
Nordrhein-Westfalen Wie viele Frauen aus NRW schaffen es in den Bundestag?
Laut einer Prognose könnte der Anteil der Frauen im Bundestag sinken - von aktuell 35,7 Prozent auf 31,5 Prozent. Wie sieht es in NRW aus? Und woran liegt es, dass Frauen immer noch unterrepräsentiert sind?
Auf vielen Wahlplakaten sind Frauen zu sehen. Sie kandidieren für den Bundestag und stellen sich zur Wahl. Auf den ersten Blick scheint es, die Geschlechter seien in etwa gleichmäßig vertreten. Aber stimmt der Eindruck? Und wie sieht es bei den Parteien aus, die eine Chance haben, in den Bundestag zu kommen?
Der Frauenanteil im Bundestag könnte nach der Wahl am 23. Februar sinken, so lautet eine aktuelle Prognose. Nach Schätzungen der Internetplattform "Abgeordnetenwatch" droht der Frauenanteil im nächsten Bundestag von 35,7 auf 31,5 Prozent zurückzufallen.
Die Prognose entstand im Auftrag des ARD-Politikmagazins "Panorama" (NDR). Grund für den Rückgang sei vor allem das voraussichtliche Erstarken von Parteien mit weniger Kandidatinnen: namentlich Union und AfD.

Isabelle Borucki ist Politik-Professorin an der Universität Marburg
Als "durchaus schlüssig" bezeichnet die Parteienforscherin Isabelle Borucki die Berechnung auf Basis von Umfragen. Allerdings sei dies "eine auf einer Momentaufnahme beruhende Prognose, die entsprechend tagesaktuell eingeordnet werden sollte: als ein mögliches Szenario mit der Folge einer weiteren Verschiebung der Repräsentationslücke".
Deutliche Unterschiede auf Landeslisten
Wie sieht es nun in Nordrhein-Westfalen aus? Auch hier könnte sich der erwartete Bundestrend 2025 bestätigen. Bereits bei der Wahl 2021 wählte Nordrhein-Westfalen mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen in den Bundestag. Der Frauenanteil unter den MdBs aus NRW stieg damals dennoch von 26,8 auf 31,6 Prozent. Nun könnte er wieder sinken.
Einen Hinweis darauf, wie viele Frauen aus NRW diesmal Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben, geben die Landeslisten der Parteien. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede bei den jeweils ersten 20 Listenplätzen:
Der Prognose zufolge werden für die CDU bundesweit voraussichtlich - trotz ihrer 2022 beschlossenen höheren Quote bei den Listenplätzen (Zweitstimme) - prozentual nicht mehr Frauen in den Bundestag einziehen als bei vorherigen Wahlen.
Die Partei gewinnt ihre Sitze größtenteils über Wahlkreismandate (Erststimme) - dort gilt die Quote nicht. Bei der CDU, die angesichts ihres Umfragevorsprungs in vielen der 64 NRW-Wahlkreise gute Chancen hat, gibt es hier eine große Dominanz männlicher Bewerber (48 Männer, 16 Frauen).
Insgesamt kandidieren in den 64 NRW-Direktwahlkreisen parteiübergreifend 379 Männer und 149 Frauen. Wichtig dabei: Viele dieser Kandidierenden gerade von Kleinparteien haben keine Chance auf den Einzug in den Bundestag.
Verschiebungen durch neues Wahlrecht
Neu bei der Wahl 2025: Durch den Wegfall der Überhangmandate ziehen nicht mehr alle Gewinnerinnen und Gewinner der Direktwahlkreise automatisch ins Parlament ein. Das sieht das reformierte Wahlrecht vor.
Der Anteil der Zweitstimmen beim Wahlergebnis ist entscheidend dafür, wie viele Abgeordnete eine Partei in den Bundestag entsenden kann. Je mehr Direktwahlkreise eine Partei über die Erststimme in einem Bundesland gewinnt, desto weniger "zieht" die Landesliste. Das dürfte nach jetzigem Stand der Umfragen gerade die CDU in NRW betreffen.
Hinzu kommt der Unsicherheitsfaktor, welche Parteien es überhaupt ins Parlament schaffen. FDP, Linke und BSW stehen laut Umfragen allesamt auf der Kippe. Daran hängt auch, wie viele und welche Frauen und Männer aus NRW Abgeordnete im neuen Bundestag werden.
Spannungen und Kampfkandidaturen
Wenn Parteien ihre Kandidaten und Listen aufstellen, geht es um politische Macht - auch zwischen Männern und Frauen. In der SPD war Unmut zu hören, weil nicht Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, sondern Fraktionschef Rolf Mützenich auf Listenplatz 1 steht. Zudem gab es bei der SPD einige Kampfkandidaturen um "Frauen-Listenplätze".
Bei der FDP wurden vier Frauen in die Top 10 der Landesliste gewählt. Aber auf den zehn Plätzen dahinter sind es neun Männer und nur eine Frau. Bei der AfD ist nur eine Frau in den Top 20 - und die gilt laut Beobachtern als besonders rechts in der Rechtsaußen-Partei.
Forscherin: Jüngere Frauen eher progressiv
Warum ist es so, dass Frauen auf den Landeslisten bestimmter Parteien unterrepräsentiert sind? "Das liegt insbesondere am Welt- und Menschenbild der Parteien in diesem Bereich des Parteienspektrums, insbesondere der Fokus auf ein traditionales und somit patriarchal orientiertes Familienbild", sagt die Politologin Isabelle Borucki.
Zudem seien die politischen Einstellungen von Frauen in den letzten Jahren eher progressiver geworden, so Borucki, vor allem bei jüngeren Frauen. Wohingegen Männer, auch hier insbesondere jüngere Männer, "eher nach rechts tendieren von ihren politischen Einstellungen her".
Unsere Quellen:
- Prognose von Abgeordnetenwatch für Panorama/NDR
- eigene Recherchen
- Interview mit der Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki
- Nachrichtenagentur dpa und AFP