Ein Mitarbeiter des niedersächsischen Katastrophenschutzes steht am Fliegerhorst in Wunstorf.

Niedersachsen Kritik von Verbänden: Land muss sich auf Krisenfall vorbereiten

Stand: 15.05.2025 18:07 Uhr

Fünf Verbände appellieren an das Land, Niedersachsen besser für den Krisenfall aufzustellen. Andere Länder seien seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine weiter, heißt es in einem Brief an den Ministerpräsidenten.

Der Wortlaut des Schreibens liegt dem NDR vor. Darin fordern Organisationen wie die Landwirtschaftskammer, Unternehmerverbände, die Handwerkskammer, die Bundesagentur für Arbeit und die Industrie- und Handelskammer (IHK), ins Handeln zu kommen. Das Land sei von "hybrider Kriegsführung" betroffen: Gezielte Störungen von kritischen Anlagen, Handelsrouten und Cyberstrukturen sowie Desinformationskampagnen seien lange keine Einzelfälle mehr.

Forderung: Zivile Verteidigung muss auf den Prüfstand

"Die Landesregierung sollte ihre Verantwortung und ihre Zuständigkeit für die zivile Verteidigung jetzt ernst nehmen und die entsprechenden Aktivitäten energisch und nach außen sichtbar vorantreiben", heißt es in dem Brief. Die Verbände appellieren, einen "sicherheitspolitischen Dialog" einzurichten und verschiedene Akteure an einen Tisch zu bringen, sich zu sammeln und zu informieren.

Verbände wollen offenen Dialog

Laut Christoph Meinecke, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, soll es dabei etwa um die Fragen gehen, welche Zuständigkeiten es gibt, auf welche Szenarien sich die Zivilgesellschaft einstellen muss und welche Betroffenheiten es gibt. Als Beispiel nennt Meinecke den Logistikbereich: "Was passiert, wenn Autobahnen und Transportwege gesperrt werden? Wie sind die Lieferketten? Und sind die Supermarktregale dann noch voll?" Das sei kein Allgemeinwissen, so Meinecke. Auch die Johanniter betonen, dass es nun wichtig sei, den Dialog mit dem Ministerium, der Bundeswehr und dem Landesbeirat Katastrophenschutz "auf alle Akteure, auch aus dem Zivilbereich", auszuweiten.

Unternehmerverbände: "Sicherheitspolitik ist eine offene Flanke"

Sabotage, Spionage, Desinformation: So schützen sich andere Länder

Andere Bundesländer gehen den Verfassern zufolge mit guten Beispielen voran. Sie sind in dem Brief gelistet:

  • Hessen: Etablierung des "strukturierten Sicherheitsdialoges", in dem sich Kommunen, Hilfsorganisationen, Bundeswehr sowie die Wirtschaft austauschen und abstimmen.
  • Schleswig-Holstein: Einrichtung einer Taskforce "Zivile Verteidigung". Mitglieder sind die Landesregierung, das Landeskommando, die Polizei, die kommunalen Verbände, Hilfsorganisationen sowie die IHK Schleswig-Holstein.
  • Hamburg: In der Hamburger Innenbehörde wurde bereits im Sommer 2024 das Krisenmanagement angepasst, um die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu berücksichtigen. In den Krisenstab sind relevante Akteure der zivilen Verteidigung, darunter auch die Handelskammer Hamburg, eingebunden.
  • Nordrhein-Westfalen: 2022 wurde die "Sicherheitspartnerschaft NRW" aktualisiert, um die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu berücksichtigen. Ziel ist es demnach, Unternehmen vor Spionage, Sabotage und Cyberattacken zu schützen. Die Sicherheitspartnerschaft wird in den kommenden Monaten um verteidigungsrelevante Aspekte ergänzt.

Von der Staatskanzlei - dem Amtssitz von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) - lag bis Donnerstagnachmittag noch keine Antwort auf eine Anfrage des NDR zum Brief vor.

Innenministerin: Niedersachsen ist für Krisen gut aufgestellt

Behrens: "Können uns auf Sicherheitsbehörden verlassen"

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach mit Blick auf den Brief von einem Hilferuf, der sich aus der hybriden Bedrohungslage ergebe. "Ich glaube, wir müssen uns als Gesellschaft damit beschäftigen, dass die Situation in Osteuropa und die Aggression von Putin uns mehr abverlangt", sagte die SPD-Politikerin. "Und da ist die Bundeswehr natürlich in einer besonderen Herausforderung, denn sie ist die Armee, die uns verteidigen wird." Es sei wichtig, sich ohne Aufregung und ohne Angst mit dem Thema zu beschäftigen. "Ich glaube, wir können uns auf unsere Sicherheitsbehörden verlassen." Niedersachsen habe das Krisenmanagement aufgestellt und sei zudem das einzige Bundesland mit einem Notfallmonitor für zivile Verteidigung und Katastrophenschutz. "Wir informieren die Behörden, wir informieren die entscheidenden Stellen", betonte Behrens.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 15.05.2025 | 19:30 Uhr