
Nordrhein-Westfalen Solidarität und Hilfe gefordert: Menschenkette zu Lipödem in Wuppertal
Etwa drei Millionen Frauen in Deutschland leiden an Lipödem, eine chronische Fettverteilungsstörung. Unbekannt ist die Krankheit trotzdem. In Wuppertal soll sich das ändern. Die Selbsthilfegruppe "Lip Ladys" setzt sich für Betroffene ein. Mit einer Menschenkette wollen sie auf ihre Krankheit aufmerksam machen - und auch auf geplante Kürzungen bei der Behandlung.
Ramona Walter leitet die Selbsthilfegruppe "Lip Ladys" in Wuppertal. Sie selbst ist auch betroffen, das Lipödem macht sich bei ihr vor allem an den Beinen bemerkbar, sie sind deutlich dick und angeschwollen.
Aber auch ihre Arme, ihr Unterbauch und ihr Rücken sind betroffen. Tagsüber trägt sie deshalb Kompressionswäsche. Die Geschichte der 38-Jährigen ist typisch für viele Patientinnen.
Lipödem betrifft fast nur Frauen
Häufig fängt die Krankheit in der Pubertät an, weitere "Trigger-Zeiten" sind Schwangerschaft und Wechseljahre. Das hängt mit dem Hormon Östrogen zusammen. Bei Männern kommt das Lipödem fast nie vor - vereinzelt gibt es aber doch Fälle.
Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich weitaus höher, da diese Damen oft fälschlicherweise nur als adipös betitelt werden.
Ramona Walter, Lipödem-Patientin
"Nimm doch mal ab, Du fette Sau" - Beschimpfungen sind Alltag
Erste Anzeichen der Krankheit gab es bei Ramona Walter bereits im Alter von 12 Jahren. Als ihre Beine schmerzten, dachten Ärzte an "Wachstumsschmerz". Aber die Schmerzen blieben und wurden schlimmer, als sie längst ausgewachsen war.
Ramona Walter ist eine hübsche Frau, mit langen, blonden Haaren und einem fein geschnittenen Gesicht. Wegen ihrer "unproportionalen Figur" wurde sie oft als "Dicke" beschimpft, wegen ihrer Schmerzen in den Beinen kann sie zum Beispiel nicht mehr in den Bergen wandern. "Das habe ich als Kind sehr gerne getan. So etwas geht nicht mehr", erzählt die junge Frau.
Ärzte-Marathon bis zur Diagnose

Wassereinlagerungen durch Lipödem
Ihre Diagnose "Lipödem" bekam sie erst im Alter von 28 Jahren - und das auch eher zufällig. Eine Bekannte sprach sie auf ihre dicken Beine an und erwähnte, dass es sich um ein Lipödem handeln könnte. Ärzte bestätigten dann die Krankheit. "Lange Zeit konnte das Lipödem munter wuchern. Ärzte kennen sich oft zu wenig mit der Erkrankung aus", so Ramona Walter. "Viele Betroffene haben ein Ärzte-Marathon hinter sich, um dann nach etlichen Jahren eine Diagnose zu erhalten."
Krankenkassen planen Kürzungen
Diäten bringen oft nichts. In manchen Fällen wird das Lipödem abgesaugt. Bei Ramona Walter wären das aber etwa 20 Operationen gewesen. Allein an den Beinen wäre mindestens fünfmal eine Fettabsaugung zum Einsatz gekommen. So haben es ihr die Ärzte erklärt.
Anderen Frauen haben Fettabsaugen und eine Magenverkleinerung aber durchaus geholfen. Eine Frau aus einer Selbsthilfegruppe kann jetzt wieder laufen - sie musste vorher im Rollstuhl sitzen. Für Ramona Walter ist Schwimmen eine Hilfe. "Quasi eine Rundum-Drainage durch das Wasser", sagt sie. Und ihr helfen die regelmäßigen Lymphdrainagen. Doch um die Bezahlung der Behandlung durch die Krankenkassen fürchtet sie jetzt.
Menschenkette: Kampf für Aufklärung und Unterstützung

Rund 50 Frauen haben in Wuppertal auf die Krankheit aufmerksam gemacht
Am Samstag haben mehr als 50 betroffene Frauen und ihre Angehörigen in Form einer Menschenkette in Wuppertal demonstriert, um auf die Krankheit und mögliche Konsequenzen aufmerksam zu machen. Sie kamen aus ganz Deutschland.

Bis zur Diagnose ist es oft ein langer Weg
Die Frauen zeigten zum Teil ihre nackten, von der Krankheit gezeichneten Beine. Einige erzählten ihre Leidensgeschichte oft unter Tränen. Unter den Anwesenden war auch ein Arzt: Seine Patientinnen müssen immer wieder mit den Krankenkassen um die Behandlungskosten ringen. Er wies außerdem darauf hin, dass im Medizinstudium die Krankheit meist keine Erwähnung findet. Viele Ärzte würden sie deshalb oft gar nicht erkennen.
Krankenkassen planen Leistungskürzung ab 2026
Dringlichkeit motiviert die Betroffenen dazu, denn geplant ist, dass ab dem kommenden Jahr keine ausreichenden Behandlungen mehr bezahlt werden sollen. Die Lymphdrainage als Behandlung ist aktuell nur bis zum 31.12.2025 über die Krankenkassen abgedeckt. "Ohne Lymphdrainage wird es vielen sehr schnell schlechter gehen. Das kann zu erheblichen Problemen führen, beispielsweise Arbeitsunfähigkeit", so Ramona Walter.
Unsere Quellen:
- Interview Ramona Walter
- Lipödem-Selbsthilfegruppe "Lip Ladys"
- WDR-Recherche
- WDR-Reporterin vor Ort
Über dieses Thema berichten wir am 11.06.2025 im WDR Fernsehen in der Lokalzeit Bergisches Land um 19:30 Uhr.