Eine Hand steckt einen Stimmzettel in eine Wahlurne. Die Person trägt eine schwarze Jacke. Im Hintergrund sind Tische und Wahlkabinen zu sehen. Ein Teil des Texts auf der Wahlurne ist sichtbar: „Abde...“.

Hessen Bürgerentscheid in Bischofsheim wird neu ausgezählt

Stand: 15.05.2025 17:11 Uhr

Ein Bürgerentscheid in Bischofsheim zu einem Grundstückskauf scheiterte denkbar knapp. Dann tauchten 63 unberücksichtigte Wahlbriefe auf. Ein Verwaltungsgericht hat nun entschieden, dass zum Teil noch mal ausgezählt werden muss. Das dürfte das Ergebnis verändern.

Von Julian Moering

Mit gerade einmal acht fehlenden Stimmen scheiterte vor rund einem Jahr ein Bürgerentscheid in Bischofsheim (Groß-Gerau). Doch jetzt könnte der Entscheid doch noch das nötige Quorum finden und damit gültig werden, denn die Stimmen müssen zum Teil neu ausgezählt werden. Das entschied das Verwaltungsgericht Darmstadt am Donnerstag.

Dabei geht es um 63 Wahlbriefe, die bei der Auszählung zum Bürgerentscheid am 12. Mai 2024 nicht berücksichtigt wurden. Sie tauchten dann aber bei der Auszählung zur Europawahl auf - vier Wochen später. Offenbar waren sie in die falsche Wahlurne geraten. Für einige Tage hatten die Bischofsheimer Bürgerinnen und Bürger ihre Briefwahlstimmen für beide Wahlen zusammen abgeben können.

"Das war ein großer Schock", erinnert sich Bürgermeisterin Lisa Gößwein. Doch anstatt die 63 Wahlbriefe direkt zu öffnen und auszuzählen, schloss die Gemeinde die Unterlagen in einem Safe ein. "Wir wussten einfach nicht, wo und durch wen ausgezählt werden soll", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag.

Bürgermeisterin will schnell handeln

Diesen Safe muss die Gemeinde nun öffnen und durch ihren Wahlausschuss auszählen lassen, wie die Verwaltungsrichterin Alexandra Fellinger festlegte. "Das werden wir auch so schnell wie möglich tun", versicherte Bürgermeisterin Gößwein. Einen genauen Termin nannte sie nicht.

Geklagt hatten Rechtsanwalt Reinhold Rothenburger und weitere Mitinitiatoren des Bürgerentscheids. Tatsächlich wurde die Klage bereits vor dem Auffinden der 63 nicht berücksichtigten Wahlbriefe eingereicht - damals noch mit dem Ziel, den Bürgerentscheid wegen vermeintlicher Unregelmäßigkeiten in der Durchführung wiederholen zu lassen.

Bürgerentscheid-Initiatoren zufrieden

"Mit dem heutigen Ergebnis sind wir sehr zufrieden", sagte Rothenburger nach der Verhandlung vor dem Darmstädter Verwaltungsgericht. Er geht davon aus, dass nun die fehlenden acht Stimmen zusammenkommen und der Bürgerentscheid mit einem Jahr Verzug doch noch erfolgreich ist.

Exakt 2.370 Menschen stimmten im Mai 2024 für den Bürgerentscheid, das entsprach rund 75 Prozent der abgegebenen Stimmen. Um aber auf das nötige Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten zu kommen, fehlten eben jene acht Stimmen. "Es ist davon auszugehen, dass sich die erforderlichen acht Stimmen in den 63 Wahlbriefen finden", sagte auch Bürgermeisterin Gößwein.

Mit dem Bürgerentscheid wollten sich Rothenburger und seine Mitstreitenden gegen den Kauf eines Grundstücks durch die Gemeinde wehren.

Gemeinde wollte Schlafstadt verhindern

Die Gemeindevertretung hatte zuvor beschlossen, das alte Lehrstellwerk am Bahnhof samt Grundstück für rund 100.000 Euro zu erwerben. Laut Bürgermeisterin Gößwein plante die Gemeinde, das denkmalgeschütze Gebäude zu sanieren und dort Räume für Vereine und Gastronomie zu schaffen.

Ein von Kletterpflanzen umranktes hohes Gebäude aus Stein. Im oberen Geschoss umläuft es ein hölzerner, überdachter Balkon.

Das alte Lehrstellwerk am Bischofsheimer Bahnhof.

Das Gelände liegt mitten in einem geplanten Baugebiet. Durch den geplanten Kauf habe man verhindert wollen, dass dort eine Schlafstadt - also ein reines Wohngebiet ohne öffentliches Leben - entsteht, sagte Gößwein auf Anfrage. Aktuell gehört das Grundstück einem Investor, der dort Wohnraum schaffen möchte.

In den Augen der Bürgerentscheid-Initiatoren wäre ein Kauf durch die Gemeinde aber nicht wirtschaftlich und somit eine Verschwendung von Steuergeld. "Wir gehen von etwa einer Million Euro aus, die die Steuerzahler aufbringen müssen", heißt es in einem Informationsschreiben zum Bürgerentscheid. Dabei verursache vor allem die Sanierung hohe Kosten.

Sollte die Auszählung dem Bürgerentscheid wie erwartet zum Erfolg verhelfen, wäre der Beschluss der Gemeindevertretung somit aufgehoben. Zudem darf die Gemeinde in einem Zeitraum von drei Jahren nach Auszählung nicht noch einmal einen solchen Beschluss fassen.