicheren Alternativen greifen: Diese Idee könnte in Gießen nach einem Gerichtsurteil Wirklichkeit. Auch andere hessische Städte sind interessiert.

Wer in Tübingen (Baden-Württemberg) einen Coffee to go im Einwegbecher kauft, zahlt dafür mehr als anderswo. Die Stadt verlangt von Bäckereien oder Imbissbuden eine Verpackungssteuer. So will sie Müll vermeiden und Mehrwegverpackungen fördern.

Das Bundesverfassungsgericht hatte vor gut einer Woche eine Beschwerde gegen die Verpackungssteuer abgewiesen. Geklagt hatte die Betreiberin eines Tübinger Fastfood-Restaurants. Laut Gericht ist die Steuer mit dem Grundgesetz vereinbar. Dieses Urteil sorgt dafür, dass nun auch einige hessische Städte sich für das Konzept interessieren.

Kommt eine Verpackungssteuer in Gießen?

Gießen hatte schon einmal Verpackungssteuer

In Gießen hat man bereits Erfahrung in Sachen Verpackungssteuer: Hier wurde sie 1995 schon einmal eingeführt - allerdings drei Jahre später wieder abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hatte vorher eine vergleichbare Steuer aus Kassel gekippt.

Die Wiedereinführung wird in Gießen seit einiger Zeit aber intensiv diskutiert und wurde sogar 2021 von den Stadtverordneten beschlossen. Bislang hieß es aber: Man wolle zunächst das Urteil zu Tübingen abwarten. Jetzt teilt die Stadt mit: Die Verwaltung erarbeite nun ein Konzept nach dem Tübinger Vorbild. Es könnte noch im Laufe des Jahres den Stadtverordneten vorgelegt werden.

Konkret könnte dies nach dem Vobild aus Baden-Württemberg in Gießen bedeuten: 50 Cent Extra-Steuer für Einweg-Kaffeebecher oder Einweg-Teller, 20 Cent für kleinere Verpackungen wie Strohhalme oder Pommes-Gabeln.

Weniger Müll, aber dafür mehr Bürokratie?

Gießen hofft, dass dadurch insgesamt weniger Müll entsteht, etwa weil Kunden selbst Mehrwegbehälter nutzen und auch Unternehmen vermehrt auf wiederverwendbare Alternativen setzen. Gleichzeitig könne die Stadt die Mehreinnahmen für die Abfallbeseitigung verwenden.

Wenig Begeisterung gibt es über diese Pläne beispielsweise bei der Gießener Bäckerei Volkmann. Inhaber Frank Pauly sagt: Die Mehrkosten könne die Bäckerei nicht tragen, die müsse man dann auf die Kunden umlegen. Dazu komme ein erhöhter bürokratischer Aufwand für die Nachweisführung. "In Summe werden wir da wenig Spaß dran haben", sagt Pauly.

Bürgermeister Alexander Wright (Grüne) kann diese Kritik aus der Gastronomie im Bereich Bürokratie nachvollziehen. Er räumt ein: Besonders dann, wenn ein Unternehmen nicht nur Filialen in Gießen, sondern auch in Nachbarkommunen ohne Verpackungssteuer betreibt, könne es kompliziert werden. "Ich würde mir daher auch eine bundeseinheitliche Regelung wünschen."

Darmstadt: "Umweltschutz im doppelten Sinne"

Auch in Darmstadt wünscht man sich eine bundesweite Regelung. Da die aber noch nicht in Sicht ist, macht die Stadt ebenfalls einen eigenen Vorstoß auf kommunaler Ebene. "Die Verpackungssteuer ist praktischer Umweltschutz im doppelten Sinne", erklärt Umweltdezernent Michael Kolmer (Grüne). Damit würden Mehrwegverpackungen gefördert und gleichzeitig die öffentlichen Parks und Plätze sauberer.

Der Darmstädter Kämmerer André Schellenberg (CDU) kündigte an, man werde das Konzept prüfen: "Die Tendenz geht aber klar zur Einführung."

Frankfurt hält bundesweite Lösung für sinnvoller

Die Stadt Frankfurt plant aktuell keine Verpackungssteuer. Ein Sprecher teilte auf Anfrage mit, mit einer solchen Steuer bleibe es den Bäckereien und Imbissbuden überlassen, wie sie die Mehrkosten an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Meistens stiegen dadurch die Preise der Produkte - "unabhängig davon, ob das konkrete Produkt in Einweg- oder Mehrwegverpackungen angeboten wird."

Die Idee, gezielt Einwegverpackungen zu verteuern, könne man nach Einschätzung des Frankfurter Magistrats nur über eine bundesweite Gesetzesänderung verwirklichen.

Hanau, Wiesbaden und Kassel planen keine neue Steuer

In anderen Städten spielt das Konzept aktuell keine große Rolle. Die Stadtverordneten in Hanau und Wiesbaden hatten 2023 beschlossen, die Einführung einer Verpackungssteuer zu prüfen. Seitdem wurden die Pläne aber nicht mehr weiter verfolgt.

Auch in Kassel befasse sich aktuell kein städtisches Gremium mit einer Verpackungssteuer, teilte ein Sprecher mit. Weiterstadt, Seeheim-Jugenheim (beide Darmstadt-Dieburg) und Heppenheim wollen ebenfalls keine Verpackungssteuer einführen. Weiterstadt setzt nach eigenen Angaben auf ein bestehendes verpflichtendes Mehrweg-Verpackungssystem in der Gastronomie.