
Niedersachsen Studie bestätigt: Viele Kinder im Harz haben erhöhte Bleiwerte
Forscher haben im Landkreis Goslar das Blut von 310 Kindern für eine Studie auf Blei untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass 51 Prozent den Referenzwert für die Bleikonzentration im Blut überschreiten.
Wie der Landkreis Goslar mitteilte, wurden für die sogenannte BLENCA2-Studie Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren untersucht. Ihr Blut-Bleiwert lag demnach bei durchschnittlich 22,7 Mikrogramm pro Liter - gemessen wurden Werte zwischen 4,7 und 206,6 Mikrogramm pro Liter. Der aktuelle Referenzwert für Drei- bis Elfjährige liegt für Mädchen bei 19 Mikrogramm pro Liter, für Jungen liegt er bei 22 Mikrogramm pro Liter. Im Bundesschnitt wird dieser Referenzwert bei fünf Prozent der Kinder überschritten. Durchgeführt haben die BLENCA2-Studie Forscherinnen und Forscher des Klinikums der Ludwigs-Maximilian-Universität München (LMU).
Bleibelastung durch Bergbau im Harz
Die Studien-Ergebnisse weisen den Angaben zufolge darauf hin, dass die hohen Bleigehalte in den Böden für die erhöhten Werte im Blut verantwortlich sein könnten. Die Bleibelastung sei eine Folge der langen Bergbaugeschichte am Rammelsberg in Goslar und im Harz, heißt es vom Landkreis. Keine Hinweise gebe es darauf, dass die aktuell im Kreisgebiet tätigen Industriebetriebe für gesundheitliche Belastung verantwortlich seien. Landrat Alexander Saipa (SPD) nannte die Ergebnisse in diesem Zusammenhang teilweise überraschend. Es zeige sich zwar, "dass Kinder aus Gebieten mit höherer Bodenbelastung durch Blei auch höhere Blut-Bleikonzentrationen aufwiesen. Überraschend war für uns indes, dass auch viele Kinder aus Bereichen mit niedriger belasteten Böden über dem Referenzwert liegen", so Sapia.
Landrat: Ergebnisse geben Anlass zum Handeln
Laut Landrat Saipa konnten im Rahmen der aktuellen Studie keine direkten gesundheitlichen Folgen durch die erhöhte Blei-Belastung nachgewiesen werden. Trotzdem müsse gehandelt werden. Der Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der LMU München, Dennis Nowak, sagte, es sei bekannt, dass erhöhte Bleibelastungen insbesondere bei Kindern mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind. Daher sei es wichtig, die Bleibelastung zu reduzieren und präventive Maßnahmen umzusetzen. Laut Landkreis kann bei sehr hohen Werten von über 450 Mikrogramm pro Liter und bei speziellen Symptomen eine Beratung von Fachleuten sinnvoll sein.
Hände waschen und Kontakt mit belasteten Böden minimieren
Blei wirkt unter anderem auf das Nervensystem und kann zum Beispiel das Hör- und Lernvermögen beeinträchtigen. Bei sehr hohen Blut-Bleiwerten drohen Bluthochdruck und Nierenschäden. Außerdem steht Blei im Verdacht, krebserregend zu sein. Der Landkreis rät, dass Kinder vor jeder Mahlzeit und wenn sie von draußen hereinkommen, immer die Hände waschen sollten. Daneben sollten Spielflächen auch in den Privatgärten so gestaltet sein, dass die Kinder in möglichst unbelastetem Spielsand und Flächen spielen, auf denen sie möglichst wenig mit belastetem Boden in Kontakt kommen. Nach Angaben des Landkreises wurden in vielen Bereichen belastete Böden bereits gegen unbelastete ausgetauscht.
Anwohner in Sorge um metallverarbeitende Industrie
Laut Landkreis ergaben Untersuchungen bei Kindern in den Jahren 1979 bis 1980 eine Bleibelastung von durchschnittlich 230 Mikrogramm pro Liter Blut bei Mädchen und 280 Mikrogramm bei Jungen - eine zehnfach höhere Belastung, als die aktuelle Studie darlegt. Das Münchner Forschungsteam hatte bereits 2022 ein erstes umweltmedizinisches Gutachten an den Grundschulen in den Orten Oker und Harlingerode erstellt. Damals waren bei 48 Prozent der untersuchten Kinder Bleiwerte nachgewiesen worden, die über den aktuellen bundesweiten Referenzwerten liegen. Die BLENCA1- und BELNCA2-Studie war vom Landkreis Goslar in Auftrag gegeben worden, weil Anwohner Belastungen durch die metallverarbeitende Industrie befürchtet hatten.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 04.06.2025 | 08:00 Uhr