
Niedersachsen Lüneburg: Mutmaßlicher Serien-Straftäter kommt in Abschiebehaft
Ein mutmaßlicher Serien-Straftäter aus Westafrika hat in den vergangenen Wochen unter anderem in Lüneburg für Unruhe gesorgt. Das Amtsgericht Lüneburg erließ am Donnerstag einen Abschiebehaftbefehl gegen ihn.
Das Gericht hat einem Sprecher zufolge entschieden, dass der 30-Jährige höchstens bis zum 20. März in der Abschiebehaft festgehalten werden darf. Die Haftzeit bis zu einer Abschiebung müsse möglichst kurz gehalten werden. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es mehrerer Personen, die den Mann zum Schutze anderer Passagiere begleiten. Die Bundespolizei habe daher geregelt, dass der Mann mit Sicherheitspersonal nach Guinea-Bissau abgeschoben werden kann, teilte ein Sprecher des Amtsgerichts Lüneburg mit. Zudem geht das Gericht davon aus, dass er den Rückflug nicht widerstandslos hinnehmen werde. Deshalb dürfe der 30-Jährige auf dem Flug gefesselt und notfalls mit Medikamenten ruhiggestellt werden.
Spezielle Kopfbedeckung während Verhandlung erforderlich
Im Anhörungstermin sei der Westafrikaner körperlich angespannt gewesen und habe aggressiv herumgeschrien, erklärte der Gerichtssprecher. Demzufolge war eine vernünftige Kommunikation nicht ansatzweise möglich. Während der Verhandlung trug der Betroffene den Angaben zufolge eine spezielle Kopfbedeckung, um zu verhindern, dass er andere anspuckt. Nachdem das Amtsgericht Lüneburg in einem ersten Verfahren über die Abschiebehaft entschieden hat, muss der 30-Jährige sich in einem zweiten Verfahren wegen diverser Delikte verantworten - darunter vorsätzliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung.
Haftbefehl gegen 30-Jährigen erlassen
Zuvor hatte die Polizei "in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft Lüneburg" Straftaten des Mannes aus den vergangenen Tagen zusammengetragen, wie ein Sprecher mitteilte. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg beantragte daraufhin eine sogenannte Hauptverhandlungshaft. Am vergangenen Sonntag erließ ein Richter des Amtsgerichts Haftbefehl.
Bäckerei-Verkäuferin binnen einer Woche zweimal attackiert
Der Mann aus Guinea-Bissau soll in den vergangenen Wochen rund 50 Straftaten begangen haben. Unter anderem soll er zweimal eine Bäckerei-Verkäuferin angegriffen haben. Nach dem letzten Angriff am Samstag, bei dem er die Frau laut Polizei im Gesicht verletzt und in die Hand gebissen hatte, kam er zunächst in Gewahrsam, wurde am Sonntagmorgen aber wieder freigelassen. Wenig später soll der 30-Jährige in einem Lüneburger Lokal die Zeche geprellt haben. Als die Polizei eintraf, sei er aggressiv geworden und habe einen Beamten beleidigt. Die Beamten nahmen ihn ein weiteres Mal fest.
Oberbürgermeisterin Kalisch: Viele verängstigte Menschen
Der Fall des Mannes sorgte in Lüneburg für Kritik an der Justiz. Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) hatte am Sonntag mitgeteilt, sie erlebe derzeit viele Bürgerinnen und Bürger, die sich verängstigt und hilflos fühlen. Hintergrund war eine vorangegangene Entscheidung des Amtsgerichts: Dieses hatte am Freitag (31.01.2025) - einen Tag vor dem erneuten Angriff auf die Bäckerei-Verkäuferin - eine von der Ausländerbehörde des Landkreises Harburg in Absprache mit der Polizei beantragte Abschiebehaft für den 30-Jährigen abgelehnt. Kalisch hatte die Entscheidung am vergangenen Sonntag kritisiert: Dass der Mann nicht in Abschiebehaft komme, könne sie persönlich nicht nachvollziehen, "auch wenn ich sie in meiner öffentlichen Funktion akzeptieren muss". Sie erwarte nun von allen beteiligten Behörden und Gerichten, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um für mehr Sicherheit der Menschen in der Stadt zu sorgen, so Kalisch.
Amtsgericht bemängelt fehlende Details
Das Amtsgericht hatte die Ablehnung der Abschiebehaft am vergangenen Freitag mit Verweis auf die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes begründet. Demnach könne die Haft nur angeordnet werden, wenn "die zweifelsfreie Ausreisepflicht, die Abschiebungsvoraussetzungen, die Erforderlichkeit der Haft, die Durchführbarkeit der Abschiebung und die notwendige Haftdauer gegeben seien". Konkret sei in dem Antrag nicht klar geworden, wann die Abschiebung mit welchem Sicherheitspersonal und welchem Flug hätte durchgeführt werden sollen, hatte das Gericht am Freitag auf Anfrage des NDR Niedersachsen mitgeteilt. Die "Durchführbarkeit der Abschiebung in der beantragten Haftzeit" gehe aus dem Antrag nicht hervor, hieß es.
Gefälschter Aufenthaltstitel
Der Mann war laut Polizei zum ersten Mal bei einer Personenkontrolle Anfang Januar aufgefallen. Dabei habe er sich in Tostedt (Landkreis Harburg) mit einem gefälschten portugiesischen Aufenthaltstitel ausgewiesen. Der 30-Jährige sei angewiesen worden, sich bei der Ausländerbehörde im Landkreis Harburg zu melden, habe dies aber nicht getan. Ende Januar habe die Polizei ihn dann in Lüneburg angetroffen und eine sogenannte Ausweisungsverfügung übergeben. Ab da hätte er sieben Tage Zeit gehabt, um das Land zu verlassen. Ab diesem Zeitpunkt habe der Mann nahezu täglich mit der Polizei zu tun gehabt, unter anderem, weil er die Zeche geprellt habe oder gewalttätig geworden sei. Er habe auch eine Polizistin mit der Faust verletzt. Immer wieder habe die Polizei ihn in Gewahrsam genommen, es seien ihm Hilfsangebote gemacht worden, die er abgelehnt habe.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 06.02.2025 | 15:00 Uhr