Fahrzeugbauer arbeiten in einer Werkshalle an einer Produktionslinie von SAIC Volkswagen

Nordrhein-Westfalen Was die US-Zölle für die Industrie in Deutschland bedeuten

Stand: 04.02.2025 21:49 Uhr

In den USA sind am Dienstag zusätzliche Zölle für Importe aus China in Kraft getreten. Ausgesetzt wurden hingegen die angekündigten US-Zölle für Mexiko und Kanada. Auch Zölle auf EU-Importe schließt US-Präsident Trump nicht aus. Wie all diese Maßnahmen auch deutsche Firmen betreffen.

Am Samstag hatte Donald Trump seine Drohungen wahr gemacht: Der neue alte US-Präsident verhängte weitreichende Zölle gegen Kanada, Mexiko und China. Gleichzeitig machte Trump klar, dass er sich auch vorstellen könne, ähnliche Zölle für Produkte zu erheben, die aus der EU kommen.

In den Fällen Mexiko und Kanada gab es am Montag eine Wende: Trump setzt die Zölle gegen die Nachbarn erst mal aus. Die Unterbrechung gilt zunächst für einen Monat. Mexiko und Kanada erklärten sich bereit, als Sofortmaßnahme stärker gegen den Drogenschmuggel in die USA vorzugehen. Zuvor hatte die kanadische Provinz Ontario den 100 Millionen kanadische Dollar schweren Vertrag mit dem Satellitennetzwerk Starlink des US-Milliardärs und Präsidentenberaters Elon Musk gekündigt.

China reagiert auf die neuen US-Zölle mit Zusatzzöllen auf Kohle, Öl, verflüssigtes Erdgas und Landmaschinen aus den USA, wie am Dienstag bekannt wurde.

Was die Zölle bereits jetzt für die deutsche Industrie bedeuten, welche Firmen davon betroffen sind und welche Gegenmaßnahmen Kanada, China und Mexiko angekündigt haben. Fragen und Antworten.

Was sind Zölle?

Zölle sind Abgaben, die beim Import von Waren erhoben werden. Die Firmen müssen dann einen bestimmten Prozentsatz des Werts der Produkte beim Import an die Regierung des Landes zahlen, das die Zölle erhoben hat. Bei den von Trump verhängten Zöllen bedeutet das konkret, dass Firmen, die Produkte aus Mexiko oder Kanada in die USA exportieren, 25 Prozent des Warenwerts an die US-Regierung zahlen müssen. Die Zölle für China betragen 10 Prozent. China reagiert mit Zusatzzöllen in Höhe von 10 und 15 Prozent.

Weil das eine zusätzliche Belastung für die Firmen ist, spricht man auch von Schutz- oder Strafzöllen. Wer die Zölle verhängt, spricht eher von Schutzzöllen, die die eigene Wirtschaft oder Sicherheit schützen. Der Geschädigte spricht eher von Strafzöllen, weil er sich als Konkurrent bestraft fühlt. 

Um welche Produkte geht es - und was machen die Zölle mit denen?

Die Zölle, die ab Dienstag in Kraft getreten sind und die Trump per Dekret verhängte, betreffen die gesamte Lieferkette - von Energie über Autos bis hin zu Lebensmitteln.

Durch die verhängten Zölle wird der Import für die betroffenen Unternehmen teurer. Um diese Kosten auszugleichen, müssten sie die Preise für die importierten Produkte anpassen, wodurch sie nicht mehr so gut mit den in den USA produzierten Waren konkurrieren können.

Welche deutschen Unternehmen sind von diesen Zöllen betroffen?

Die jetzt von der US-Regierung verhängten Zölle sind auch für Unternehmen aus Deutschland ein Problem - daher ist ihre teilweise Aussetzung für sie gut. Es betrifft Firmen, die auch in einem der betroffenen Länder produzieren. Das ist vor allem die Autoindustrie. Fast alle Hersteller und auch viele Zulieferer nutzen Mexiko als billigen Produktionsstandort - und bedienen von dort aus den US-Markt. VW, Audi und BMW haben in dem Land eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan. Und allein bei Audi gehen 98 Prozent der Autos in den Export, davon 40 Prozent in die USA.

Neue Zollschranken der USA werden hier zum ernsten Problem, sagt Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company. Denn mit einem zusätzlichen Aufschlag rechnet es sich kaum noch, Autos aus Mexiko in die USA zu schicken. Als Reaktion erwartet er, dass die Hersteller - falls die Zölle nach der Aussetzung doch noch greifen sollten - zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern, wo VW, BMW und Mercedes ebenfalls Werke haben.

Der Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule für Wirtschaft, Stefan Bratzel

Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management

Auch die Zölle gegen Kanada könnten in Europa Probleme verursachen - zumindest für Volkswagen. Denn die Wolfsburger planen in Ontario nahe der US-Grenze eine Batteriezellfabrik, die die E-Auto-Werke des Konzerns in den USA beliefern soll. Trudeaus Regierung hatte das Milliardenprojekt mit hohen Subventionen angelockt. Zölle seien hier nun "Gift", warnt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach und spricht von einem "Super-GAU für diese Investition". Noch ist das aber Zukunftsmusik: Die Produktion nahe Toronto soll erst 2027 anlaufen.

Droht Trump auch Europa mit Zöllen?

Ja, Trump kündigte vor wenigen Tagen an, solche Maßnahmen auch für Waren aus der EU einzuführen:

Das wird definitiv für die Europäische Union passieren.

Donald Trump, US-Präsident, zu Zusatzzöllen

Sollte er diese Pläne umsetzen, könnte das die europäische Wirtschaft hart treffen. Bereits vor seiner erneuten Amtseinführung hatte Trump von zusätzlichen Zöllen in Höhe von bis zu 20 Prozent für europäische Produkte gesprochen. Vor allem bei Waren, die in einer vergleichbaren Qualität auch von US-amerikanischen Herstellern angeboten werden, könnten europäische Unternehmen wohl nicht mehr mithalten.

Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Stahl und Aluminium aus der EU mit Strafzöllen belegt. Diese sind nach einer Vereinbarung mit seinem Vorgänger Joe Biden noch bis Ende März ausgesetzt. Wird der Kompromiss nicht zeitnah nachverhandelt, würden im April sowohl die US-Aufschläge als auch die europäischen Gegenzölle wieder greifen.

Was will Trump mit den Zöllen erreichen?

Die neuen Zölle, die Trump gegen Kanada, China und Mexiko bereits verhängt hat und mit denen er auch der EU droht, verfolgen mehrere Ziele. Trump nutzt sie vor allem als Druckmittel. Denn der US-Präsident wirft den drei Ländern vor, nicht genug gegen den Schmuggel der oftmals tödlichen Droge Fentanyl in die USA zu unternehmen. Mexiko und Kanada beschuldigt er zudem, illegale Migration in die USA nicht ausreichend verhindert zu haben.

Mit den Zöllen will er den wirtschaftlichen Druck auf die Länder erhöhen und die Regierungen dazu bringen, mehr gegen den Schmuggel und die Einwanderung zu tun.

Dazu kommt, dass er mit den Zöllen gegen die drei Länder - aber auch mit den angekündigten Zöllen gegen die EU - die US-Wirtschaft stärken will, indem er sie vor der Konkurrenz aus dem Ausland schützt.

Es ist Trump seit langem ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. "Die EU hat uns so schlecht behandelt", sagte er als Begründung für die angekündigten Zölle.

Der US-Präsident deutete aber bereits einen möglichen Kompromiss an, mit dem mögliche Zölle wieder aufgehoben werden könnten: Er rief die EU-Partner auf, "im großen Stil" Öl und Erdgas aus den USA zu importieren. Die EU könnte zudem anbieten, mehr US-Rüstungsgüter zu kaufen.

Für Ulrich Ueckerseifer von der WDR-Wirtschaftsredaktion könnte dieser Vorschlag des US-Präsidenten durchaus eine gesichtswahrende Lösung für beide Seiten darstellen. "Wir werden diese Sachen sowieso kaufen müssen, das Gas wie die Waffen, dann können wir's auch in den USA tun."

Ist der ruppige Ton von Trump Absicht?

Davon muss man ausgehen. Bereits 1987 hatte Trump in seinem Buch "The Art of the Deal" betont, dass es hilfreich sein kann, Verhandlungspartner gezielt unter Druck zu setzen. Das Risiko von schmerzhaften Gegenmaßnahmen müsse ein Geschäftsmann dabei hinnehmen.

Was bedeuten die Zölle für Wirtschaft und Verbraucher?

Mit den verhängten Zöllen riskiert Donald Trump einen Handelskrieg mit den betroffenen Ländern. Die beteiligten Länder könnten ihre gegenseitigen Zölle in die Höhe treiben. In der Reaktion von China auf die US-Zölle ist das schon zu erkennen. Zudem will China eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen.

Auch die EU-Kommission warnte Trump vor den Folgen von möglichen Handelskriegen. Offene Märkte und die Einhaltung internationaler Handelsregeln seien unerlässlich für ein starkes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, sagte ein Sprecher der Kommission. Zölle verursachten unnötige wirtschaftliche Störungen und trieben die Inflation an. Sie schadeten allen Seiten.

Zudem hat die EU mögliche Gegenzölle in der Schublade. "Wenn es notwendig ist, die wirtschaftlichen Interessen Europas zu verteidigen, sind wir bereit, dies zu tun", sagte Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis zuletzt. In der Vergangenheit hatte die EU mit Aufschlägen für US-Produkte wie Harley-Davidson-Motorräder und Bourbon-Whiskey reagiert.

Muss Trump mit Widerstand aus der Basis rechnen?

Strafzölle könnten auch die US-Wirtschaft ausbremsen, warnen Ökonomen. Aber darauf zu hoffen, dass Trump angesichts solcher Folgen einen Rückzieher machen könnte, wäre ein Fehler, warnt Ralph Freund von den "Republicans Overseas Germany" am Dienstag im Gespräch mit dem WDR. Die republikanische Basis unterstütze zum überwiegenden Teil eine selbstbewusste Außenpolitik unter dem Motto "America First", selbst wenn dies die Inflation ankurbeln und die Exportwirtschaft schwächen würde.

"Wird es schmerzhaft? Ja, vielleicht (vielleicht auch nicht!)", schrieb Trump in seinem Onlinenetzwerk Truth Social. "Aber wir werden Amerika wieder groß machen und das wird den Preis wert sein, der dafür gezahlt werden muss."

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa, Reuters
  • WDR-Interview mit Ralph Freund
  • Einschätzungen von Ulrich Ueckerseifer aus der WDR-Wirtschaftsredaktion in der Aktuellen Stunde vom 4. Februar 2025