Strandbad am Aasee

Nordrhein-Westfalen "Ausgezeichnete" Wasserqualität in NRW? Wieso die EU-Bewertung täuscht

Stand: 20.06.2025 20:53 Uhr

86 Prozent der NRW-Badestellen schneiden im EU-Bericht mit Bestnote ab. Doch die Aussagekraft der Tests steht in der Kritik: Nur wenige Parameter werden gemessen. Und trotz der Bewertung "ausgezeichnet" ist das Baden mancherorts wegen Blaualgen oder anderer Risiken verboten.

Von Stefan Erdmann

Fast alle untersuchten Badegewässer hier in NRW (86 Prozent) erhalten im neuen Bericht die vollen drei Sterne, haben also eine "ausgezeichnete Wasserqualität". Neun Badestellen haben die zweitbeste Qualitätsstufe, darunter der Horstmarer See in Lünen oder der Kapbuschsee in Hückelhoven.

Badegewässerbericht der EU | WDR aktuell

Mitten auf der NRW-Karte fällt eine markante Abweichung auf: An den Ruhrwiesen in Bochum-Linden gilt nur "ausreichende" Wasserqualität. Solche Fluss-Badestellen sind verglichen mit Seen grundsätzlich anfälliger für kurzfristige Verschmutzung, zum Beispiel nach Regenfällen.

Bessere Qualität am Meer als im Inland

Wenn am 14. Juli die Sommerferien in NRW beginnen, heißt das auch für viele: Urlaub in einem europäischen Nachbarland. Guten Gewissens kann man nahezu überall ins Meer springen, so der Bericht.

Adriakueste bei Porec / Kroatien in Zeiten von Corona

Die Adriaküste bei Poreč in Kroatien

An den Küsten ist die Wasserqualität demnach grundsätzlich besser als an Seen oder Flüssen im Inland. Im Ranking aller Länder - also EU plus Albanien und Schweiz - landet Deutschland im oberen Mittelfeld. An der Spitze mit den meisten ausgezeichneten Badestellen stehen Zypern, Bulgarien und Griechenland. Die Schlusslichter sind Albanien, Polen, Estland und Ungarn.

Das untersucht der Bericht

Der heute vorgestellte Bericht trägt einheitliche Daten zu Wasserqualität an Badestellen in Europa zusammen. Die Europäische Umweltagentur EEA und die Europäische Kommission erfassen damit Badegewässer in allen 27 EU-Staaten plus Albanien und Schweiz.

Demnach fallen 85 Prozent der gemessenen Standorte in die höchste Qualitätsstufe "ausgezeichnet". 96 Prozent erfüllen die Mindeststandards. Erfasst sind 22.000 Küsten- und Binnengewässer.

Deutliche Kritik an Mess-Kriterien und Umfang

Badeverbot wegen Blaualgen

Cyanobakterien - auch als "Blaualgen" bekannt

Mikrobiologen finden die Bezeichnung "ausgezeichnete Wasserqualität" irreführend. Denn: Es würden nur zwei mikrobiologische Messwerte berücksichtigt. Andere Krankheitserreger wie Viren oder Parasiten erfassen die Messungen nicht. Auch chemische Schadstoffe oder giftige Cyanobakterien ("Blaualgen") berücksichtigen sie nicht.

Außerdem sei es theoretisch möglich, das System "auszutricksen" – durch geschickte Timing- und Standortwahl bei der Probenentnahme. Die Mindestanforderung, mindestens vier Proben – und das nur während der Badesaison – zu entnehmen, sei "völlig lächerlich" ("completely laughable"), so Professor Wim Meijer vom University College Dublin im Gespräch mit dem Fachmagazin "Water News Europe".

"Ausgezeichnet" heißt nicht zwangsläufig "ausgezeichneter Badespaß"

Dass der Bericht viele Aspekte bei der Bewertung der Badestellen außen vor lässt, zeigt ein aktueller Fall aus Nordrhein-Westfalen: An der Lingesetalsperre, laut Untersuchung ebenfalls mit "ausgezeichneter Wasserqualität", gilt derzeit ein Badeverbot. Dort blühen giftige Blaualgen, die laut BUND beim Menschen zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Atemnot oder Hautreizungen führen können.

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