Christian Dürr | Bild: fdp.de

Niedersachsen Christian Dürr - ein FDP-Chef ohne Star-Eigenschaften

Stand: 16.05.2025 21:09 Uhr

Nach dem Desaster bei der Bundestagswahl stellen sich die Freien Demokraten inhaltlich und personell neu auf. Mit dem gebürtigen Delmenhorster Christian Dürr wird ein Niedersachse neuer FDP-Chef. Ein Porträt.

Von Katharina Seiler

Begegnet man Christian Dürr, sollte man ausgeschlafen sein. Denn Dürr ist ein Schnell-Redner. Trotzdem hat man den Eindruck, als könnte er die Sätze nie so schnell aussprechen, wie sich seine Gedanken im Kopf bilden. Gespräche mit ihm gleichen einem Tennis-Match. Dabei folgen seine Überzeugungen konsequent der liberalen Idee: Wirtschaftliche Freiheit muss am Anfang stehen, erst daraus folgt die gesellschaftliche Freiheit. Ohne eine funktionierende Wirtschaft lassen sich für Dürr die Probleme von Staat und Gesellschaft nicht lösen: die Migration, die Staatsverschuldung und erst recht nicht die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme. Und dafür brauche es Reformen, Reformen und nochmals Reformen. Wäre Christian Dürr dabei nicht so leidenschaftlich, könnte man das "kalt" nennen. 

Politisches Handwerk in Niedersachsen gelernt

Christian Dürr hat sein politisches Handwerk in Niedersachsen gelernt. 14 Jahre war der studierte Ökonom Mitglied im Niedersächsischen Landtag. Der zuweilen deftige Debattenstil in Hannover hat ihn wohl geprägt. Das Berliner Publikum musste sich jedenfalls an seine scharfen und leidenschaftlich vorgetragenen Reden erst gewöhnen - als er 2021 Fraktionschef der FDP-Bundestagsfraktion und damit auch einer bundesweiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Gerade deshalb wird Christian Lindner ihn als seinen Nachfolger für den Fraktionsvorsitz ausgewählt haben. Ein würdiger aber vor allem auch ein loyaler Statthalter, bei dem Lindner sicher sein konnte, dass er ihm nicht die Show stehlen würde. 

Ein Teamspieler an der FDP-Spitze

Diese Eigenschaften bringen Dürr jetzt auch an die Spitze der FDP. Leidenschaftliches Engagement, mit einer guten Prise Ehrgeiz und Pflichtgefühl, und dabei trotzdem ein Teamspieler. Diese Mischung war wohl auch für Politik-Routinier Wolfgang Kubicki ausschlaggebend, um Dürr - nach eigenen Aussagen - zu bitten, sich für den Parteivorsitz zu bewerben. Ein FDP-Parteichef ohne Star-Eigenschaften, kann das gut gehen? Es gab schon mal einen Niedersachsen, der den Laden FDP übernehmen sollte, weil "der Star" abgestürzt war: Philipp Rösler, Vizekanzler der schwarz-gelben Koalition, musste 2011 übernehmen, als Guido Westerwelle seinen Rücktritt erklärt hatte. Zwei Jahre später war die FDP nicht mehr im Bundestag und Rösler musste Christian Lindner an der Spitze der FDP weichen.