
Nordrhein-Westfalen Pollensaison läuft schon: Was ihr jetzt wissen müsst
Es ist noch Winter, aber die Pollen fliegen schon. Wissenswertes über die Pollensaison - und wie ihr euch schützen könnt.
Niesen, Jucken im Hals, tränende Augen - die ersten Allergiepatienten haben seit einigen Tagen mit Beschwerden zu kämpfen. Ein Blick in Pollenkalender zeigt: Hasel und Erle haben gerade Saison. Dabei haben sich die Flugzeiten der Pollen in den letzten Jahren verändert.
"Die Pollensaison beginnt deutlich früher als vor 30 Jahren", sagte Matthias Werchan vom Deutschen Polleninformationsdienst (PID) am Dienstag im WDR5-"Morgenecho". Mit den ansteigenden Temperaturen seien immer häufiger schon im Januar Pollen unterwegs. "Und spätestens im Februar geht es dann richtig los."
Klimarobuste Arten und milde Temperaturen
Ein weiterer Faktor, der für einen früheren Pollenflug sorgen kann: Viele Städte setzen mittlerweile auf klimarobuste Arten. Ein Beispiel dafür ist die Purpurerle, die vier Wochen vor der heimischen Erle zu blühen beginnt.
Während die ersten Pollen deutlich früher unterwegs sind, sind auch die letzten Pollen deutlich länger in der Luft. Die Ursache dafür: "Es bleibt länger mild und der erste Frost kommt später", sagte PID-Pollenanalyst Werchan. Auch im September und teils im Oktober seien noch relevante Pollenmengen unterwegs. "Der Zeitraum, wo gar keine Pollen in der Luft sind, der ist in den letzen Jahren geschrumpft."
Wie die Pollensaison 2025 verläuft, ist Experten zufolge schwer abzusehen. Das hänge stark von der Witterung ab, erklärte Werchan am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Bei der Birke sei dieses Jahr nach einer starken Saison im Jahr 2024 eine geringere Aktivität zu erwarten.
Warum wird die pollenfreie Zeit immer kürzer?
Der Polleninformationsdienst (PID) erklärt die längere Pollensaison mit Stress durch den Klimawandel, dem die Bäume und Gräser ausgesetzt seien. Normalerweise produzierten Bäume ihre Pollen in schwankenden Mengen. In einem Jahr seien es mehr Pollen, im nächsten Jahr wieder weniger, weil sich die Bäume "ausruhen".
Doch seit einigen Jahren ist demnach die Pollenproduktion bei einigen Bäumen und Pflanzen gleichbleibend hoch - oder nimmt sogar zu, etwa bei der Hasel oder bei Gräserpollen. "Die Pflanzen versuchen, ihre Art zu erhalten und bilden deshalb mehr Pollen", so der PID.
Pollen verändern sich
Nicht nur die Pollensaison hat sich ausgeweitet, sondern auch die Pollen selbst verändern sich. In den vergangenen Jahren konnte sich die aus Nordamerika stammende Pflanze Ambrosia artemisiifolia, das beifußblättrige Traubenkraut, in weiten Teilen Deutschlands ausbreiten.
Ihre Samen waren besonders vor einigen Jahren noch verstärkt in importiertem Vogelfutter enthalten. Sie blüht im Spätsommer, nach dem die Blütezeit des gemeinen Beifuß weitgehend abgeschlossen ist. Ihre Pollen zählen zu den stärksten Allergie-Auslösern.
Wie kann ich mich vor Pollen schützen?
Ein Allheilmittel bei der Behandlung von Heuschnupfen gibt es nicht. Um die Beschwerden zu lindern, können Allergiker Medikamente einnehmen, etwa Antihistaminika. Karl-Christian Bergmann leitet die Allergieambulanz an der Uniklinik Charité Berlin und ist PID-Vorsitzender. Er sagt, dass die Allergie-Tabletten in den vergangenen Jahren deutlich weiterentwickelt und verbessert worden sind. Auch hinsichtlich typischer Nebenwirkungen wie Müdigkeit.
Bei der Immuntherapie habe es ebenfalls deutliche Fortschritte gegeben. Diese würde kaum noch mit Spritzen, sondern mit Tropfen oder Tabletten durchgeführt und sei bei weniger Nebenwirkungen genauso effektiv. Das regelmäßige Verwenden einer Nasenspülung mit Kochsalzlösung sei hilfreich, sagt Bergmann. Auch Pollennetze aus dem Baumarkt, die vor dem Fenster angebracht werden können, seien zu empfehlen.
Haarewaschen nach dem Spaziergang hat keinerlei nachweisbaren Effekt.
Karl-Christian Bergmann, Vorsitzender des Polleninformationsdienstes
Neben dem Haarewaschen nach dem Spaziergang sei auch das Wechseln der Kleidung nicht nötig, so Bergmann. Beim Aufenthalt im Freien sollten möglichst die Schleimhäute geschützt werden. So könne etwa das Tragen einer Sonnenbrille helfen.
Wie sieht die "moderne" Hilfe aus?
Der PID empfiehlt Apps wie die eigene "Pollenapp 5.0" oder die "Husteblume" von der Techniker Krankenkasse. Anhand von Pollenflug- und Luftschadstoffdaten berechnen diese das jeweilige Allergierisiko für den Tag. Sollte das hoch sein, können Betroffene vorsorgen. Auch die App "CheckWise" von der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) kann helfen. Zwar nicht bei Pollen-Allergien, aber sie erkennt laut ECARF mögliche Allergene in Lebensmitteln, Zusatzstoffe (E-Nummern), Duft- und Inhaltsstoffe sowie Zucker.
Besonders in städtischen Regionen können zudem moderne Luftreiniger helfen, die nicht nur Pollen, sondern auch Feinstaub filtern. Mittlerweile stehen tragbare Luftreiniger zur Verfügung, die wie ein Kragen um den Hals getragen werden und einen wirksamen Schutz vor Allergenen bieten.
Darüber hinaus gebe es eine Studie der ECARF, bei der Probanden Probiotika (ausgewählte Bakterienstämme) zu sich genommen haben. Ergebnis laut Bergmann: "Darmbakterien können Menschen mit Allergien beeinflussen - und zwar positiver als noch vor ein paar Jahrzehnten gedacht".
Unsere Quellen:
- WDR-Interviews mit Vertretern des Deutschen Polleninformationsdienstes (PID)
- Nachrichtenagentur DPA
- Aktuelle Pollenflug-Wochenprognose des Deutschen Polleninformationsdienstes
- Pollenflug-Gefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes